# taz.de -- Nach der Wahl in Großbritannien: Opposition sucht ihre Zukunft
       
       > Nach der bitteren Niederlage müssen sich die geschlagenen Parteien neu
       > orientieren. Gegen die Tories gibt es erste Proteste.
       
 (IMG) Bild: Keine Cameron-Fans: Proteste in der Downing Street.
       
       DUBLIN taz | „Zurück in die Mitte“, so lautet Tony Blairs Empfehlung nach
       der verheerenden Wahlniederlage der Labour Party bei den britischen
       [1][Parlamentswahlen am Donnerstag]. Der erfolgreichste Labour-Politiker
       aller Zeiten, der drei Mal die Wahlen gewann, gibt Ed Milibands
       „Links-von-der-Mitte-Politik“ die Schuld am schlechtesten Wahlergebnis von
       Labour seit fast 30 Jahren. Die Partei erhielt 100 Sitze weniger als die
       Tories, die völlig unerwartet eine absolute Mehrheit gewannen. Blair
       betonte, dass nur eine unternehmerfreundliche Politik und radikale Reformen
       des öffentlichen Dienstes die Partei wieder wählbar machten – New Labour
       eben.
       
       Nach dem Rücktritt von Miliband geht es für Labour zunächst darum, einen
       neuen Parteichef zu wählen. Favorit für den Posten ist Andy Burnham. Er war
       Gesundheitsminister unter Gordon Brown. Nach dessen Rücktritt 2010 wollte
       er schon einmal Labour-Chef werden, landete aber abgeschlagen auf dem
       vierten Platz. Möglicherweise kehrt auch ein anderer Miliband zurück: Eds
       Bruder David, der 2010 knapp unterlag.
       
       Premierminister David Cameron bastelt derweilen an seinem neuen Kabinett.
       Schatzkanzler George Osborne, Außenminister Philip Hammond, Innenministerin
       Theresa May und Verteidigungsminister Michael Fallon bleiben im Amt, der
       frühere Bildungsminister Michael Gove wird Justizminister. Die restlichen
       Posten wird Cameron in den nächsten Tagen füllen. Der bisherige
       stellvertretende Premierminister Nick Clegg, der nach dem Absturz seiner
       Liberalen Demokraten als Parteichef zurückgetreten ist, wird wohl nicht
       ersetzt, stattdessen wird Osborne „Erster Minister“.
       
       Cameron umriss in seiner Rede nach der Wahl seine Prioritäten für die
       Regierungserklärung am 27. Mai. Zunächst will er das unvereinigte
       Königreich wieder vereinigen. Er will dem schottischen Parlament weitere
       Befugnisse zugestehen. So soll es die Einkommensteuer für Schottland
       festlegen dürfen. Im Gegenzug werden die schottischen Abgeordneten vom
       Votum ausgeschlossen, wenn es beim Haushaltsplan für das nächste Jahr um
       die englische Einkommensteuer geht. Cameron bestätigte, dass er die Chefin
       der Scottish National Party (SNP), Nicola Sturgeon, so bald wie möglich
       treffen möchte. Die SNP hatte in Schottland 56 von 59 Sitzen abgeräumt.
       
       ## Gegen Einschnitte ins Sozialsystem
       
       Außerdem wird er mit den nordirischen Unionisten reden. Cameron verfügt im
       neuen Parlament nur über eine Mehrheit von 8 Mandaten, da der
       Unterhauspräsident neutral ist und die nordirische Republikanerpartei Sinn
       Féin ihre 4 Sitze nicht einnimmt. In Anbetracht seiner rebellischen
       Hinterbänkler könnte Cameron bisweilen auf die Stimmen der 10
       unionistischen Abgeordneten angewiesen sein.
       
       Die Tories werden die angekündigten Kürzungen vornehmen, um die hohen
       Staatsschulden zu verringern. Es geht um Einsparungen von zwölf Milliarden
       Pfund. Das bedeutet Einschnitte von fünf Prozent pro Jahr bis 2018 – das
       ist doppelt so viel wie in den vergangenen fünf Jahren. Dagegen kam es am
       Samstag in London zu Protesten. Demonstranten bewarfen Polizisten mit
       Rauchbomben, Flaschen und Dosen. Direkt in der Nähe der Downing Street, dem
       Wohnsitz des Premierministers, kam es zu Handgreiflichkeiten. Insgesamt
       nahmen die Beamten 17 Menschen fest.
       
       10 May 2015
       
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