# taz.de -- Die Streitfrage: „Umbauen statt abreißen“
       
       > Nürnberg will das Reichsparteitagsgelände renovieren lassen. Richtig so,
       > meint Künstler Gunter Demnig. Erinnerungen müssen sichtbar bleiben.
       
 (IMG) Bild: Jugendliche auf den Stufen der Tribüne auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände in Nürnberg.
       
       Das Geschichtsbewusstsein der Deutschen soll mit der Teilrenovierung des
       Nürnberger Reichsparteitagsgeländes wieder aufgefrischt werden. Die
       Instandsetzung von Hitlers bröckelnder Tribünenenanlage soll über 60
       Millionen Euro kosten. Für die Massen und die Ewigkeit wurden die NS-Bauten
       einst errichtet, mit der möglichen Renovierung würde man diesem Willen
       gewissermaßen entsprechen - trotz der Absicht diesen Ort als Mahnmal für
       den Größenwahn der Nazis in Erinnerung zu behalten.
       
       Soll man die Reste des ‚Tausendjährigen Reiches‘ sinnbildlich
       zusammenbrechen lassen oder die Steine dieser Zeit zur Erinnerung wieder
       aufrichten?
       
       Gunter Demnig ist Künstler und verlegt über die Grenzen Deutschlands hinaus
       „Stolpersteine“ für die Opfer des Nationalsozialismus. Er hält nichts davon
       NS-Bauten verfallen zu lassen: „Verschwinden lassen? - Dann müsste man den
       Römern auch den Rat geben: Reißt eure ‚ollen Klamotten‘ weg - Platz für den
       nächsten Supermarkt! Das Römische Reich - durch Gewalt und Unterdrückung
       entstanden - hat länger bestanden als unser ‚Tausendjähriges‘, diese
       Erinnerungen müssen sichtbar und erfahrbar bleiben.“ schreibt er in der
       taz.am Wochenende.
       
       Auch für Yvonne Coulin als städtische Verkehrsdirektorin und
       Geschäftsführerin der Congress- und Tourismuszentrale in Nürnberg hat das
       „Zeppelinfeld eine herausragende Bedeutung“. „Hier wird die ganze
       verbrecherische Hybris des Regimes offenkundig, der Ort zeigt einzigartig
       die Humusschicht der Massenbegeisterung, auf der die Banalität des Bösen
       erst hat erwachsen können.“
       
       Die Möglichkeit die ‚Aura des Bösen‘ nachzuempfinden und damit nicht zu
       vergessen, gibt auch taz-Leser Clemens Scharf zu bedenken: „Mir ist die
       Dimension des Nationalsozialismus nie so bewusst geworden wie damals, als
       ich auf diesem Balkon stand, von dem Hitler seine Ansprache hielt.“ Für ihn
       ist der Abriss des Reichsparteitagsgeländes keine Option: „Nur totalitäre
       Staaten machen Geschichte selbst, indem sie radikal auslöschen, was vor
       ihnen war und sie prägte.“
       
       Eine alternative Lösung für die Verwendung des Reichsparteitagsgeländes
       wünscht sich Jeanette Kunsmann. Sie ist Herausgeberin vom „[1][Abriss-Atlas
       Berlin]“ und Chefredakteurin von BauNetz. „Wenn man ein Gebäude bewusst
       verfallen lässt, kann man es konsequenterweise auch abreißen. Weitaus
       interessanter aber wäre, es umzubauen und ihm eine neue Nutzung zu geben -
       also eine neue Identität“.
       
       Die Streitfrage der Woche beantworten außerdem Armin Nassehi, Professor für
       Soziologie an der LMU München und die deutsch-israelische Journalistin und
       Autorin Inge Deutschkron Inge Deutschkron, in der [2][taz.am wochenende vom
       29./30 November 2014].
       
       29 Nov 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Buchvorstellung_in_der_BDA-Galerie_4120899.html
 (DIR) [2] /Ausgabe-vom-29/30-November-2014/!150262/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franziska Grillmeier
       
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