# taz.de -- Whistleblower in Japan: Zehn Jahre Haft fürs Informieren
       
       > Whistleblower sollen in Japan mit der Androhung einer hohen Haftstrafen
       > abgeschreckt werden. Trotz Protesten setzte die Regierung ein Gesetz in
       > Kraft.
       
 (IMG) Bild: Ähem, liebe japanische Kinder, wisst ihr denn nicht, dass darauf zehn Jahre Haft stehen?
       
       TOKIO dpa | Trotz Kritik hat Japans rechtskonservative Regierung am
       Mittwoch ein Gesetz zur verschärften Bestrafung von Geheimnisverrat in
       Kraft gesetzt. Die Weitergabe „bestimmter Geheimnisse“ zum Schutz der
       nationalen Sicherheit durch Beamte, Abgeordnete oder andere Personen wird
       mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft. Bisher drohte Whistleblowern
       höchstens ein Jahr Haft.
       
       Hunderte Demonstranten, darunter viele Journalisten, forderten vor dem
       Amtssitz von Regierungschef Shinzo Abe eine Annullierung des Gesetzes.
       Gegner sehen darin einen Rückfall in die Zeit, die zum Zweiten Weltkrieg
       führte. Damals habe die Regierung ein ähnliches Gesetz erlassen, um damit
       gegen politisch Andersdenkende vorzugehen.
       
       Die Leiter von 19 Ministerien und Behörden können jetzt bestimmen, welche
       Informationen aus den Bereichen Diplomatie, Verteidigung, Anti-Terrorkampf
       und Spionageabwehr zu Geheimnissen erklärt werden. Diese können bis zu 60
       Jahre unter Verschluss gehalten werden. Kritiker beklagen, dass der Staat
       hier nach eigenem Gutdünken handeln kann. Es fehle zudem an einer
       unabhängigen Überwachungsinstanz.
       
       Journalisten und andere Personen, die zur Herausgabe von geheimen
       Informationen anstiften, werden nach dem neuen Gesetz mit bis zu fünf
       Jahren Gefängnis bestraft. Kritiker sehen darin einen Angriff auf die
       Pressefreiheit. „Wir sehen mehr und mehr Druck auf Medien, die kritisch
       gegenüber der Regierung sind“, sagte ein Vertreter der Zeitungsgewerkschaft
       laut der Nachrichtenagentur Kyodo. Mehrere freie Journalisten reichten
       Klage wegen Verfassungsverstoßes ein.
       
       ## „Kriege beginnen mit Geheimnissen“
       
       Ministerpräsident Abe, der das Gesetz vor einem Jahr durchs Parlament
       peitschen ließ, hält die Kritik für unbegründet. Seine Regierung
       versicherte, dem Recht der Bürger auf Informationen werde in hohem Maße
       Rechnung getragen.
       
       Für Abe ist das neue Gesetz ein wichtiger Teil seiner Bemühungen,
       angesichts wachsender Spannungen in Ostasien die Sicherheitspolitik seines
       Landes deutlich zu verstärken. Das Gesetz sei nötig, um
       Sicherheitsinformationen des Bündnispartners USA und anderer Verbündeter zu
       schützen, so Abe. Gegner des Gesetzes werfen dem Regierungschef dagegen
       vor, Japan wieder militarisieren zu wollen. „Kriege beginnen mit
       Geheimnissen“, warnten sie.
       
       „Ich spüre, dass Japan an einem Wendepunkt angelangt ist“, erklärte der
       Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe in der Zeitung Tokyo Shimbun.
       Kritiker wie er sehen das Gesetz als Teil von Abes angestrebter Abkehr von
       der pazifistischen Nachkriegsverfassung. Dazu gehört auch die vom Kabinett
       beschlossene Neuinterpretierung der Verfassung, wonach Japan in Zukunft in
       Konflikten an der Seite der USA kämpfen kann, auch wenn es nicht direkt
       angegriffen werden kann. Zudem schuf Abe einen Nationalen Sicherheitsrat
       nach US-Vorbild.
       
       Trotz der massiven Kritik an dem neuen Gesetz kann die Regierung Abe damit
       rechnen, bei der am 14. Dezember anstehenden Wahl zum mächtigen Unterhaus
       des Parlaments ihre Zweidrittel-Mehrheit zu verteidigen.
       
       10 Dec 2014
       
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