# taz.de -- Frauenfußball-Bundesliga: Niedersächsische Hegemonie
       
       > Der VfL Wolfsburg hat sich zur Macht unter Deutschlands Kickerinnen
       > entwickelt. Am Sonntag kommt es zum Spitzenspiel gegen den FFC Frankfurt.
       
 (IMG) Bild: Jubelbild: Im Juni sicherte sich Wolfsburg den Titel – gegen Frankfurt
       
       WOLFSBURG taz | Zur besseren Motivation macht es allemal Sinn, die bunten
       Bilder von damals noch einmal zu zeigen. Also steigt Ralf Kellermann, der
       erfolgreiche Allesmacher beim Meister und Spitzenreiter VfL Wolfsburg, ins
       Archiv, um seine Spielerinnen auf das Spitzenspiel der Frauenbundesliga am
       Sonntag gegen den Verfolger 1. FFC Frankfurt einzustimmen.
       
       „In die Spielvorbereitung werde ich so positiv besetzte Szenen sicherlich
       einbauen“, sagt der 46-Jährige. Könnte ja stimulierend wirken. Erst am
       Pfingstsonntag dieses Jahres wurde in genau dieser Konstellation die
       Meisterschaft entschieden: durch ein Last-Minute-Tor von Alexandra Popp im
       damals ausverkauften Stadion am Elsterweg.
       
       Die VfL-Torschützin ist danach „Miss Meisterschaft“ getauft und
       „Fußballerin des Jahres“ geworden, doch mit der Titelverteidigung hatte
       sich im Sommer noch etwas anderes angezeigt: eine grundsätzliche
       Verschiebung der Kräfte im deutschen Frauenfußball. „Von der Beständigkeit
       über einen längeren Zeitraum sind wir noch sehr weit weg vom 1. FFC
       Frankfurt oder Turbine Potsdam“, erklärt Kellermann zwar, doch fünf
       nationale und internationale Titel in zwei Jahren sprechen eine andere
       Sprache. Die Trendsetterinnen kicken im östlichen Niedersachsen, nicht mehr
       in Brandenburg oder Hessen.
       
       Vor allem dank des ehemaligen Zweitligatorwarts, der bis 2008 unter Felix
       Magath die Scoutingabteilung geleitet hatte und sich dann der
       Fußballerinnen bei der Konzerntochter annahm, ist ein Gegengewicht zu dem
       vom eigenwilligen Bernd Schröder befehligten Turbine Potsdam und dem vom
       umtriebigen Chefeinkäufer Siegfried Dietrich gemanagten 1. FFC Frankfurt
       entstanden. Das auf Nachhaltigkeit angelegte Modell gilt als beispielhaft:
       Es gilt beim VfL auch als Vorbild für die Männerabteilung. Kein Kader
       bietet mehr Klasse, kein Aufgebot mehr Tiefe.
       
       ## Sportlich und menschlich passend
       
       Für Kellermann ist die Liste der Erfolge – wie der zweimalige Gewinn der
       Women’s Champions League – kein Zufallsprodukt: Er hole Spielerinnen, sagt
       er, „nicht nur weil sie für die Vermarktungsschiene interessant sind,
       sondern weil sie sportlich und menschlich passen“. Anders als beim
       Rekordmeister aus Frankfurt, wo der Name oft das wichtigste Kriterium bei
       einer Verpflichtung darstelle.
       
       Der so kritisierte Siegfried Dietrich beschwert sich über die neuen
       Machtverhältnisse nicht. Im Gegenteil: „Es wäre wünschenswert, wenn sich
       noch mehr Männervereine so ernsthaft im Frauenfußball engagieren.“ Der
       einstige Eiskunstlaufpromotor bleibt hierzulande der wohl geschickteste
       Vermarkter für das Nischenprodukt. Und er hat seit 2013 mit Colin Bell
       endlich einen Trainer an seiner Seite, der dem FFC wieder eine Handschrift
       verpasst hat.
       
       Vor dem Spitzenspiel redet der ehrgeizige Engländer, der auch als
       Laienprediger wirkt, lieber den Gegner stark. „Die Favoritenrolle liegt
       beim Gastgeber, aber so groß ist der Qualitätsunterschied nicht“, glaubt
       der 53-Jährige. Frankfurt hat mit der in Topform befindlichen Torjägerin
       Celia Sasic und der Technikerin Dzsenifer Marozsán die aktuell wohl besten
       Individualisten im deutschen Frauenfußball zu bieten. Das bessere Kollektiv
       aber spielt in Wolfsburg.
       
       Gut möglich, dass sich das Duell zwischen dem Tabellenführer und dem
       Tabellendritten auch in anderen Wettbewerben noch fortsetzt. Vielleicht im
       DFB-Pokal, wahrscheinlicher aber in der Champions League, wo das Endspiel
       diesmal am 14. Mai 2015 in Berlin ausgetragen wird. Keine vier Wochen
       später beginnt übrigens für die deutsche Frauennationalelf die WM in
       Kanada. Wegen der Terminhatz bis dahin einen Kellermann und Bell längst
       dieselbe Sorgen.
       
       Der Frankfurter Coach hat zuletzt unverhohlen die Überbelastung der
       Nationalspielerinnen kritisiert. Sein Wolfsburger Kollege legt nun nach:
       „Darauf weisen wir seit zwei Jahren hin. Die Terminplanung, die Fifa, Uefa
       und schlussendlich der DFB vorgehen, wirkt nicht immer abgestimmt. Die
       Turniere liegen nicht günstig, und es gibt zu viele Abstellungsperioden für
       die Nationalmannschaft.“ Jeder müsse wissen, dass die Spielerinnen aus
       Wolfsburg und Frankfurt „extrem belastet“ ins Turnier gehen, das zudem auf
       Kunstrasen ausgetragen wird. Den WM-Titel hält er gleichwohl trotzdem für
       möglich. „Ich würde mir als Trainer im Frauenbereich immer diese
       Zielsetzung geben.“
       
       30 Nov 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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