# taz.de -- Mögliches Leck bei Thüringer Polizei: Nicht rauchen, nicht essen
       
       > Auf der Suche nach einem Leck bei der Thüringer Polizei zum Papstbesuch
       > 2011 geraten auch zwei Journalisten in den Fokus der Ermittlungen.
       
 (IMG) Bild: Als der Papst kam, lag den Journalisten der geheime Einsatzplan längst vor.
       
       Mit aller kriminalistischen Raffinesse hat die Thüringer Polizei den
       Kontakt eines Saalfelder Polizisten zu zwei Rundfunkjournalisten
       rekonstruiert. So wollte sie ein Leck in der Thüringer Polizei finden und
       stopfen. Dies geht aus dem 58-seitigen Schlussbericht der Ermittlungen
       hervor, der der taz vorliegt.
       
       Dem Saalfelder Kriminalbeamten Rainer K. wird die Verletzung von
       Dienstgeheimnissen vorgeworfen, ein Delikt, auf das bis zu einem Jahr Haft
       oder Geldstrafe steht. Er soll interne Polizeiunterlagen im Zusammenhang
       mit dem Papstbesuch an die MDR-Journalisten Ludwig Kendzia und Axel
       Hemmerling weitergegeben haben.
       
       Drei Tage bevor der Papst im September 2011 Thüringen besuchte, berichtete
       der Mitteldeutsche Rundfunk Details aus dem Sicherheitskonzept der Polizei.
       Den Journalisten lag der 61-seitige geheime Einsatzbefehl vor.
       
       Und einige Wochen später zitierte der MDR aus einem internen
       Polizeiprotokoll, wonach die Beamten ermahnt wurden, beim Papstbesuch im
       Dienst nicht zu rauchen, nicht zu essen und auch sonst Haltung zu bewahren.
       Der Saalfelder Personalrat Rainer K. brachte in der MDR-Sendung den
       spektakulären Verdacht auf, dass die Polizei mit Hilfe von Videoaufnahmen
       den eigenen Kollegen hinterherspioniere, um Disziplinarverstöße ahnden zu
       können. Relativ schnell geriet Polizei-Personalrat K. in Verdacht, dass er
       den Journalisten das Protokoll selbst gesteckt hatte. Aber hatte er auch
       den geheimen Einsatzbefehl weitergegeben?
       
       ## Verdacht auf Spionage
       
       Die Thüringer Polizei wertete den Verrat des Einsatzbefehls als sehr
       gravierend. Das Leck habe nicht nur das Vertrauen der deutschen
       Öffentlichkeit in die Thüringer Polizei erschüttert, sondern auch das des
       Papstes. Die Gefahr von Anschlägen sei gestiegen, das BKA musste
       kurzfristig alle Passwörter für den Einsatz ändern.
       
       Mit der Aufklärung wurde eine Ermittlungsgruppe der Kriminalpolizei in Suhl
       beauftragt – die ganze Arbeit geleistet hat. Bei K. wurden – mit
       richterlichem Beschluss – die Wohnung, das Auto und die Diensträume
       durchsucht. Die Ermittler werteten zwei Smartphones, ein Laptop und eine
       Sicherheits-Festplatte aus.
       
       ## Wohnung durchsucht
       
       Daraus ergab sich angeblich, dass K. ein gewisses Vertrauensverhältnis zu
       den Journalisten hatte. Immerhin war er bereit, sich „konspirativ“ mit
       Kendzia zu treffen. Einmal sprach er ihn als „Kollegen“ an, und beim
       sozialen Netzwerk Facebook registrierte er sich als „Freund“ von Kendzia.
       Aus den Verbindungsdaten des Handyverkehrs wurden Bewegungsbilder erstellt,
       die ergaben, dass K. am Tag vor der MDR-Sendung in Erfurt war und in der
       thüringischen Landeshauptstadt eine Kopie des Einsatzbefehl überreicht
       haben könnte. Handfeste Beweise gab es aber nicht. Es ist nicht einmal
       sicher, dass K. die fragliche Version des Einsatzbefehls überhaupt besaß.
       Mindestens 571 Polizeibeamte hatten Zugriff darauf.
       
       Grundsätzlich sind solche Ermittlungen zulässig. Die Thüringer Polizei hat
       immerhin aus dem Cicero-Skandal gelernt und weder Einrichtungen des
       Mitteldeutschen Rundfunks durchsucht noch die Journalisten abgehört, um
       deren Quelle zu finden. Korrekterweise hat sie das Leck auf der
       Polizeiseite gesucht.
       
       ## Exempel statuiert?
       
       Allerdings kann das Ausmaß der Ausforschung von K.s Kontakten zu Kendzia
       und Hemmerling durchaus Stirnrunzeln verursachen. Wer den Bericht der
       Suhler Kripo liest, kann den Eindruck gewinnen, dass hier ein Exempel
       statuiert werden soll. Schließlich gab es bei der Thüringer Polizei seit
       2009 mindestens acht Fälle von Geheimnisverrat an Medien – sechs Mal war
       dabei Kendzia involviert, zwei Mal Hemmerling.
       
       Und sollte K. wegen Geheimnisverrats angeklagt werden, könnte dies auch
       noch Folgen für die Journalisten Kendzia und Hemmerling haben.
       
       18 Oct 2012
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rath
       
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