# taz.de -- Serbischer Nationalist: Seselj beschimpft Weggefährten
       
       > Extremistenführer Vojislav Seselj ist vom Kriegsverbrechertribunal der UN
       > aufgrund seiner Erkrankung entlassen worden. In Belgrad bejubeln ihn
       > Tausende.
       
 (IMG) Bild: Vojislav Seselj auf der Bühne in Belgrad.
       
       BELGRAD afp/dpa | Bei einer Großkundgebung in Belgrad hat der vom
       UN-Kriegsverbrechertribunal zurückgekehrte serbische Ultranationalist
       Vojislav Seselj seine ehemaligen politischen Weggefährten als „Verräter“
       beschimpft. Serbien müsse sich für eine Orientierung nach Osten oder nach
       Westen entscheiden, „wo sich alle seine Feinde befinden“, rief Seselj am
       Samstag seinen rund 10.000 Anhängern auf dem Platz der Republik in der
       serbischen Hauptstadt zu. Die mit Parteifahnen, Transparenten und
       Seselj-Porträts ausgestattete Menge skandiert „Sieg, Sieg“ und schwenkten
       Spruchbänder wie „Nein zur EU und zur Nato“.
       
       „Verräter und Überläufer“ sind für Seselj, der vom Internationalen
       Kriegsverbrechertribunal für Ex-Jugoslawien wegen einer Krebs-Erkrankung
       nach fast 12 Jahren vorerst auf freien Fuß gesetzt wurde, der heutige
       Präsident Tomislav Nikolic und der heutige Regierungschef Aleksandar Vucic,
       die einst seiner Serbischen Radikalen Partei (SRS) angehörten.
       
       Seselj, dessen Prozess noch nicht abgeschlossen ist, zeigt sich
       angriffslustig und radikal wie eh und je. Schon kurz nach seiner Ankunft
       hatte er in Belgrad angekündigt, dass er die derzeitige Regierung, die sich
       für eine Westorientierung des Landes einsetzt, stürzen wolle. Vucic und
       Nikolic waren einst enge Partner von Seselj innerhalb der SRS, verließen
       diese 2008 jedoch und gründeten ihre eigene, proeuropäische Partei SNS.
       
       Während früher vor allem ältere Menschen nationalistischen Parolen folgten,
       sind am Samstag vorwiegend junge Leute zur Demonstration des
       wiedererwachten großserbischen Gedankenguts gekommen. Die soziale Misere
       mit einem Rekord an Arbeitslosen und weitgehender Perspektivlosigkeit
       bildet offensichtlich einen idealen Nährboden für alte nationalistische
       Programme.
       
       Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hatte vor
       einer Woche Seseljs vorläufige Freilassung aus gesundheitlichen Gründen
       angeordnet, am Mittwoch kehrte er nach Serbien zurück. Es soll ihm
       ermöglicht werden, sich bis zur Urteilsverkündung in seinem Heimatland
       behandeln zu lassen. Seselj hatte sich im Dezember 2013 einer Darmkrebs-OP
       unterzogen und leidet nach Angaben der SRS inzwischen auch unter
       Leberkrebs.
       
       Der Ultranationalist muss sich wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen
       die Menschlichkeit zur Zeit der Balkankriege in den 90er Jahren vor dem
       Tribunal verantworten. Die Anklage fordert 28 Jahre Haft für Seselj, der
       sich in Den Haag selbst verteidigt und auf unschuldig plädiert. Während des
       Verfahrens wurde er bereits mehrfach wegen Missachtung des Gerichts zu
       Haftstrafen zwischen 15 und 24 Monaten verurteilt. Dem Angeklagten ist es
       bis zur Urteilsverkündung verboten, Kontakt zu Zeugen oder Opfern
       aufzunehmen. Zudem muss er nach Den Haag zurückkehren, sobald das Gericht
       ihn dazu auffordert.
       
       15 Nov 2014
       
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