# taz.de -- Kommentar Napolitanos Rücktritt: Offenes Visier ist angesagt
       
       > Der italienische Präsident Napolitano tritt zurück, nun muss ein
       > Nachfolger gefunden werden. Der Kandidat wird das Ergebnis eines
       > Kompromisses sein.
       
 (IMG) Bild: Napolitano war seit 2006 der Staatspräsident Italiens.
       
       Eigentlich ist es in Italien ganz so wie in Deutschland: Über der Regierung
       thront ein Staatspräsident, der vor allem die Einheit der Nation
       repräsentieren, sich aber aus den laufenden Geschäften tunlichst
       heraushalten soll. Und wie in Deutschland wird auch der Präsident in Rom
       indirekt gewählt, durch die beiden Kammern des Parlaments.
       
       Damit aber hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Während in Berlin das
       Rennen gewöhnlich schon gelaufen ist, wenn die Wahlmänner und –frauen
       zusammentreten, geht es in Rom in jenem Moment erst richtig los. Auch die
       anstehende Wahl von Giorgio Napolitanos Nachfolger dürfte da keine Ausnahme
       bilden.
       
       Gerade in Zeiten unklarer Mehrheitsverhältnisse im Parlament bietet die
       Präsidentenkür die Chance, einerseits mehr oder minder offene Allianzen
       zwischen den politischen Lagern zu knüpfen – und andererseits die
       Gelegenheit, innerhalb der jeweiligen Lager unter bisweilen tief
       verfeindeten Freunden abzurechnen.
       
       Vor diesem Hintergrund wäre Ministerpräsident Matteo Renzi gut beraten,
       wenn er mit offenen Karten spielt. Notgedrungen wird der Kandidat – oder
       die Kandidatin – fürs höchste Amt im Staat Frucht eines Kompromisses sein.
       Die entscheidende Frage aber ist: welche Sorte Kompromiss? Renzi kann den
       Weg der Hinterzimmerabsprache mit Silvio Berlusconi gehen – oder aber mit
       offenem Visier kämpfen.
       
       Renzi ist bisher auch so stark in der öffentlichen Meinung, weil er nicht
       als Teil des „alten“ Politikbetriebs wahrgenommen wird. Jetzt hat er die
       Chance zu beweisen, dass er die Dinge wirklich anders machen will. Indem er
       etwa einen Bürgerkandidaten präsentiert, zu dem Teile der Rechten aber auch
       die Abgeordneten von Beppe Grillos Fünf-Sterne-Bewegung einfach nicht Nein
       sagen können, ohne ihr Gesicht zu verlieren.
       
       1 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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