# taz.de -- Kommentar Schäubles Griechenlandkritik: Nur die Kanonenboote fehlen
       
       > Der Bundesfinanzminister lässt die griechischen Arbeitslosen weiter
       > leiden, damit nicht halb Südeuropa ihn und seine Politik in Frage stellt.
       
 (IMG) Bild: Etwas zerfleddert: das griechisch-europäische Verhältnis.
       
       Wolfgang Schäuble kokettiert gelegentlich damit, ein schlechtes Englisch zu
       sprechen. Aber verstehen kann er es, und da seine Lektüre nicht so national
       beschränkt sein wird wie die Politik seines Finanzministeriums, dürfte er
       hin und wieder auch Paul Krugmans Kolumnen in der New York Times lesen. Der
       neue griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras sei bei wie Weitem
       realistischer als diejenigen, die auf sein Land weiter einprügeln wollten,
       schrieb Krugman im Januar. Der Rest Europas solle ihm eine Chance geben.
       
       Schäuble kann also wissen, dass in Athen keine Verrückten gewählt wurden,
       sondern eine Regierung mit abweichenden ökonomischen Auffassungen, deren
       Sicht von einem der renommiertesten Ökonomen weltweit geteilt wird. Früher
       hätte die deutsche Bundesregierung europäische Meinungsverschiedenheiten
       mit Kompromissen gelöst. Heute pflegt Schäuble eine Rhetorik wie zu Zeiten
       der Kanonenboot-Diplomatie vor dem Ersten Weltkrieg.
       
       Die Gründe? Erstens mögen die meisten Wirtschaftsliberalen keine anderen
       Deutungen von Krisenentstehungen und Krisenlösungen zulassen. Und
       Dogmatiker pflegen sich bekanntlich zu radikalisieren, wenn sie in die
       Krise geraten. Zweitens droht Deutschland die Deutungshoheit in der
       Wirtschafts- und Währungspolitik der EU zu verlieren. Setzt sich Syriza
       durch, bekommt Podemos in Spanien Auftrieb. Italien und Frankreich könnten
       sich anschließen.
       
       Neben der Kanonenboot-Rhetorik ist in der Bundesregierung also auch die
       Dominotheorie wieder en vogue. Schäuble lässt die griechischen Arbeitslosen
       weiter leiden, damit ihn nicht halb Südeuropa in Frage stellt. Dass
       Griechenland aus der Euro-Zone mit unabsehbaren ökonomischen wie
       politischen Folgen ausscheiden könnte, nimmt er billigend in Kauf.
       
       17 Mar 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Reeh
       
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