# taz.de -- Geschichte des Turnvereins Bar Kochba: Wie jüdischer Sport nach Leipzig kam
       
       > Bis 1938 gab es in Leipzig den JTV Bar Kochba. Dann wurde der Verein
       > zwangsaufgelöst. Kürzlich wurde der alte Sportplatz wiederentdeckt.
       
 (IMG) Bild: Das Logo des Jüdischen Turnvereins Bar Kochba.
       
       LEIPZIG/AMSTERDAM taz | August 1920: Etwa 60 passionierte Kicker treffen
       sich in Leipzig, um den Sportklub Bar Kochba zu gründen, einen jüdischen
       Fußballverein, benannt nach dem Rebellenanführer Simon bar Kochba aus dem
       2. Jahrhundert. Das Aufkommen des Zionismus sowie der Antisemitismus
       brachten damals zahlreiche jüdische Klubs hervor. In Leipzig war erst im
       Mai der Jüdische Turnverein (JTV) Bar Kochba entstanden, mit dem die Kicker
       1924 fusionieren sollten. Einer der Fußballpioniere war der Leipziger
       Unternehmer Max Bartfeld.
       
       Spätsommer 2014: Max Bartfelds Sohn Ze’ev Bar, weit über 80 Jahre alt und
       pensionierter Biologe, empfängt in seiner Wohnung in Amsterdam Besuch aus
       Leipzig: eine vierköpfige Delegation der Stiftung Tüpfelhausen, die in der
       Stadtteiljugendarbeit gegen Antisemitismus auftritt. Dieser Einsatz brachte
       sie auf die Spuren von Bar Kochba.
       
       Es ist etwas in Bewegung geraten in Leipzig, der Stadt, die fußballerisch
       für die erbitterte Rivalität der Klubs Lok und BSG Chemie steht, für das
       umstrittene Red-Bull-Projekt und für die große Geschichte des
       Lok-Vorgängers VfB Leipzig, 1903 erster Meister im DFB-Betrieb.
       
       Apropos: Nicht nur die Stiftung Tüpfelhausen widmet sich der kickenden
       Lokalgeschichte, auch eine fußballhistorische Gruppe namens Initiative
       1903. Beide zusammen machten 2013 einen bedeutenden Fund: Im Norden der
       Stadt entdeckten sie den ehemaligen Platz der Bar-Kochba-Kicker, von
       Pflanzen überwuchert und mit einem einzigen rostigen Tor.
       
       ## Davidstern und Reste einer Mauer
       
       Die zu DDR-Zeiten dort ansässige unterklassige BSG Aktivist Nord stellte
       1990 den Spielbetrieb ein. An die Vergangenheit des Platzes erinnerten eine
       einbetonierte Plakette mit Davidstern und Reste einer Mauer. Bevor der Klub
       1938 zwangsaufgelöst wurde, sollte diese den Kleingärtnern der benachbarten
       Kolonie den Blick auf sporttreibende Juden ersparen.
       
       Genau davon erzählen die Leipziger Besucher Ze’ev Bar, der seinerseits seit
       Jahren nach Spuren seiner Angehörigen sucht. Seine Familie emigrierte 1937
       in die Niederlande und überlebte die deutsche Besetzung im Versteck. Sein
       Onkel Leo Bartfeld, ebenfalls Bar-Kochba-Gründungsmitglied, wurde jedoch
       auf der Flucht in Frankreich verhaftet und in Bergen-Belsen ermordet. Ze’ev
       Bar erfährt, dass die Fußballabteilung 1921 Stadtmeister der 3. Klasse
       wurde und die Boxer von Bar Kochba auch überregional erfolgreich waren.
       
       Ganz erstaunt war Bar, als er in einem Fernsehbeitrag auf die Leipziger
       Initiative aufmerksam wurde. Diese hatte inzwischen den Sportplatz
       freigelegt und dort im November 2013 ein Freundschaftsspiel ausgerichtet:
       Eine Leipziger Stadtauswahl traf auf Hakoah Zürich, schon 1922 bei der
       Eröffnung des Platzes Gegner von Bar Kochba.
       
       ## Jüdische Namen entfernt
       
       Bar schrieb sie an und lud sie nach Amsterdam ein. Gemeinsam wollen sie nun
       weitersuchen: zum Beispiel nach dem Zehnkampftitel, den Max Bartfeld, der
       auch als Leichtathlet aktiv war, gewonnen haben soll. Der Sohn erinnert
       sich an dessen Erzählung: „Er trug das Bar-Kochba-Trikot mit Davidstern.
       Die Zuschauer beschimpften ihn als 'jüdisches Schwein'“.
       
       Es war im Stadion von Berlin, Hitler war auch dort, aber er war noch kein
       Führer. Sollte Max Bartfeld, der seine Sportkarriere 1928 beendete,
       deutscher Zehnkampfmeister geworden sein? In den offiziellen Listen taucht
       er nicht auf, doch ist bekannt, dass die Nazis jüdische Namen aus den
       Annalen entfernten.
       
       Fest steht zunächst, dass Ze’ev Bar im Sommer nach Leipzig reisen wird –
       auf Einladung der Stiftung Tüpfelhausen. Diese veranstaltet ein
       interkulturelles Fußballturnier mit jüdischen, christlichen und
       muslimischen Teams und internationaler Besetzung. Wie immer, wenn es um Bar
       Kochba Leipzig geht, wird der FC Hakoah Zürich dabei sein. Am Ende soll
       Ze’ev Bar den Pokal überreichen, der nach seinem Vater Max und seinem Onkel
       Leo benannt ist.
       
       9 Jan 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tobias Müller
       
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