# taz.de -- Kolumne Geht's noch: Die Böller vor Wildbad Kreuth
       
       > Alle Jahre wieder verschießt die CSU vor der Klausurtagung ihr Pulver, um
       > die bösen Geister zu vertreiben. Und wir Journalisten machen mit.
       
 (IMG) Bild: Sonst nix los im Ort.
       
       Es sind Rituale, die den Jahreswechsel bestimmen. Wir kippen zum Beispiel
       geschmolzenes Blei ins Wasser, um zu sehen, was uns die Zukunft bringt. Wir
       fischen gemeinsam im Fonduetopf, weil sich diese lagerfeuerähnliche
       Zusammenrottung so heimelig anfühlt, und wir knallen mit Sektkorken und
       Böllern, um die bösen Geister zu vertreiben. Und die CSU, sie tut es uns
       gleich.
       
       Denn während wir nach Neujahr wieder in der Individualität verschwinden,
       steht für die bayerische Schaf-im-Wolfspelz-Partei ein weiteres
       alljährliches Ritual an: die Klausurtagung in Wildbad Kreuth.
       
       Seit 1976 treffen sich die Parteigranden dort, um sich ihrer selbst zu
       versichern. Ihr Fonduetopf ist die Abgeschiedenheit des oberbayerischen
       Luftkurortes. Das Bleigießen übernehmen die Demoskopen, die alljährlich
       geladen sind. Ihre Sektkorken und Böller aber verschießt die CSU stets
       schon vor dem Treffen – in der sogenannten nachrichtenarmen Zeit.
       
       2012 wollte sie das Grundgesetz ändern, um extremistische Parteien von
       staatlicher Finanzierung auszuschließen. Im Jahr 2013 dann forderte sie,
       man müsse die Zahl der EU-Kommissare halbieren. Und 2014 machte sie mit dem
       markigen Slogan „Wer betrügt, der fliegt“ und dem Gefasel vom angeblichen
       Sozialbetrug der Zuwanderer aus Südosteuropa von sich reden. In diesem Jahr
       nun ist es Exinnenminister Hans-Peter Friedrich, der „zwischen den Jahren“
       auf die Kacke haut.
       
       Angela Merkel habe mit ihrem liberalen Kurs das Erstarken der Pegida und
       der AfD befördert, polterte Hans-Peter Friedrich in einem Interview.
       Subtext: Mit der CSU wäre das sicher nicht passiert.
       
       Wir Journalistinnen und Journalisten greifen das verbale Getöse wie immer
       begierig auf und vergessen dabei geflissentlich, dass die CSU doch
       eigentlich gar nichts anderes will, als die bösen Geister zu vertreiben.
       Und die heißen in ihrem Fall: in Vergessenheit zu geraten da unten, in
       diesem Bayern, für das sich das ganz Jahr über sonst kaum jemand
       interessiert.
       
       2 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marlene Halser
       
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