# taz.de -- Syrischer Präsident in Washington: Syrische Kurden geraten durch Trump unter Druck
       
       > Die Annäherung zwischen US-Präsident Trump und Ahmet al-Sharaa schwächt
       > die Position der Kurden in Syrien. Ohnehin trauen sie Ahmet al-Sharaa
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Die Kurden erwarten sich wenig vom neuen syrischen Machthaber al Scharaa, auch für die mit ihnen lebenden Binnenvertriebenen
       
       [1][Der Empfang des syrischen Übergangspräsidenten Ahmet al-Sharaa durch
       den Präsidenten der USA am Montag im Weißen Haus] ist wie ein Ritterschlag
       für einen Mann, der noch vor einem Jahr auf den amerikanischen und
       europäischen Terroristen-Listen stand. Das Treffen mit Donald Trump wird
       den vom Milizenführer zum Staatsmann gewandelten al-Sharaa nicht nur
       außenpolitisch alle Türen öffnen, sondern ihm auch innenpolitisch sehr
       nutzen.
       
       Doch die außenpolitische Anerkennung korrespondiert nicht unbedingt damit,
       wie er in Syrien selbst gesehen wird. Die anfängliche Euphorie nach dem
       Sturz des Diktators Baschar al-Assad ist einer erheblichen Skepsis bei
       vielen SyrerInnen gewichen.
       
       [2][Der Grund dafür ist die offenkundige Kluft zwischen al-Sharaas
       Ankündigungen und Versprechen für die Zukunft Syriens und dem, was dann
       tatsächlich passierte]. Statt der Gleichberechtigung für alle SyrerInnen,
       unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrem Glauben und ihrer Ethnie, zeichnet
       sich nach einem Jahr ein männlich dominierter sunnitisch-islamistischer
       autokratischer Staat unter der Führung al-Sharaas ab.
       
       Dank der militärischen Stärke seiner HTS-Miliz erklärte sich al-Sharaa zum
       Übergangspräsidenten und umgab sich mit einer handverlesenen Ministerriege,
       allesamt ehemalige HTS-Kämpfer. Durch Scheinwahlen verschaffte er sich eine
       Legitimität, die nach außen wirkt, aber im Innern nicht glaubwürdig ist.
       
       ## Weit hinter den Erwartungen zurück
       
       Schlimmer aber als diese formalen Fragen waren die Übergriffe seiner
       Milizen auf die alawitische Minderheit im Nordwesten und die drusische
       Minderheit im Süden des Landes. Zwar beteuerte al-Sharaa, die Marodeure
       sollten bestraft werden, doch die Aufarbeitung der Morde blieb weit hinter
       den Erwartungen der Minderheiten zurück.
       
       Das gilt insbesondere für die Kurden in Syrien. Seit dem gemeinsamen Kampf
       mit der US-Armee gegen den Islamischen Staat stehen die syrischen Kurden
       unter dem besonderen Schutz der Amerikaner. So war es jedenfalls bislang –
       insbesondere im Konflikt mit der Türkei, die in der kurdischen Miliz YPG
       lediglich einen Ableger der kurdisch-türkischen PKK sieht. Immer wieder
       haben die Amerikaner sich vor und hinter den Kulissen von türkischen
       Militäroperationen gegen die syrischen Kurden distanziert.
       
       Trump wollte sogar einmal ein Treffen zwischen dem türkischen Präsidenten
       Erdoğan und dem syrischen Kurdenführer Mazloum Abdi arrangieren, was bis
       heute aber nicht zustande kam. Stattdessen traf sich Mazloum Abdi auch auf
       Drängen der US-Armee mehrmals mit Ahmet al-Sharaa.
       
       Syriens Übergangspräsident fordert mit Unterstützung von Erdoğan die
       Auflösung der kurdischen Milizen und deren Eingliederung in die neuen
       syrischen Streitkräfte. Abdi hat zwar bereits im Frühjahr einer
       Vereinbarung zugestimmt, die bis Ende des Jahres die Übernahme der
       kurdischen Milizen durch das neue Verteidigungsministerium in Damaskus
       vorsieht. Doch das Vorgehen gegen die Drusen und Alawiten hat das bislang
       verhindert.
       
       ## Kein Vertrauen mehr
       
       Die Kurden trauen al-Sharaa nicht mehr, sie wollen vorerst die Kontrolle
       über ihre Gebiete behalten. Doch Trump setzt jetzt auf al-Sharaa. Die
       US-Truppenstärke in den kurdischen Gebieten wird halbiert, von 2.000 auf
       1.000 Soldaten. Das schwächt die Verhandlungsposition der Kurden, zumal die
       PKK sich ja mittlerweile gegenüber der türkischen Regierung bereit erklärt
       hat, ihre Waffen niederzulegen.
       
       Erdoğan erwartet das nun auch von den syrischen Kurden und Trump
       unterstützt ihn dabei. Da der Westen, angeführt von den USA, nun voll auf
       al-Sharaa setzt, wird es für die religiösen und ethnischen Minderheiten in
       Syrien immer schwerer, sich ihren Platz im Land zu erkämpfen.
       
       11 Nov 2025
       
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