# taz.de -- Stuttgarter Friedenspreis für Ed Snowden: Für den Verrat, für die Freiheit
       
       > Der Verein „Die Anstifter“ hat seinen Friedenspreis an Edward Snowden
       > verliehen. Der Whistleblower ist mit dabei – per Liveschalte.
       
 (IMG) Bild: Für ein Interview war er nicht zu haben: Edward Snowden, zugeschaltet in Stuttgart.
       
       „Edward Snowden is with us!“, Edward Snowden ist bei uns, ruft Fritz
       Mielert um 17.28 Uhr durch den Saal des Theaterhauses in Stuttgart. Ein
       Rollcontainer mit Laptop wird auf die Bühne geschoben, Snowden auf dem
       Bildschirm. Ein paar Wackler und die Leitung steht. Der wohl berühmteste
       Whistleblower der Welt setzt vor den Stuttgartern zu einem Plädoyer an –
       für den Geheimnisverrat im Auftrag von Freiheit und Demokratie.
       
       Am Sonntagabend hat [1][der Verein „Die Anstifter“] seinen jährlichen
       Friedenspreis im Stuttgarter Theaterhaus an Snowden verliehen. „Die
       Anstifter“ haben 22 Vorschläge, wer die Auszeichnung bekommen soll, unter
       ihren Mitgliedern zur Abstimmung gestellt. Snowden erhielt die meisten
       Stimmen.
       
       Als ehemaliger US-Geheimdienstmitarbeiter hat er geheime Dokumente
       veröffentlicht, die auf weltweite Spionage- und Abhörumtriebe der
       US-Regierung und ihrer „National Security Agency“ (NSA) hinweisen. Seither
       ist er auf der Flucht vor amerikanischer Strafverfolgung und lebt in
       Russland.
       
       Snowdens Bild wird auf die Leinwand im Theaterhaus geworfen. Er sieht
       schmaler aus, als man ihn von Fotos kennt. Er sitzt vor einer schwarzen
       Wand. Wo, das weiß keiner so genau.
       
       In seiner zehnminütigen Rede erklärt er, warum er höchst geheime Dokumente
       öffentlich gemacht hat. Er erzählt von Repression und
       Einschüchterungsversuchen. Und spannt den großen politischen Bogen: Wenn
       die USA im Kampf gegen den Terror demokratische Grundwerte beschnitten,
       bekämpften sie nicht den Terror, sondern ihre eigenen Grundwerte. Er,
       Edward Snowden, höre nicht auf, für Freiheit zu kämpfen.
       
       Und dann verschwindet Snowden so schnell vom Bildschirm, wie er aufgetaucht
       ist. Die Hoffnung der „Anstifter“, Snowden interviewen zu können, erfüllt
       sich nicht. Der Verein war bis zuletzt nervös gewesen, ob es überhaupt
       klappt, ihn in Stuttgart zu sprechen. Im langwierigen Mailwechsel über
       Snowdens Europa- und Deutschland-Anwalt Wolfgang Kaleck sei die Liveschalte
       organisiert worden.
       
       ## „Liebe NSA“
       
       Ines Pohl, Chefredakteurin der Tageszeitung taz, bezeichnete Snowdens Rede
       als „ein sehr eindrucksvolles Plädoyer“. In ihrer Laudatio („Sehr geehrte
       Damen und Herren, liebe NSA“) hatte sie ihm zuvor ihre Bewunderung
       ausgesprochen. Vorab sagte sie: „Es ist richtig, Edward Snowden
       auszuzeichnen, stellvertretend für all die mutigen Frauen und Männer, die
       wie Snowden bereit waren, den steinigen Weg des Whistleblowers zu gehen.“
       
       In ihrer Rede nannte Pohl auch Wikileaks-Gründer Julian Assange und Bradley
       Chelsea Manning, die als US-Soldat Kriegsverbrechen im Irak öffentlich
       machte, sowie Laura Poitras und Glenn Greenwald, die ihrer Verantwortung
       als Journalisten gerecht geworden seien. Sie hätten erst die notwendige
       Öffentlichkeit für die brisanten Informationen geschaffen.
       
       In einer anschließenden Podiumsdiskussion stellten Ines Pohl, Constanze
       Kurz, Sprecherin des [2][„Chaos Computer Club“], und Josef Foschepoth vom
       Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg
       politische Forderungen.
       
