# taz.de -- Vergewaltigung in Indien: Wie Uber in Delhi die Lizenz verlor
       
       > Eine Frau wird in einem Uber-Taxi vergewaltigt. Der Täter wird
       > geschnappt, Uber die Lizenz entzogen. Die Haltung vieler Männer
       > schockiert noch immer.
       
 (IMG) Bild: Schnell geschnappt: der geständige Täter in Polizeigewahrsam
       
       DELHI taz | Es war eine schwarze Woche für Delhi. Viele Frauen in Indiens
       Hauptstadt sind wütend, manche verzweifelt, die meisten aber offenbar
       schutzlos. „Im Bus fahren ist nicht sicher. Ein Taxi nehmen ist nicht
       sicher. Allein fahren ist nicht sicher. Was in unserem Land ist für Frauen
       denn überhaupt noch sicher?“, schrieb eine Inderin vor ein paar Tagen auf
       Twitter. Seit 2012, als die [1][brutale Misshandlung einer jungen
       Studentin] in einem fahrenden Bus auch international Schlagzeilen machte,
       gilt Delhi vielen als „Vergewaltigungshochburg“.
       
       Diese Woche hat nun ein neuer Vergewaltigungsfall die Stadt erschüttert: Es
       war am vergangenen Freitag, eine 27 Jahre alte Angestellte eines
       Finanzunternehmens in Delhis Vorort Gurgaon hatte nach einem Abendessen mit
       ihren Freundinnen via Uber ein Taxi bestellt. Irgendwann sei sie eingenickt
       und erst in einer abgelegenen Straße wieder aufgewacht, erzählte sie der
       Polizei. Dort habe der Fahrer sie vergewaltigt und gedroht, sie mit einer
       Eisenstange zu foltern, sollte sie sich wehren.
       
       Keine 24 Stunden später hatte die Polizei den mutmaßlichen Täter
       festgenommen. Er war in ein Dorf knapp 160 Kilometer von Delhi entfernt
       geflohen und hatte sich dort in seiner Wohnung eingeschlossen. Die Polizei
       scheint effektiver zu arbeiten als noch vor zwei Jahren. Auch der Vater der
       jungen Frau hat sich zufrieden mit den Ermittlungen geäußert – in Indien
       ist das keine Selbstverständlichkeit.
       
       Zu dem Fahndungserfolg hat vor allem die junge Frau selbst beigetragen: Nur
       wenige Momente, nachdem sie von dem 32 Jahre alten Fahrer misshandelt
       worden war, hatte sie das Taxi samt Nummernschild fotografiert. Das wirft
       ein Schlaglicht auf die Lage der Frauen in Delhi: Wie sehr muss man sich in
       Alarmbereitschaft befinden, um so geistesgegenwärtig zu handeln?!
       
       Seit dem brutalen Verbrechen vom Dezember 2012 wurde in Delhi viel über die
       Situation von Frauen diskutiert, die Strafgesetze wurden verschärft,
       Polizisten sensibilisiert und mehr Vergewaltigungen offiziell gemeldet:
       2012 wurden 706 Vergewaltigungen angezeigt, 2013 schon 1.646, und in diesem
       Jahr (bis Oktober) wurden sogar 1.789 Vergewaltigungen gemeldet.
       
       ## Immer mehr Frauen trauen sich, Anzeige zu erstatten
       
       Mehr Frauen trauen sich, Vergewaltiger anzuzeigen, doch noch immer sind die
       Ansichten vieler Männer schockierend. Der am Wochenende gefasste Taxifahrer
       gestand gegenüber der Polizei das Verbrechen und fügte lapidar hinzu:
       „Okay, ich habe einen Fehler gemacht. Ja und?“
       
       Oft lastet man den Opfern eine Mitschuld an. 2012 wurde ernsthaft gefragt,
       warum die junge Studentin abends in einen Bus gestiegen sei und nicht
       einfach ein Taxi genommen habe. Dieser Vorwurf zieht diesmal nicht,
       stattdessen heißt es nun auf Twitter: Die Frau war allein in einem Taxi
       unterwegs, hatte etwas getrunken und ist auch noch kurz eingenickt. „Ich
       sage ja nicht, dass sie den Fahrer darum gebeten hat, sie zu vergewaltigen.
       Aber sie hat die Voraussetzungen dafür geschaffen.“ Einzelstimmen?
       Hoffentlich.
       
       Die indischen Behörden haben inzwischen dem Taxivermittler Uber in Delhi
       die Lizenz entzogen. Das Unternehmen wurde auf eine schwarze Liste gesetzt.
       Auch das sorgt in der Stadt für hitzige Diskussionen. Eine junge Inderin
       meint, dass Verbote niemals eine Lösung sein könnten, nur Bildung. „Wenn
       morgen eine Frau in einem Bus vergewaltigt wird, werden wir dann alle Busse
       verbieten?“ Auch ist zu hören, dass es falsch wäre, jetzt lediglich das
       Unternehmen verantwortlich zu machen.
       
       Zwar hätte es den Fahrer überprüfen müssen, aber das eigentliche Problem
       sei nicht die Taxivermittlung. Denn Uber war bis zur vergangenen Woche in
       Delhi recht beliebt. Seit Jahren wird man in der Stadt von etlichen
       Taxifahrern über den Tisch gezogen. Oft schalten sie einfach den Taxameter
       nicht an und verlangen einen aberwitzigen Festpreis, manche lassen Wartende
       auch gern am Straßenrand stehen. Uber hingegen war bequem, einfach,
       unkompliziert. Für viele eine willkommene Erleichterung.
       
       Am Freitag war zu hören, dass die Polizei in Delhi nun ferngesteuerte
       Drohnen mit Nachtsichtfunktion einsetzen will, um die Straßen der Stadt zu
       überwachen. Doch das klingt mehr nach Science-Fiction à la George Orwell
       denn nach einer Lösung für Delhis Frauen.
       
       13 Dec 2014
       
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