# taz.de -- Inklusion in Bremen: Vorreiter nur auf dem Papier
       
       > Ein Bündnis fordert deutliche Verbesserungen zur Umsetzung der Inklusion
       > in Bremen. Das Bildungsressort stimmt zu.
       
 (IMG) Bild: Könnte noch besser laufen: Inkludierender Unterricht in Bremen
       
       BREMEN taz | Bei der Umsetzung der Inklusion in Bremen muss dringend
       nachgebessert werden – das erklärt ein großes Bündnis aus sozialen
       Verbänden, Eltern-VertreterInnen und Behinderten-Selbstorganisationen.
       Vorreiter sei Bremen „nur auf dem Papier“. Am Mittwoch stellten sie ein
       Memorandum vor, das aufzählt, wo sie Handlungsbedarf sehen:
       
       Mehr und besser ausgebildete LehrerInnen brauche es, mehr Zeitkontingente,
       um die besonderen Förderbedarfe der SchülerInnen zu planen, mehr
       ressortübergreifende Zusammenarbeit. Zwei Seiten umfasst die Stellungnahme,
       insgesamt geht es um eine deutliche Erhöhung der Ressourcen.
       
       Nun ist es so eine Sache mit Forderungen von Bündnissen, bei denen es um
       mehr Geld geht und die noch dazu vor einer Wahl gestellt werden – sie
       riechen nach Verteilungskampf und reinem Vor-Wahlgetöse. Dem
       Zusammenschluss für schulische Inklusion aber muss man ein gewisses
       gesellschaftliches Gewicht zusprechen: Der DGB ist dabei, der Paritätische
       Wohlfahrtsverband, der Zentralelternbeirat, die GEW, das Diakonische Werk,
       der Landesverband evangelischer Tageseinrichtungen, die Lebenshilfe, die
       Innere Mission und 15 weitere Institutionen.
       
       Und dazu Bremens Landesbehindertenbeauftragter Joachim Steinbrück. Er sagt:
       „Es geht um nicht weniger als die gleichberechtigte Teilhabe.“ Und gut da
       stünde Bremen beim Thema Inklusion eben vor allem auf dem Papier, in der
       Praxis gebe es zahlreiche Probleme. Wenn nichts passiere, stünde Bremen
       beider Inklusion bald hinten an.
       
       2009 beschloss die Bremische Bürgerschaft das neue Schulgesetz, nachdem
       alle Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischen Förderbedarf das Recht
       haben, allgemeine Schulen zu besuchen – und wurde zum Vorreiter bei der
       schulischen Inklusion.
       
       „Es war eine wichtiger Schritt, die Sonderschulen für lern- und
       geistigbehinderte Schüler tatsächlich aufzulösen“, so Steinbrück. Aber noch
       immer könnten geistigbehinderte Kinder nicht über all zur Schule gehen,
       sondern müssen teilweise mehrere Kilometer weit in die Schwerpunktschulen
       fahren und würden in speziellen Inklusionsklassen zusammengefasst. „Ich
       befürchte, dass der jetzige Zustand eingefroren werden könnte“, so
       Steinbrück.
       
       Pierre Hansen vom Zentralelternbeirat kennt die Probleme im Schulalltag:
       Sonderpädagogen würden nicht ersetzt, wenn sie krank sind und stellten all
       zu oft die normale Unterrichtsversorgung sicher, statt ihrer Aufgabe
       nachzugehen, Kinder mit besonderem Bedarf zu fördern. Viele Schulen seien
       nicht barrierefrei. „Bremen hat versucht, die Inklusion kostenneutral
       hinzukriegen und das war eine Milchmädchenrechnung“, so Hansen.
       
       Meike Wittenberg von der GEW nennt zudem die „Zeit für multiprofessionelle
       Kooperation“, die ausreichend vorhanden sein müsse: Die Teams aus
       ErzieherInnen, Sonder- und Sozialpädagogen, die in den Klassen vor den
       SchülerInnen stehen, müssten ausreichend Zeit haben, um sich zu besprechen.
       Zudem fordert sie eine wissenschaftliche Evaluation dessen, was Bremen im
       Sinne einer Inklusion erreicht hat.
       
       All das sieht man in der Bildungsbehörde keineswegs anders: „Wir können die
       Forderungen sehr gut nachvollziehen“, sagt die Sprecherin der
       Bildungssenatorin, Christian Selzer. Inklusion sei nicht nur die größte
       bildungspolitische, sondern auch gesellschaftspolitische Aufgabe. Auch für
       Selzer hängt vieles am Geld: „Wir haben einen finanziell engen Rahmen“,
       sagt sie.
       
       Dennoch habe Bremen sich mit der Inklusion nicht übernommen: „Wir haben
       früh angefangen. Dass es nicht günstiger wird, war klar. Wir lernen im
       Prozess“, so Selzer. „Aus Sicht von Betroffenen ist es nicht ideal, das
       muss man einräumen.“ Bei den Lehrerfortbildungen habe Bremen jedoch ein
       vorbildliches Konzept: Barrierenabbau, ausreichende Therapieräume, all dass
       würde „sukzessive“ gemacht. Und auch eine Evaluation sei in Vorbereitung.
       
       15 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jean-Philipp Baeck
       
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