# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Uruguay: Vázquez setzt sich durch
       
       > Der Kandidat der linken „Frente Amplio“, Tabaré Vázquez, hat die
       > Stichwahl um das Präsidentenamt gewonnen. Sein Gegner gibt sich
       > geschlagen.
       
 (IMG) Bild: Feiert: der neue Präsident von Uruguay Tabaré Vázquez.
       
       BUENOS AIRES taz | Uruguays Linke jubelt wieder. Erwartungsgemäß und
       deutlich gewann der Kandidat des linken Regierungsbündnisses „Frente Amplio
       – Breite Front" und frühere Präsident Tabaré Vázquez am Sonntag die
       Stichwahl um das Präsidentenamt. Vázquez kam auf 53,6 Prozent der Stimmen.
       Sein Kontrahent, der rechtsliberale Luis Lacalle Pou, kam auf 41,1 Prozent.
       Mit dem Sieg stellt die „Frente" bereits zum dritten Mal in Folge den
       Präsidenten.
       
       Lacalle Pou gestand noch am Wahlabend seine Niederlage ein und wünschte dem
       zukünftigen Präsidenten viel Glück für seine Amtsführung. Bei der Stichwahl
       waren rund 2,6 Millionen Bürger zur Stimmabgabe aufgerufen. Trotz der
       herrschenden Wahlpflicht gaben 300.000 keine Stimme ab, 62.000 warfen leere
       Stimmzettel in die Urnen, knapp 60.000 votierten ungültig.
       
       Dem Jubel im Siegerlager tat dies keinen Abbruch. „Heute haben die
       Uruguayer erneut 'Ja' zu mehr Freiheit und mehr Rechten gesagt," rief
       Vázquez seinen Sympathisanten zu. Gleichzeitig lud er die Opposition zu
       einem konstruktiven Miteinander ein.
       
       Vázquez regierte Uruguay bereits von März 2005 bis März 2010. [1][Im ersten
       Wahlgang am 25. Oktober 2014] verpasste der ehemalige Sozialist mit 47,8
       Prozent der Stimmen nur knapp die erforderliche absolute Mehrheit. Sein
       Konkurrent Luis Lacalle Pou erhielt in der ersten Runde 31 Prozent der
       Stimmen. Die Verfassung erlaubt keine zwei Amtszeiten in Folge, weshalb der
       derzeitige Präsident, [2][José Mujica] nicht antreten durfte.
       
       ## Wahlkampf light
       
       Ein wirklicher Wahlkampf fand in den fünf Wochen zwischen der ersten Runde
       und der Stichwahl nicht statt. Die beiden Kontrahenten vermittelten den
       Eindruck mehr der Verfassung Genüge tun zu wollen, die die Stichwahl
       vorschreibt, als um den Sieg zu ringen. Vázquez Auftritte ähnelten den auch
       mehr vorgezogenen Jubelfeiern. Fast eine gesamte Woche trat der Favorit
       überhaupt in Erscheinung. So blieb dem Kandidaten für die
       Vizepräsidentschaft, Raúl Sendic, vorbehalten vor dem schlimmsten Gegner zu
       warnen: der Siegesgewissheit.
       
       Lacalle Pou machte ebenfalls auf Wahlkampf light. „Die Mathematik und die
       Erfahrung sprechen gegen eine Stimmenmehrheit“, bereitete er seine Anhänger
       schon vor dem Sonntag auf die Niederlage vor, bedankte sich am Sonntagabend
       bei seinen Anhängern und kündigte an, er werde zukünftig vom dem Parlament
       aus weiter agieren.
       
       Doch wie er damit Vázquez unter Druck setzen will, bleibt offen. Wenn der
       74-Jährige am 1. März 2015 seine fünfjährige Amtszeit antritt, kann er sich
       in beiden Kammern des Kongresses auf eine knappe Mehrheit stützen. Bei den
       Parlamentswahlen am 25. Oktober gewann die Frente 50 von 99 Mandaten im
       Abgeordnetenhaus. Im Senat hat sie sich am Sonntag die Mehrheit gesichert.
       Am 25. Oktober errang sie die Hälfte der 30 Senatoren. Da der gewählte
       Vizepräsident Raúl Sendic zugleich auch der zukünftige Senatspräsident ist,
       hat sie jetzt die Stimmenmehrheit.
       
