# taz.de -- Volkswirt über die Riester-Rente: „Funktioniert nicht wie erhofft“
       
       > Für Geringverdiener lohnen sich Riester-Verträge nicht. Die staatlichen
       > Zulagen sollten darum abgeschafft werden, fordert Gert Wagner.
       
 (IMG) Bild: Wenigstens einer, für den sich „seine“ Rente gelohnt hat: Walter Riester.
       
       taz: Herr Wagner, bei der Riester-Rente sind die Renditen niedrig und die
       Kosten hoch. Ist sie ein Flop? 
       
       Gert Wagner: Kein Flop – aber wenn man das Projekt an seinen ursprünglichen
       Zielen misst, muss man feststellen: Die Riester-Rente funktioniert nicht
       wie erhofft.
       
       Was lief falsch? 
       
       Walter Riester wollte ursprünglich ein Obligatorium: Jeder sollte
       einzahlen. Stattdessen kam eine freiwillige Lösung, die nun dazu führt,
       dass aus sozialpolitischer Sicht zu wenige einen Vertrag abschließen.
       
       Aber kann man einen Riester-Vertrag empfehlen, wenn die Renditen so niedrig
       sind? 
       
       Bei der gesetzlichen Rente ist langfristig gesehen auch unsicher, wie viel
       Geld am Ende herauskommt. Es ist grundsätzlich gut, auf mehrere Säulen zu
       setzen, um Altersvorsorge zu betreiben.
       
       Bisher zahlen nur 6,4 Millionen Deutsche voll in eine Riester-Rente ein.
       Wollen Sie das Obligatorium nachträglich einführen? 
       
       Nein. Denn es bleibt ein fundamentales Problem: Für viele Niedrigverdiener
       lohnt sich die Riester-Rente nicht. Selbst wenn einige ein ganzes
       Arbeitsleben sparen, kommen sie am Ende nicht über die Grundsicherung.
       
       Das klingt jetzt so, als wollten Sie die Riester-Rente abschaffen. 
       
       Nein. Aber die Riester-Rente sollte nur eine zusätzliche Absicherung
       darstellen wie früher die Lebensversicherungen.
       
       Und was passiert mit der staatlichen Zulage? 
       
       Sie könnte nur noch für alte Verträge gelten – und ansonsten abgeschafft
       werden. Momentan gibt es merkwürdige Effekte: Gutverdiener werden
       gefördert, obwohl sie auch ohne Zulagen sparen könnten – während
       Geringverdiener nicht profitieren, weil sie noch nicht einmal auf das
       Niveau der Grundsicherung kämen.
       
       Wäre nicht mit massivem Widerstand der Versicherungskonzerne zu rechnen? 
       
       Weiß ich nicht. Es wäre nämlich im Interesse der Lebensversicherungen, dass
       die Riester-Rente nicht mehr Teil der Mindestaltersvorsorge ist.
       
       Warum? Die Lebensversicherungen haben damals starken Lobbydruck aufgebaut,
       damit die Riester-Rente eingeführt wird. 
       
       Ja, aber damals hat niemand überblickt, was wirklich passieren wird. Die
       Versicherungen leiden darunter, dass Riester-Produkte extrem reglementiert
       und verwaltungsaufwendig sind, weil sie Teil der regulären Altersvorsorge
       sein sollen. Für die Versicherungen wäre es besser, wenn Riester nicht mehr
       der Regelsicherung dient.
       
       Aber wie sollen die Beschäftigten vorsorgen, wenn die Riester-Rente nicht
       mehr gefördert wird? Die gesetzliche Rente allein reicht nicht. 
       
       Man sollte die betriebliche Altersvorsorge ausbauen. Damit können alle
       Beschäftigten obligatorisch erfasst werden, die einem Tarifvertrag
       angehören.
       
       Die Tarifverträge gelten aber in vielen Betrieben gar nicht oder nur
       eingeschränkt. 
       
       Die Tarifverträge erreichen trotzdem mehr Beschäftigte als die, die jetzt
       voll in die Riester-Rente einzahlen.
       
       Dennoch würde auch eine Betriebsrente nicht reichen, um die Kürzungen bei
       der gesetzlichen Rente auszugleichen. 
       
       Das kommt auf die Höhe der Betriebsrente an. Zudem sind die deutschen
       Lohnstückkosten im internationalen Vergleich eher niedrig. Da ist
       Spielraum. Meines Erachtens ist diskutierbar, wie man diesen nutzt: ob nur
       für höhere Löhne oder auch für etwas höhere Rentenbeiträge und damit höhere
       gesetzliche Renten.
       
       In den Niederlanden gibt es eine Garantierente, die unabhängig vom
       Einkommen ist. Wäre das ein Modell für Deutschland? 
       
       Ich will nicht vorschnell ein bestimmtes Modell präferieren. Aber wir
       sollten darüber nachdenken, wie wir die gesetzliche Rente so gestalten,
       dass jeder, der jahrzehntelang eingezahlt hat, eine auskömmliche
       Mindestrente bekommt, die über Hartz IV und der Grundsicherung liegt.
       
       8 Apr 2015
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Herrmann
       
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