# taz.de -- Marylin Manson über sein neues Album: „Mir geht es immer um das Positive“
       
       > Mit „The Pale Emperor“ zahlt Marylin Manson dem Teufel seine Schulden
       > zurück. Das hört sich manchmal sogar an wie Blues.
       
 (IMG) Bild: „Menschen, die mir sehr nahestehen, attestieren mir durchaus positives Denken, ja sogar romantische Züge und eine große Portion Humor.“
       
       taz: Marilyn Manson, Sie malen, sind Schauspieler, machen Musik. Können Sie
       mit Musik etwas ausdrücken, wozu die anderen Kunstformen nicht fähig sind? 
       
       Marilyn Manson: Alle meine künstlerischen Ausdrucksformen folgen einer
       gewissen Ordnung. Natürlich male ich nach wie vor. Mit der Rolle des „Ron
       Tully“ in der letzten Staffel der TV-Serie „Sons of Anarchy“ habe ich mir
       auch eine weitere Filmrolle geschnappt. Also war nun die Musik an der
       Reihe. Doch diese Erklärung allein wäre zu einfach; denn wenn ich Musik
       mache, bedarf es noch einer zusätzlichen magischen Komponente.
       
       Wie kommt die [1][356594/deep-six:bei Ihrem neuen Album „The Pale Emperor“]
       zum Tragen? 
       
       Ich beschäftige mich viel mit Zahlenmystik. Ich bin am 5. Januar geboren.
       Da haben wir schon mal die Fünf und die Eins. Zusammengenommen wird dann
       die 15 daraus – also konnte dieses Album nur im Jahr 15 des
       Zweitausenderzyklus rauskommen. Eigentlich hätte es auch am 15. Januar
       erscheinen müssen. Dabei darf nie vergessen werden, was diese Zahlen noch
       an weiteren Informationen in sich tragen. Die Zahl Eins symbolisiert das
       Göttliche, bei der Fünf sind wir sofort beim Pentagramm. Michelangelo hat
       den Menschen innerhalb dieses Fünfecks dargestellt. Dann gibt es die fünf
       Sinne. Und mit der Spitze nach oben gilt das Pentagramm auch als
       magisch-abwehrendes Zeichen gegen das Böse. Sie sehen, mir geht es immer um
       das Positive, obwohl mir viele unterstellen, ich wäre nur negativ.
       
       So richtig optimistisch gestimmt sieht der bleiche Mann auf dem Cover von
       „The Pale Emperor“ aber nicht aus. 
       
       Sie lassen sich von vordergründigen Bildwirkungen leiten. Schauen Sie mal
       dahinter! Bitte lassen Sie sich nicht blenden, von dem, was mir nachgesagt
       wird. Menschen, die mir sehr nahestehen, attestieren mir durchaus positives
       Denken, ja sogar romantische Züge und eine große Portion Humor.
       
       Sie sind also gar nicht „The Pale Emperor“, der bleiche Herrscher, der sich
       in einem Stück dazu hinreißen lässt zu singen, „Weil wir Fremde töten /
       Hält uns das ab, unsere Liebsten umzubringen“? 
       
       Nein, in dem Song behandle ich Brot und Spiele im Sinne des römischen
       Satiredichters Juvenal. Im Rahmen der Unterhaltung der Massen durch die
       Kaiser im alten Rom schickten diese Gladiatoren, also Fremde, in den Zirkus
       und ließen zu, dass der Pöbel mit dem nach unten gedrehten Daumen verlangt,
       sie zu töten. Ich frage nur, funktioniert es heute prinzipiell anders? Auf
       den Schlachtfeldern wird massenhaft getötet, um an der Heimatfront so viel
       Ruhe als möglich zu haben.
       
       Wie kommen solche Stücke zustande? Durch Wälzen von Büchern, durch einen
       ganz konkreten Anlass, der Ihre Aufmerksamkeit erregt? 
       
       Auch hier spielt die Zahlenmystik wieder eine Rolle. Und zwar wieder die
       Eins – das Symbol für das Göttliche. Aus diesen göttlichen Zusammenhängen
       werden auch die Musen gesandt. Auch zu mir, und von ihnen lasse ich mich
       leiten. Es ist durchaus so, dass ich die Stücke gar nicht schreibe, eher
       wird mir dabei die Hand geführt – eben durch die Musen, die oft auch durch
       die Frauen an meiner Seite sprechen.
       
       Sind diese Musen auch für den Nachhall des Blues verantwortlich, der auf
       Ihrem neuen Album deutlicher als sonst zu hören ist? 
       
       Das ist eher dadurch zu erklären, dass ich ein Mensch bin, der alles
       absorbiert. Dazu muss man wissen, dass ich zwar aus Ohio komme, nach dem
       Umzug meiner Eltern aber lange im Süden der USA gelebt habe. Auch in New
       Orleans. Also konnte ich dem Klang des tiefen Südens nicht entgehen. Und
       das ist nun mal der Blues. Er ist in mir.
       
       Auch die europäische Kulturgeschichte scheint Sie sehr zu faszinieren. Im
       Stück „Mephistopheles Of Los Angeles“ greifen Sie ein Thema von Johann
       Wolfgang Goethes „Faust“ auf – dessen Pakt mit dem Teufel. 
       
       Ich verkörpere nie nur die US-Kultur. Lieber schaue ich in die Antike und
       auf das geistige Erbe des alten Europa. Und doch habe ich, wie damals der
       Bluesmusiker Robert Johnson, dem Teufel meine Seele verkauft, um Rockstar
       zu werden. Im Rahmen dieses Handels habe ich mir eine ganz alte Ausgabe von
       Goethes „Faust“ besorgt. Die konnte ich natürlich nicht lesen, sie war auf
       Deutsch. Doch war sie vollgestopft mit Bildern. Was für Bilder! Ihren
       Welten konnte ich mich nie entziehen und habe immer wieder wie wild
       geblättert. Ich legte mir dabei über die Jahre einen Plan zurecht, wie ich
       dem Teufel meine Schulden zurückzahlen könnte. Natürlich mit der Magie
       eines Albums. Mit „The Pale Emperor“ begleiche ich nun meine Schulden. Ich
       bin immer ein wenig nachlässig mit dem Zurückzahlen von Schulden. Aber
       jetzt sind wir quitt und ich bin frei!
       
       21 Jan 2015
       
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