# taz.de -- 70 Jahre für Todesschützen von Diren: „Sie gingen auf die Jagd“
       
       > Markus Kaarma hat einen deutschen Austauschschüler in den USA erschossen
       > – und sich auf Notwehr berufen. Er muss 70 Jahre in Haft.
       
 (IMG) Bild: Laut Richter „kein netter Mensch“: Todesschütze Markus Kaarma.
       
       MISSOULA taz | Im Fall Diren Dede hat ein Richter in Montana den
       Notwehrparagraphen des US-Bundesstaates klare Grenzen gesetzt. Er
       verurteilte den Hausbesitzer Markus Kaarma, der den Austauschschüler nachts
       in seiner Garage in Missoula erschoss, zu 70 Jahren Haft, die frühestens in
       20 Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Mit der genau ausgemessenen
       Strafe wollte Richter Ed McLean kurz vor seiner Pensionierung ein Zeichen
       setzen. Seine Botschaft: Man tötet keinen Teenager wegen einer Dose Bier.
       
       Bei der Anhörung im Bezirksgericht argumentierten Kaarmas Anwälte am
       Donnerstag, er leide an sozialer Angststörung und könne öffentlich keine
       Reue zeigen. Sie beantragten fünf Jahre Gefängnis und 35 Jahre auf
       Bewährung. Der Richter ging darauf nicht ein. „Auch wenn Sie alle Angst der
       Welt haben, kann das nicht die Qualen auslöschen, die Sie verursacht
       haben“, sagte er dem Täter, der in Handschellen vor ihm stand. „Sie stellen
       eine zu große Gefahr für die Gesellschaft dar, als dass Sie irgendwo anders
       als im Staatsgefängnis von Montana sein sollten.“
       
       Kaarma selbst bekräftigte, dass er sich nach wie vor im Recht fühlt. „Es
       tut mir leid, dass mein Handeln zu einem Todesfall führte“, sagte er. „Ich
       tat das, was ich für notwendig befand, um meine Familie und mich selbst zu
       schützen.“ McLean kaufte ihm das nicht ab. „Ich komme zum Schluss, dass Sie
       kein netter Mensch sind,“ sagte er. „Sie haben nicht Ihr Haus verteidigt.
       Sie gingen auf die Jagd.“
       
       Erstmals trat am Donnerstag auch Kaarmas Mutter in den Zeugenstand. Während
       des Prozesses im Dezember habe sie sich jeden Tag gewünscht, die Mutter von
       Diren Dede in den Arm nehmen und zu trösten, sagte Chong Oak Kaarma. „Zu
       spät“, rief ihr Direns Vater Celal aus dem Gerichtssaal zu. Auf seine
       Frage, warum sie erst jetzt ihr Mitgefühl mit der Familie des Opfers
       ausdrücke, sagte die Frau, dies sei ihr aus prozesstaktischen Gründen
       vorher nicht erlaubt worden.
       
       ## Keine Gerechtigkeit
       
       Celal Dede sagte, er sei froh, dass Kaarma ins Gefängnis müsse. Was ihn am
       Schuldspruch störe sei dass der Täter schon nach 20 Jahren auf Bewährung
       freikommen könne. „Ich bin nicht glücklich“, sagte er. „Es gibt keine
       Gerechtigkeit für einen Tod.“ Die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe
       von 80 Jahren verlangt, die statt nach 20 erst nach 40 Jahren zur Bewährung
       ausgesetzt werden kann.
       
       Der Kriminalbeamte Guy Baker sagte, Kaarma zeige keine Einsicht, sondern
       betrachte sich offenkundig als einen amerikanischen Helden. Nach
       Darstellung der Staatsanwaltschaft hatte er am 27. April regelrecht darauf
       gelauert, einen jugendlichen Eindringling zu stellen und zu töten. Der
       17-jährige Diren hatte laut einem Freund vermutlich auf der Suche nach
       Alkohol die halb offenstehende Garage betreten. Mit einem früheren
       Einbruch, für den ein anderer Teenager am Mittwoch zu einer
       Bewährungsstrafe verurteilt wurde, hatte der Hamburger nichts zu tun.
       
       Für Täter wie Opfer ist der Fall mit der Verkündung des Strafmaßes nicht
       erledigt. Die Dedes wollen Zivilklage anstrengen. Kaarmas Anwälte wollen
       vor das Oberste Gericht des Bundesstaates im Westen der USA ziehen. Seine
       Mitbürger zittern derweil schon vor dem nächsten Skandal: Der
       Bestsellerautor Jon Krakauer bringt im April ein Buch über Sex und Gewalt
       an US-Unis heraus. Der Titel: „Missoula“.
       
       13 Feb 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Henriette Löwisch
       
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