# taz.de -- Debatte Neuer Kalter Krieg: Stärke zeigen!
       
       > Die Nato sollte jetzt ihre nutzlosen Rüstungsarsenale endlich dort in
       > Stellung bringen, wo sie tatsächlich Schutz bieten könnten, nämlich in
       > Osteuropa.
       
       Am vergangenen Samstag wollte die NPD durch Berlin-Kreuzberg marschieren.
       6.000 Demonstranten verhinderten mit Straßenblockaden den Aufmarsch der 100
       Neonazis in Berlins multikulturellstem Stadtteil. Indem Antifaschisten
       Stärke zeigten, blieb der Frieden gewahrt.
       
       Es gibt Situationen, in denen Gewalt am besten dadurch verhindert wird,
       dass Gewaltbereite gar nicht erst zum Zuge kommen. Das gilt auf der
       Berliner Straße ebenso wie zwischen Großmächten. Zu Zeiten des Kalten
       Krieges blieb Europa friedlich, weil die Blöcke sich hochgerüstet
       gegenüberstanden. Heiße „Stellvertreterkriege“ gab es dort, wo es kein
       „Gleichgewicht des Schreckens“ gab: in Zentralamerika, im südlichen Afrika,
       in Indochina. Erst als in Europa die Blockkonfrontation endete, ging auch
       der Balkan in Flammen auf – weil niemand frühzeitig gegen ethnische
       Säuberungen einschritt.
       
       Gerade die Balkankriege zeigen: Die meisten Kriege auf der Welt beginnen
       mit kleinen Vorfällen, die anfangs leicht hätten unterbunden werden können.
       Was als isolierter Überfall beginnt, kann als Flächenbrand enden, vor allem
       wenn staatlich ermutigte Gewalttäter sich grenzüberschreitend frei
       entfalten.
       
       Der Weg der Ukraine in eine solche Richtung ist so gut vorgezeichnet, dass
       sich jetzt warnende Stimmen regen: bloß keine Androhung militärischer
       Mittel, um des Friedens willen. Diese Mahnung beruht auf der irrigen und
       überdies eitlen Annahme, es genüge, selbst friedlich zu sein, damit es auch
       der andere ist. Doch nicht jeder, der mit der Waffe droht, legt diese Waffe
       nieder, wenn man selbst keine besitzt: manch einer nutzt die Gelegenheit
       und drückt einfach ab. Russlands Präsident ist eher in letztere Kategorie
       einzuordnen. Wie ein Straßenkämpfer, der mutwillig Ärger anzettelt und sein
       Glück ausreizt, verlangt er von seinem Gegner in erster Linie Respekt – und
       zollt selbst Respekt nur, wenn sein Gegner genauso auftritt. Nicht von
       ungefähr kommen Friedensgesten aus Moskau derzeit immer – und nur – dann,
       wenn die USA wieder einmal ihre Russland-Sanktionen ausweiten.
       
       Wären Ukraine und Georgien gemeinsam mit den baltischen Staaten 2004 in die
       Nato aufgenommen worden, wären sie heute sicher, so wie es die Balten sind.
       Die Nato sollte jetzt ihre weitgehend nutzlosen Rüstungsarsenale endlich
       dort in Stellung bringen, wo sie tatsächlich Schutz bieten könnten, nämlich
       in Osteuropa. Angesichts eines Gegenübers, das seine Politik mit
       militärischen Mitteln durchzusetzen bereit ist, kann man nicht aus
       prinzipiellen Erwägungen auf militärische Mittel verzichten. Der Spruch
       „Wenn du Frieden willst, bereite Krieg vor“ bleibt aktuell. Leider.
       
       Es geht dabei nicht um Dämonisierung der Russen, sondern um eine
       angemessene Antwort auf die Destabilisierungspolitik der russischen
       Regierung. Es geht nicht darum, um die Ukraine Krieg zu führen, sondern
       darum, durch das Zeigen von Stärke Krieg zu verhindern. So wie am
       vergangenen Samstag in Berlin-Kreuzberg.
       
       ## Waffen für den Weltfrieden? Vier Debattenbeiträge:
       
       Chefredakteurin Ines Pohl führt in den Debattenstand ein: [1][Der Krieg in
       unseren Köpfen.] 
       
       Bernd Pickert fordert uns auf, Russland zu verstehen, schließlich könne
       einen Krieg, aber auch den Frieden nur gewinnen, wer seinen Feind versteht.
       [2][Russland verstehen!] 
       
       Daniel Bax zeigt auf, dass nicht Kriegslogik sondern Entspannungspolitik
       Frieden schafft, die Ablehnung militärischer Muskelspiele mithin keine
       Naivität, sondern Vernunft ist. [3][Der Kriegslogik entgehen!] 
       
       Klaus Hillenbrand schließlich mahnt ein Ende der rhetorischen Gewaltspirale
       an, da, wer den Gegener dämonisiere, dabei das rationale Denken ausschalte
       und den Krieg herbeirede. [4][Keine Dämonisierung!]
       
       29 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /!137602
 (DIR) [2] /!137596
 (DIR) [3] /!137598
 (DIR) [4] /!137601
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Nato
 (DIR) Russland
 (DIR) EU
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Russland
 (DIR) Nato
 (DIR) Nato
 (DIR) Nato
 (DIR) Nato
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Russland-Forscher über die Ukrainekrise: „Wir schlittern in einen Krieg“
       
       Nicht Putin habe die Ukrainekrise ausgelöst, sondern der Wunsch der USA,
       die Ukraine in die Nato zu holen, meint der Russlandforscher Stephen Cohen.
       
 (DIR) Debatte Konflikt mit Russland: Der Krieg in unseren Köpfen
       
       Der Konflikt in der Ukraine löst emotionale Diskussionen aus. Wir führen
       diese Debatte in der taz – mit unseren AutorInnen und den LeserInnen.
       
 (DIR) Debatte Neuer Kalter Krieg: Russland verstehen!
       
       Wer einen Krieg gewinnen will, muss den Gegner verstehen. Wer den Frieden
       erhalten will, genauso.
       
 (DIR) Debatte Neuer Kalter Krieg: Der Kriegslogik entgehen!
       
       Militärische Muskelspiele sind ein Zeichen von Schwäche – und vor allem ein
       gefährliches Spiel mit dem Feuer.
       
 (DIR) Debatte Neuer Kalter Krieg: Keine Dämonisierung!
       
       Eine Militarisierung der Sprache schaltet selbstständiges Denken aus. Dann
       aber wird Deutschland selbst wieder Frontstaat – und das hilft wirklich
       niemandem.