# taz.de -- Flüchtlingspolitik in der EU: 1.000 Tote sind einen Gipfel wert
       
       > Die EU beruft ein Krisentreffen zur Flüchtlingspolitik ein. Die
       > Seenothilfe soll verbessert werden. Aber auch die Abschottung könnte
       > ausgeweitet werden.
       
 (IMG) Bild: Von der mittlerweile abgeschafften Operation „Mare Nostrum“ gerettete Flüchtlinge vor der libyschen Küste.
       
       BRÜSSEL taz | „Das kann nicht so weitergehen.“ Mit diesen dürren Worten hat
       Ratspräsident Donald Tusk überraschend einen Sondergipfel zur
       Flüchtlingspolitik einberufen. Er soll am Donnerstag in Brüssel stattfinden
       und von der EU-Kommission vorbereitet werden. Kanzlerin Angela Merkel und
       ihre 27 EU-Amtskollegen wollen bei dem Krisentreffen über Möglichkeiten
       beraten, den Massenexodus aus Nordafrika zu stoppen und die Welle
       dramatischer Schiffsunglücke vor der italienischen Küste zu beenden.
       
       Bei mehreren Havarien waren in den letzten Tagen vermutlich mehr als 1.000
       Flüchtlinge ums Leben gekommen. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi
       hatte deshalb bereits am Wochenende einen Sondergipfel gefordert. Doch
       zunächst stieß sein Appell auf taube Ohren – wie eigentlich immer seit zwei
       Jahren, als vor der italienischen Insel Lampedusa bereits mehr als 300 Boat
       People ertrunken waren. Berlin und Brüssel hatten sich seither beharrlich
       geweigert, Italien zu helfen.
       
       Doch diesmal ist alles anders – zumindest sieht es so aus. „Der Status Quo
       ist keine Option mehr“, hatte schon am Vormittag EU-Kommissionschef
       Jean-Claude Juncker betont. Am Nachmittag haben sich dann die Außen- und
       Innenminister zu einer gemeinsamen Sondersitzung in Luxemburg getroffen, um
       über Optionen zu beraten. EU-Außenkommissarin Federica Mogherini legte
       dabei einen Zehn-Punkte-Plan vor, der eine „Verdoppelung der Maßnahmen“
       vorsieht, wie Innenminister Thomas de Maizière berichtete.
       
       Welche Maßnahmen? Geht es – wie bisher – vor allem darum, die Flüchtlinge
       von der gefährlichen Überfahrt nach Europa abzuschrecken und die Schlepper
       dingfest zu machen? Oder geht es um eine bessere Seenotrettung und mehr
       humanitäre Hilfe? Dies fordern zum Beispiel die Grünen. „Der
       Nobelpreisträger EU ist der tödlichste Hotspot für Flüchtlinge weltweit –
       Europa muss endlich handeln“, sagte die Europaabgeordnete Ska Keller. Der
       Gipfel müsse auch eine legale und sichere Zugangsmöglichkeit für
       Flüchtlinge nach Europa ermöglichen.
       
       ## Die „Festung Europa“ steht
       
       Danach sieht es nicht aus. Beim Sondergipfel am Donnerstag soll es um vier
       Fragen gehen, wie Tusk in einer Videobotschaft erläuterte: Wie sind die
       Menschenschmuggler zu stoppen? Wie können die Bemühungen zur Rettung von
       Menschen in Not verstärkt werden? Wie kann den am stärksten betroffenen
       Mitgliedsländern besser geholfen werden? Wie kann die Zusammenarbeit mit
       den Herkunftsländern der Flüchtlinge gestärkt werden? Von einer Öffnung der
       „Festung Europa“ ist hingegen keine Rede. Eher von einer weiteren
       Abschottung.
       
       „Wir brauchen einen umfassenden Plan; er muss Suche und Rettung umfassen“,
       sagte der britische Premier David Cameron. Entscheidend sei aber, „dass wir
       uns mehr mit den Problemen der Länder befassen, aus denen diese Menschen
       kommen". Ähnlich äußerte sich de Maizière. Der CDU-Politiker sprach sich
       zwar erstmals für eine Aufstockung der Mittel für die Seenotrettung aus –
       bisher war das für Berlin tabu, de Maizière warnte aber auch, in Libyen
       warteten rund eine Million Flüchtlinge auf die Überfahrt über das
       Mittelmeer in die EU
       
       Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Zeid Raad al-Hussein, warf der EU
       vor, sich von den am meisten gefährdeten Flüchtlingen abzuwenden. Er
       forderte, eine Such- und Rettungsmission zu schaffen und gut auszurüsten.
       Außerdem müssten die Vorfälle vom Wochenende unabhängig untersucht werden.
       
       21 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eric Bonse
       
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