# taz.de -- Plattform „Flüchtlinge Willkommen“: „Wir sind der Knoten in der Mitte“
       
       > Eine Webseite vermittelt freie WG-Zimmer an Flüchtlinge. Das Berliner
       > Projekt ist vor gut einer Woche gestartet. Die bisherige Bilanz kann sich
       > sehen lassen.
       
 (IMG) Bild: Kein Zimmer in Sicht? Auf dem Dach der Hauptmann-Schule in Kreuzberg.
       
       taz: Herr Kakoschke, Frau Geiling, nach dem Anstieg der Flüchtlingszahlen
       sind viele Kommunen in Deutschland mit der Unterbringung überfordert. Auch
       Berlin sucht händeringend nach Möglichkeiten, nun werden Containerdörfer
       gebaut. Inzwischen gibt es aber auch Initiativen, die bei der Vermittlung
       von Wohnungen helfen. Was ist die Besonderheit Ihres Projekts? 
       
       Mareike Geiling: Es richtet sich an Leute, die ein WG-Zimmer frei haben und
       Mitbewohner suchen. Warum nicht einfach einen Flüchtling, einen
       geflüchteten Menschen? 
       
       Jonas Kakoschke: Wir haben die Plattform so aufgezogen, dass sie nicht nur
       die Klientel anspricht, die sich so oder so die ganze Zeit mit dieser
       Thematik auseinandersetzt. Sondern auch Leute, die in dem Bereich nicht so
       viel Erfahrung haben, aber sagen: „Okay, durch die so große
       Berichterstattung über Flüchtlinge habe ich jetzt ein privates Interesse
       daran entwickelt.“ Und die deswegen ihre Unterstützung anbieten wollen.
       Dazu gehört, dass, obwohl wir das Wort „Flüchtling“ nicht so gut finden, es
       auch im Titel enthalten ist. Sonst würden wir jene Menschen ausschließen,
       die eher nicht „Geflüchtete“ oder „geflüchteter Mensch“ sagen – und uns
       dann über das Netz nicht finden würden.
       
       Arbeiten Sie mit den Behörden zusammen? 
       
       MG: Wir wollen mit allen externen Organisationen kooperieren, die ihre
       Hilfe für Flüchtlinge anbieten. In Berlin hat Golde Ebding, unsere Dritte
       im Bunde, bei der Diakonie gearbeitet. Deswegen wäre sie dort jetzt unsere
       erste Ansprechpartnerin, weil sie mit vielen geflüchteten Menschen
       zusammengearbeitet hat. Wir schaffen es ja auch nicht, jede Organisation,
       WG und jeden potenziellen Mitbewohner zu finden, dort hinzufahren und zu
       gucken, ob die Leute irgendwie passen, sondern sind der Knoten in der
       Mitte. Wir sagen: Hier gibt es eine WG, hier gibt es geflüchtete Menschen,
       wie wäre es? Wir brauchen die Hilfe der Organisationen, etwa der Diakonie
       oder der Flüchtlingsräte.
       
       Wenn es einen Umzug gibt, muss der offiziell gemeldet werden. Deswegen die
       Frage, ob eine Zusammenarbeit mit Behörden vorgesehen ist. 
       
       MG: Also in Berlin übernimmt das Land in so einem Fall die Kosten, und dann
       muss es natürlich den offiziellen Weg gehen.
       
       JK: Auf der Website raten wir aber auch nicht davon ab, illegale
       Flüchtlinge aufzunehmen, sondern rufen dazu auf. Denn das sind ja die
       Leute, die Hilfe am dringendsten brauchen, weil sie durch jedes Netz
       fallen. Und dann stellt sich die Problematik des An- oder Ummeldens gar
       nicht. Wir wollen vorrangig diejenigen zusammenbringen, die Interesse daran
       haben, dass es funktioniert. Auch um zu sagen: Lasst uns das doch mal
       versuchen.
       
       Die grüne Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika
       Herrmann, hatte in einem taz-Interview gesagt, dass der Bezirk für
       Menschen, deren Asylantrag bereits abgelehnt ist, nichts tun könne und jene
       nur eine Chance haben, wenn Leute ihnen privat helfen. Dazu ermuntern Sie
       ja. Rechtlich gesehen ist es aber eine Grauzone. Wie wollen Sie die
       Menschen schützen? 
       
       JK: Wir kümmern uns lediglich um die WG-Seite.
       
       MG: Wir stützen uns da auf unsere Partner vor Ort. Das heißt zum Beispiel
       auf Golde Ebding. Sie weiß unglaublich viel mehr, weil sie auch mit den
       Oranienplatz-Flüchtlingen zusammengearbeitet hat. Sie weiß, was es
       rechtlich zu beachten gibt und wie so ein konkreter Fall aussieht. Aber es
       ist immer eine Einzelfallentscheidung. Man kann es nicht verallgemeinern.
       
       Wer sind denn die externen Partner? Es gibt sicherlich schon ein paar,
       oder? 
       
       JK: Nein, noch nicht.
       
       MG: Am Dienstagabend vor einer Woche haben wir die erste E-Mail an Freunde
       rausgeschickt. Mittlerweile haben wir rund 70 Wohnungsanmeldungen aus dem
       gesamten Bundesgebiet. Mit einigen aus Berlin steht unsere Kollegin bereits
       in Kontakt. Sie wird sich mit ihnen in den kommenden Tagen treffen. Dann
       können wir sehen, ob es funktioniert.
       
       Inwiefern können Sie helfen, falls die Finanzierung des Zimmers nicht
       gedeckt ist? 
       
       MG: Wir bringen da unser eigenes Beispiel an: Wir haben an 20 bis 30
       Freunde eine E-Mail geschickt. Innerhalb von zwei Wochen war ein ganzes
       Jahr über Mikrospenden finanziert. Ganz einfach. Was wir haben, ist die
       Anleitung zu so einem Mikrospendenplan und die Überzeugung, dass das auch
       geht.
       
       JK: So könnte man es machen. Aber es ist natürlich den Leuten freigestellt,
       wie sie sich darum kümmern. Wir haben bisher auch schon WG-Angebote, bei
       denen die Leute sagen: „Das Zimmer ist sowieso schon finanziert, es braucht
       sich niemand darum zu kümmern.“ Damit haben wir auch nicht unbedingt
       gerechnet.
       
       Sie sagten, es melden sich WGs aus ganz Deutschland an. So könnte es auch
       sein, dass jemand aus Bayern nach Berlin will, aber aufgrund der
       Residenzpflicht nicht darf. Muntert die Plattform durch die Erleichterung
       dazu auf, einen Verstoß zu begehen? 
       
       JK: Wir wollten über die Initiative im Internet eigentlich nur die WGs
       heranholen. Und die Geflüchteten, die wir mit denen dann in Kontakt
       bringen, sind ja vor Ort im Zusammenhang mit den Ansprechpartnern. Die
       WG-Angebote sind ja auch so nicht sichtbar.
       
       MG: Wenn jemand aus Lüneburg uns schreibt: „Hier ist ein Zimmer frei“, dann
       kontaktieren wir die Stellen in Lüneburg, und die wissen von den
       geflüchteten Menschen vor Ort. Kann auch anders kommen. Aber wir wissen ja
       noch gar nicht, was passieren wird.
       
       27 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Anna Grieben
       
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