# taz.de -- Kündigungswelle bei Pflegedienst: "Die Leute fühlten sich verhört"
       
       > Ein Drittel der Mitarbeiter eines Pflegedienstes in Jever hat wegen
       > angeblicher Schikanen gekündigt. Die Leitung bestreitet die Vorwürfe.
       
 (IMG) Bild: Bekamen vom Streit zwischen Pflegedienst und Pflegern nichts mit: Patienten in Jever
       
       HAMBURG taz | Dem Pflegedienst des Deutschen Roten Kreuzes Jeverland laufen
       die Pflegekräfte weg. Wegen angeblicher Schikanen und Drucks von Seiten der
       Leitung haben acht von 25 MitarbeiterInnen gekündigt.
       
       Eine Pflegerin, die aus Angst vor juristischen Konsequenzen anonym bleiben
       möchte, berichtete der taz von ständigen SMS der Geschäftsführerin, von
       täglich neuen Auflagen und öffentlich geäußerten Vermutungen, dass Kollegen
       Krankheit nur vortäuschten.
       
       „Wir mussten teilweise wochenlang arbeiten, weil durch den ganzen Druck der
       Krankenstand ziemlich hoch war“, sagt die Pflegerin. Der ehrenamtliche
       Vorsitzende des DRK-Kreisverbandes Heinz Memmen und die Geschäftsführerin
       des Pflegedienstes Mirela Krüger bestreiten, Druck ausgeübt zu haben.
       
       Die Pflegerin hielt es in dem Betrieb trotzdem nicht länger aus. Im Februar
       kündigte sie und arbeitet nun für einen anderen ambulanten Pflegedienst in
       Jever. „Ich wollte einfach nur aus der Situation raus“, sagt sie.
       
       Die Geschäftsführerin habe die Mitarbeiter in ihr Büro zitiert, sobald sie
       auf den Hof gefahren waren. „Die Leute fühlten sich verhört“, erinnert sie
       sich. Zudem habe es Abmahnungen und Kündigungsandrohungen gegeben.
       
       Eskaliert sei die Situation aber erst nach dem Unfalltod einer Kollegin im
       Dienst. Der Vorstand des Kreisverbandes sei darüber einfach hinweggegangen,
       sagt sie. „Niemand hat uns zu einem Gespräch eingeladen.“
       
       Dabei wären sonst aus nichtigen Gründen spontane Dienstbesprechungen
       einberufen worden, sagt die Pflegerin. Zudem habe der Vorsitzende Memmen
       schon am nächsten Tag gefragt, ob das Dienstauto noch fahrtüchtig sei. „Das
       hat uns alle schockiert“, sagt sie.
       
       Memmen weist das zurück. Alle seien vom Tod der Kollegin betroffen gewesen.
       Zudem habe das Auto einen Totalschaden gehabt. „Daran sieht man, mit was
       für Mitteln das Team uns schlecht machen will“, sagt er.
       
       „Die Damen“ hätten versucht, das Pflegeteam kaputtzumachen. Als Grund
       vermutet er, dass die neue Geschäftsführerin bisherige Aufgaben der
       Pflegedienstleiterin übernahm. Dazu hätten Entscheidungen über
       Einstellungen und Entlassungen gehört. Die PflegerInnen hätten daraufhin
       wörtlich gesagt, „sie möchten die Macht zurück“, sagt Memmen. „Sie wollten
       sich das nicht wegnehmen lassen.“
       
       Bis Februar seien dann immer mehr Pflegekräfte krankgeschrieben worden. „Es
       hat schon ein Geschmäckle, wenn 13 MitarbeiterInnen gleichzeitig krank
       sind“, findet Memmen.
       
       Natale Fontana von der Gewerkschaft Ver.di in Wilhelmshaven sieht das
       anders. Im Bereich der Pflege werde oft am Personal gespart und die
       Taktzahl erhöht. „Die Arbeitsverdichtung ist hoch“, sagt der Sekretär. Die
       Angestellten des DRK-Pflegedienstes kennt er, half ihnen zu Beginn des
       Jahres, einen Betriebsrat zu gründen.
       
       Die PflegerInnen hätten versucht, mit dem Vorstand und der
       Geschäftsführerin zu sprechen, aber kein Gehör gefunden. „Die haben ihren
       Job gerne gemacht, aber wenn von der anderen Seite keine Wertschätzung
       kommt, ist irgendwann Schluss“, sagt Fontana.
       
       Auch Memmen gibt zu, dass die Arbeit der Pflegekräfte wegen des hohen
       Krankenstandes immer schwerer wurde. Deshalb seien die verbliebenen
       PflegerInnen von anderen Pflegediensten unterstützt worden – zum Ärger
       einiger der rund 100 PatientInnen.
       
       In der Nordwest-Zeitung beschwerte sich ein Angehöriger, dass sensible
       Daten ohne sein Wissen an den neuen Pflegedienst weitergegeben worden
       seien. Eine neuer Konflikt, den Memmen schlichten muss.
       
       Der DRK-Chef beteuert, dass die PflegerInnen die KollegInnen angekündigt
       hätten. Gerade baue der Pflegedienst ein neues Team auf. 24
       MitarbeiterInnen sind es schon. „Wir konzentrieren uns auf die Arbeit mit
       den Patienten“, sagt Geschäftsführerin Krüger.
       
       Doch die ehemaligen Pflegekräfte geben sich noch nicht zufrieden. „Der
       Vorsitzende sollte sich bei den Menschen, denen er Unrecht getan hat,
       entschuldigen“, sagt die Pflegerin – und fordert seinen Rücktritt.
       
       28 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andrea Scharpen
       
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