# taz.de -- Umstrittene Energiewende-Projekte: Weiser Wind-Wundertäter
       
       > Mit einer „Kultur der reflektierten Zahl“ möchte der Windparkplaner
       > Enerplan aus Göttingen Projekte umsetzen, die naturschutzfachlich
       > gescheitert sind.
       
 (IMG) Bild: Vogel und Windrad: keine gute Kombination.
       
       LEER/OSTFRIESLAND taz | Manfred Knake von der ostfriesischen Umweltgruppe
       Wattenrat hat versucht, Enerplan-Geschäftsführer Hartwig Schlüter ein „o“
       für ein „ö“ vorzumachen. Das soll er nun büßen. Knake wettert auf der
       Wattenrat-Website gegen eine Anzeige der Göttinger Firma in der Zeitschrift
       Neue Energie: „Wir setzen ihr Windenergieprojekt erfolgreich um, auch wenn
       es am Rotmilan oder an Fledermäusen zu scheitern droht oder wegen des
       Artenschutzes nicht umgesetzt werden konnte.“
       
       In seiner Wut machte Knake einen Fehler. Statt „konnte“ lästerte er, diesen
       Satz zitierend, mit „könnte“. Pech, könnte man sagen, liegt doch das „o“
       auf der Tastatur des PCs schräg über dem „ö“. Da können sich die Finger
       schon verirren.
       
       Schlüter, ein promovierter Physiker, möchte es aber korrekt und schickte
       Knake ob des Tippfehlers eine Abmahnung. Knake musste sich einen Anwalt
       nehmen und dafür 550 Euro bezahlen. „Der Wattenrat arbeitet ehrenamtlich.
       Jeder Euro Kosten tut jedem Mitglied weh“, sagt Knake. Als Jäger einen
       Gänseschützer des Wattenrates verklagten und der vom Gericht eine Geldbuße
       aufgebrummt bekam, wurde bundesweit gespendet. Später bekam der Mann einen
       Umweltschutzpreis.
       
       Hauptvorwurf des Wattenrates gegen Enerplan ist: Wirbt jemand damit,
       naturschutzfachlich abgeschmetterte Windanlagen doch noch bauen zu können,
       müsse er „freundliche“ Gutachter haben. Das treibt wiederum den
       Enerplan-Geschäftsführer auf die Palme.
       
       Gegenüber der taz bemängelt Schlüter „fehlende wissenschaftliche Standards“
       bei der Genehmigung von Windanlagen. Darunter müssten Anlagenplaner und
       Anleger unnötig leiden. Deswegen zieht er häufiger vor Gericht. Zur Zeit
       läuft zum Thema Genehmigung von Windmühlen seine Klage vor dem
       Verfassungsgericht.
       
       An vielen Standorten werden Windanlagen nicht genehmigt, weil sie
       Fledermäuse oder geschützte Vögel gefährden. Schlüter sagt, die Zahlen der
       verendeten Tiere stimmten nicht. Die Statistiken seien wissenschaftlich
       nicht aussagefähig. Es fehlten Vergleichsgrößen. Außerdem gebe es bauliche
       Möglichkeiten, die schädliche Wirkung von Windrädern zu verringern. Bei
       Atomkraft respektiert er kein Restrisiko, bei Windkraft schon.
       
       Würden „wissenschaftliche Standards“ bei der Genehmigung von Windanlagen
       berücksichtigt, dann wäre der Bau von viel mehr Windanlagen möglich,
       behauptet Schlüter. Er nennt sein Konzept die „Kultur der reflektierten
       Zahlen“. Diesen Begriff leiht er sich von einem Staatswissenschaftler und
       meint, damit Statistiken zum Totschlag von Vögeln durch Windmühlen außer
       Kraft setzen zu können.
       
       Wolfram Axthelm, Sprecher des Bundesverbandes Windenergie, sieht das
       kritisch: Wenn einer mit einem Projekt werbe, das an Naturschutzgründen
       gescheitert ist, sei das nicht optimal. „Anlegern einzureden, man könne es
       trotzdem umsetzen, das geht nicht“, findet er. Die baulichen Möglichkeiten
       seien bekannt. Kein Unternehmen könne für sich ein Sonderwissen in Anspruch
       nehmen.
       
       3 Dec 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Schumacher
       
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