       ## Kabinett mit Spannung erwartet
       
       Mit Spannung wird jetzt das neue Kabinett erwartet. Ein alter Bekannter ist
       bereits gesetzt. So wird der bisherige Vizepräsident und Vázquez‘ erster
       Wirtschaftsminister Danilo Astori erneut das Wirtschaftsministerium
       übernehmen. Von dem äußerst gemäßigten Astori ist denn vor allem eine
       Fortführung des sozialliberalen Wirtschaftskurses zu erwarten. Uruguay
       erlebt seit Jahren ein anhaltendes Wirtschaftswachstum. Von 2005 bis 2013
       wuchs das Bruttoinlandsprodukt jährlich um durchschnittlich 5,8 Prozent.
       Möglich ist, dass Astori mehr in Richtung bilateraler Handelsabkommen
       drängt.
       
       Sowohl er als auch Vázquez haben in der Vergangenheit immer wieder die
       Mitgliedschaft Uruguays in der südamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft
       Mercosur in Frage gestellt.
       
       Vázquez ist denn auch das Gegenteil eines progressiven Linken. Mit seiner
       konservativen Grundhaltung geht er gerade noch als rechter Sozialdemokrat
       durch. Nicht wenige in der Frente halten ihn für einen autoritären und
       dialogresistenten Politiker, der sich permanent über parteipolitische
       Entschlüsse hinwegsetzt. Als ihm 2008 der Kongress sein Präsidentenveto
       gegen eine liberaleren Abtreibungsgesetzgebung um die Ohren schlug und er
       Danilo Astori nicht als seinen Nachfolgekandidaten durchsetzen konnte,
       legte er den Vorsitz der Sozialistischen Partei nieder und trat aus der
       Partei aus. Seither ist er parteilos, steht aber den Sozialisten weiter
       nah.
       
       ## Fußball und Medizin
       
       Vázquez, am 17. Januar 1940 in einem Arbeiterviertel von Montevideo
       geboren, widmete sich zunächst der Medizin und dem Fußball. 1969 schloss er
       erfolgreich sein Medizinstudium ab und avancierte zum Spezialisten für
       Krebskrankheiten. 1985 stieg er zum leitenden Professor für
       Strahlentherapie an der Krebsabteilung der Universität auf. Ebenso
       erfolgreich verlief der Aufstieg beim traditionsreichen Hauptstadtclub
       Atlético Progreso. Unter Vázquez Präsidentschaft errang der Verein zum
       bisher einzigen Mal die nationale Fußballmeisterschaft. Ein Erfolg der im
       fußballverrückten Uruguay für große Anerkennung sorgte.
       
       Im Meisterschaftsjahr 1989 trat er denn auch erstmals und erfolgreich ins
       politische Rampenlicht. Nach seinem Wahlsieg zog er 1990 als erster linker
       Bürgermeister ins Rathaus der uruguayischen Hauptstadt Montevideo ein. Zu
       seiner ersten Präsidentschaft bedurfte er jedoch dreier Anläufe. 1994
       scheitere er bereits in der ersten Runde, vier Jahres später musste er sich
       erneut wenn auch in der Stichwahl geschlagen geben. 2004 setzte sich
       Vázquez dann bereits im ersten Wahlgang durch und trat am 1. März 2005 als
       erster linker Präsident Uruguays das Amt an.
       
       ## Kampf mit der Zigarettenindustrie
       
       Seit Beginn seiner ersten Amtszeit hält der Onkologe sein Land konsequent
       auf Anti-Tabak-Kurs. Dass er seinen rauchenden Landleuten das Inhalieren
       nur noch unter freiem Himmel oder in den eigenen vier Wänden gestattet ist
       und ein striktes Werbeverbot für Rauchwaren verhängte, ist noch das
       Geringste. Was die Tabakkonzerne auf die Barrikaden treibt, ist das Verbot
       mit irreführenden Attributen wie „leicht" oder „mild" hausieren zu gehen.
       Vázquez macht Schluss mit diesem Firlefanz, jede Marke darf sich nur in
       einem Outfit präsentieren.
       
       Seither tobt der juristische Zweikampf zwischen Phillip Morris und dem
       uruguayischen Staat. Der Multi mit Sitz in Genf beruft sich auf ein
       Investitionsschutzabkommen zwischen der Schweiz und Uruguay, die
       uruguayische Regierung auf die staatliche Souveränität, die Gesundheit
       ihrer Bürger schützen zu dürfen.
       
       Die Auseinandersetzung vor dem Schiedsstelle der Weltbank ICSID wird
       weltweit mit allergrößter Aufmerksamkeit verfolgt, auch wenn sie in den
       Medien nur wenig Wirbel verursacht. Einmal drohte Amtsnachfolger José
       Mujica angesichts der drohenden Schadenersatzsumme in schwindelnder
       Milliardenhöhe einzuknicken. Doch ein Anruf von Vázquez soll genügt haben.
       Ab März 2015 hat der Krebsspezialist das Zepter nun wieder selbst in der
       Hand.
       
       1 Dec 2014
       
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