       Constanze Kurz sagte: „Unserem Parlament ist es technisch und rechtlich
       nicht möglich, den Geheimdienst zu kontrollieren.“ Das müsse geändert
       werden.
       
       ## Desinteresse des Parlaments
       
       Ines Pohl forderte ein Whistleblowergesetz für Deutschland, ein geordnetes
       Verfahren für all jene, die geheime Informationen durchstechen. Das
       Desinteresse des Parlaments in der NSA-Affäre, sofern es nicht um das
       abgehörte Kanzlerinhandy gehe, befremde sie.
       
       Foschepoth will der Debatte „historische Tiefenschärfe“ verleihen, wie er
       selbst sagte. Snowdens Enthüllungen seien nur der Höhepunkt der über
       60-jährigen Geschichte der Überwachung in der Bundesrepublik. Foschepoth
       warnte zudem nachdrücklich vor Plänen, Snowden nach Deutschland zu holen,
       in der Hoffnung, dass Deutschland ihm Asyl gewähre. „Das würde
       schieflaufen. Wenn er hier ankommt, wird er von deutschen Behörden begrüßt
       und an US-Amerikaner weitergegeben. Das ist die Rechtslage.“
       
       Der Friedenspreis der „Anstifter“ wird seit 2003 vergeben. Preisträger in
       den vergangenen Jahren waren unter anderem Fatuma Abdulkadir Adan, eine
       Anwältin aus Kenia, die für Frauenrechte kämpft, sowie die „Aktion
       Aufschrei – stoppt den Waffenhandel“, ein Aktionsbündnis gegen
       Waffenexporte. Mehr als 440 Besucher verfolgten die Veranstaltung im
       Stuttgarter Theaterhaus. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert.
       
       24 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.die-anstifter.de/
 (DIR) [2] http://www.ccc.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lena Müssigmann
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) NSA
 (DIR) NSA-Affäre
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Whistleblower
 (DIR) Japan
 (DIR) NSA
 (DIR) Edward Snowden
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) Schwerpunkt Überwachung
 (DIR) USA
 (DIR) NSA-Affäre
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Wikileaks-Informantin legt Berufung ein: Manning wehrt sich
       
       Chelsea Manning wurde 2013 zu 35 Jahren Haft verurteilt. Sie hatte
       Wikileaks Militärdokumente zuspielt. Ihre Anwälte fordern den Freispruch.
       
 (DIR) Whistleblower in Japan: Zehn Jahre Haft fürs Informieren
       
       Whistleblower sollen in Japan mit der Androhung einer hohen Haftstrafen
       abgeschreckt werden. Trotz Protesten setzte die Regierung ein Gesetz in
       Kraft.
       
 (DIR) Alternativer Nobelpreis für Snowden: „Dies ist erst der Anfang“
       
       Bei der Verleihung des Alternativen Nobelpreises appelliert Snowden an die
       UN, mehr für den Schutz der Privatspähre zu tun. Auch Alan Rusbridger vom
       „Guardian“ wird geehrt.
       
 (DIR) CCC-Sprecherin über NSA-Skandal: „Es geht um Wirtschaftsspionage“
       
       Viele Unternehmer seien aufgewacht, sagt Constanze Kurz vom Chaos Computer
       Club. Sie hätten längst begriffen, was Snowdens Enthüllungen bedeuten.
       
 (DIR) Snowdens Rede zum Friedenspreis: „Unsere Werte sind stark“
       
       Für die Werte einer liberalen Gesellschaft muss man auch eintreten.
       Verantwortliche für Machtmissbrauch müssen zur Rechenschaft gezogen werden.
       
 (DIR) Friedenspreis geht an Snowden: Für widerständiges Handeln
       
       Edward Snowden wird für seine Aufklärungsarbeit mit dem Stuttgarter
       Friedenspreis geehrt. Eine gekürzte Fassung der Laudatio.
       
 (DIR) Journalist in den USA: Staatsfeind Nummer zwei
       
       Lange vor Edward Snowden recherchierte Barrett Brown zur Überwachung. Am
       16. Dezember soll ein Urteil gegen ihn fallen. Was hat er verbrochen?
       
 (DIR) Dokufilm über Edward Snowden: Unsere protokollierte Welt
       
       Seit über einem Jahr kennt die Welt Edward Snowdens Gesicht. Jetzt erzählt
       Laura Poitras in „Citizenfour“ mit kühler Präzision seine Geschichte.