# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Hamburg: Verhandeln und verkaufen
       
       > In Hamburg basteln SPD und Grüne an einem gemeinsamen Regierungsbündnis.
       > Viel bewegen können die Grünen aber nicht.
       
 (IMG) Bild: Olaf Scholz wartet im Rathaus auf seinen Koalitionspartner
       
       HAMBURG taz | Die Prämissen der Inszenierung sind eindeutig: SPD und Grüne,
       sie wollen zueinanderkommen, fünf Jahre lang miteinander Hamburg regieren.
       Da SPD-Bürgermeister Olaf Scholz schon vor der Wahl eine Koalition mit der
       FDP nahezu ausschloss und die Grünen unbedingt wieder auf die
       Regierungsbänke wollen, ist Scheitern verboten.
       
       Nun geht es darum, ein Ergebnis zu erstreiten, mit dem beide Seiten leben
       können und das vor allem die grüne Mitgliederversammlung am Ende der
       Verhandlungen – die noch bis Ostern dauern – überlebt. Was verhandelt
       wurde, muss dann als Erfolg verkauft werden können.
       
       Das grüne Credo lautet: vorzeigbare Ergebnisse für die eigene Basis. Das
       der SPD heißt: unveränderte sozialdemokratische Regierungspolitik bei allen
       wichtigen Eckpunkten. Zugeständnisse an die Grünen aber in Bereichen, die
       die Sozis längst selber schon mal anpacken wollten.
       
       Zur Kategorie der Eckpunkte sozialdemokratischer Regierungspolitik in
       Hamburg gehören die Elbvertiefung und das kategorische Nein zu einer
       Stadtbahn-Trasse, als Ergänzung zu U- und S-Bahnen. Das Elbvertiefungs-Ja
       und das Stadtbahn-Nein hat die SPD bereits ohne Wenn und Aber in den
       Verhandlungen durchgesetzt, obwohl die Verhinderung der Elbvertiefung und
       eine Stadtbahntrasse zwei zentrale Anliegen der Grünen sind.
       
       ## Ökologisches Lifting
       
       Damit die nicht so nackt dastehen, erhalten sie ein Ausbauprogramm für
       Fahrradwege und ein ökologisches Lifting der dann vertieften Elbe – beides
       Maßnahmen, die auch die SPD durchaus befürwortet, bislang aber nicht auf
       ihre Prioritätenliste gesetzt hat. Auch dass sie beim Thema Inklusion von
       Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen personell
       gewaltig nachbessern muss, hatte die SPD bereits vor der Wahl erkannt. Sie
       hatte die Bedarfe falsch berechnet und musste befürchten, dass die Stimmung
       an den mit der Inklusion überforderten Schulen kippt.
       
       Einige notwendige Verbesserungen sollen jetzt kommen – und dem grünen
       Erfolgskonto zugeschrieben werden. „Die SPD hat den Koalitionsvertrag schon
       in den groben Zügen fertig und kleine Kompromisse eingepreist“, unkt da die
       Hamburger CDU-Politikerin Bettina Machaczek.
       
       Damit die Rechnung aufgeht, ist die SPD darauf bedacht, den grünen
       Verhandlungspartner möglichst gut dastehen zu lassen: als kompetenten und
       konstruktiven, aber auch hartnäckigen Widerpart. Entscheidend ist weniger,
       was der zukünftige Koalitionspartner der SPD materiell an Zugeständnissen
       abgerungen hat, sondern was er glaubt, erreicht zu haben.
       
       So reden nicht nur die Grünen ihre Verhandlungserfolge groß, sondern auch
       die SPD stimmt ihnen pflichtschuldig zu. Sie will die fünf Koalitionsjahre
       nicht als Konfliktbündnis, sondern als reibungsloses Regieren – ganz so,
       wie es auch ohne Grüne die vergangenen Jahre funktioniert hat. Denn die
       Hamburger Koalition soll als Erfolgsmodell nach Berlin ausstrahlen, wo die
       SPD auf absehbare Zeit ohne Grüne keine Kanzleroption hat.
       
       10 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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