# taz.de -- Entschädigung für NS-Zwangsarbeiter: Ein inakzeptables Abkommen
       
       > Paris und Washington haben sich auf eine Entschädigungsregelung für
       > NS-Zwangsarbeiter geeinigt. Die aber diskriminiert viele Opfer.
       
 (IMG) Bild: In diesem Waggon wurden jüdische Zwangsarbeiter aus Frankreich deportiert.
       
       REIMS afp | Nach der Einigung zwischen Frankreich und den USA auf einen
       Entschädigungsfonds für Holocaust-Überlebende in den Vereinigten Staaten
       gehen frühere französische NS-Zwangsarbeiter gegen die von ihnen als
       diskriminierend empfundene Entschädigungsregelung vor. Opfer-Anwalt
       Emmanuel Ludot bezeichnete es am Montag als „inakzeptabel“, allein die
       „amerikanischen Kläger“ gegen die französische Staatsbahn SNCF zu
       entschädigen. Die Beschwerde wurde zur Prüfung bei der EU-Kommission in
       Brüssel eingereicht.
       
       Paris und Washington hatten die Einrichtung des Fonds Anfang Dezember
       beschlossen. Aus dem Topf mit 60 Millionen Dollar (rund 50 Millionen Euro)
       sollen tausende Überlebende oder die Angehörigen inzwischen verstorbener
       Opfer Geld erhalten, die während der NS-Zeit von der französischen
       Staatsbahn SNCF in Konzentrationslager der Nazis deportiert worden waren.
       Jeder nicht-französische Überlebende in den USA dürfte damit etwa 100.000
       Dollar erhalten.
       
       Das Abkommen „übergeht die anderen Opfer, die in denselben Wagons
       transportiert wurden, um Sklaven der Zwangsarbeit in Deutschland zu
       werden“, kritisierte Ludot, der zwei Opfer und zehn Nachkommen von
       NS-Zwangsarbeitern vertritt. Die EU-Kommission müsse prüfen, ob die Sache
       vor den Europäischen Gerichtshof komme, der dann Anklage gegen den
       französischen Staat erheben könne. Es handele sich um „Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit“, die nicht verjährten.
       
       Ludot forderte die EU-Kommission zugleich auf, das Abkommen über den
       Entschädigungsfonds für nichtig zu erklären, da es gegen die Konvention des
       Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels vom 16. Mai 2005 verstoße.
       Die Konvention schreibe die „Gleichbehandlung aller Opfer“ vor. Nach
       Angaben von Historikern wurden zwischen Oktober 1942 und Juli 1944 rund
       640.000 Franzosen zur Zwangsarbeit nach Deutschland deportiert.
       
       ## 76.000 Juden deportiert
       
       Nach französischen Angaben sicherte Washington im Gegenzug für den im
       Dezember beschlossenen Entschädigungsfonds für Holocaust-Überlebende in den
       USA zu, dass juristische Schritte gegen die französische Bahn in den USA
       verhindert werden. Zwischen 1942 und 1944 deportierte die SNCF 76.000 Juden
       aus Frankreich in NS-Konzentrationslager. Etwa 3000 der Opfer überlebten.
       Wegen dieser Vorgänge hatte ein Senator in den USA 2013 eine
       Gesetzesänderung verlangt, um die SNCF vor ein US-Gericht bringen zu
       können.
       
       Aufgrund ihrer Geschichte wäre die französische Bahn beinahe nicht als
       Bieter bei öffentlichen Ausschreibungen in den USA zugelassen worden. Der
       Bundesstaat Maryland im Osten der USA hatte ursprünglich überlegt, von der
       SNCF eine Entschädigung der NS-Opfer zu verlangen, bevor sich das
       Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen dürfe. Die
       Regierungen in den USA und Frankreich wollten daher durch ein Abkommen
       solche örtlichen Initiativen stoppen.
       
       6 Jan 2015
       
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