# taz.de -- Porno im Netz und Jugendschutz: Cock-Block für Pornhub
       
       > Die Landesmedienanstalt NRW will Jugendschutz im Internet konsequenter
       > durchsetzen. Und zur Not Pornowebseiten sperren.
       
 (IMG) Bild: Theoretisch gelten für alle Medien dieselben Jugendschutzgesetze
       
       Berlin taz | Ausweiskontrolle vor dem Masturbieren? Das könnte eine
       Möglichkeit sein, mit der Betreiber:innen von Pornoseiten ihre Plattformen
       vor dem [1][Zugriff durch Minderjährige] schützen. Denn geht es nach Tobias
       Schmid, dem Leiter der Landesmedienanstalt (LMA) Nordrhein-Westfalen, soll
       Minderjährigen der Zugang zu pornographischen Inhalten im Internet in
       Zukunft effektiv verwehrt bleiben.
       
       Theoretisch gelten für alle Medien dieselben Jugendschutzgesetze, egal ob
       Rundfunk, Print oder das Internet. Doch in der Praxis sieht das anders aus
       und genau das will der Medienwächter ändern: „Bei Fernsehsendern
       kontrollieren wir sozusagen jede Ausspielung darauf, dass die Musik nicht
       zu gruselig ist, gleichzeitig kann aber jeder Zwölfjährige jederzeit von
       Kikaninchen auf Pornhub wechseln.“
       
       Private Fernsehsender in die Verantwortung zu nehmen, ist für die
       Aufsichtsbehörden der Länder leicht. Die Sender richten sich eindeutig an
       ein deutsches Publikum, sind in der Regel nur in Deutschland empfangbar und
       sitzen meistens auch noch im Land. Sie fallen also eindeutig in den
       Aufgabenbereich der Medienanstalten und können sich Strafverfolgung im
       Zweifel nur schwer entziehen.
       
       Bei Videoplattformen wie Youtube, Vimeo, aber auch Pornhub und Youporn
       sieht das anders aus. Viele dieser Webseiten sind zwar in deutscher Sprache
       verfügbar und richten sich damit erkennbar an ein deutsches Publikum, der
       Firmensitz liegt aber meist im Ausland und damit außerhalb der Reichweite
       deutscher Behörden.
       
       ## Zugangskontrolle, sonst Sperrung
       
       Schmid sieht dennoch eine Chance, deutsches Recht durchzusetzen. Auf
       Anfrage der taz sagt der LMA-Chef, seine Behörde gehe zur Zeit gegen
       Pornhub und drei weitere der reichweitenstärksten Plattformen für
       pornographische Inhalte vor – um Sie zu zwingen, ihren Content für
       Minderjährige unzugänglich zu machen. Andernfalls droht die
       Aufsichtsbehörde mit Sperrung der Seiten in Deutschland. Geplant sei das
       schon seit ungefähr einem dreiviertel Jahr.
       
       Solche Schritte gegen Plattformen im europäischen Ausland einzuleiten ist
       kompliziert, aber möglich. In Absprache mit den zypriotischen Kolleg:innen
       leitete die Landesmedienanstalt bereits Ende des vergangenen Jahres ein
       Verfahren gegen Pornhub und drei andere Plattformen mit Sitz in Zypern ein.
       
       Eine der Plattformen – welche, das will Schmid aufgrund des laufenden
       Verfahrens nicht sagen – wurde offenbar durch die Kommission für
       Jugendmedienschutz vergangene Woche als jugendgefährdend eingestuft.
       Pornhub und die zwei übrigen Plattformen dürften von der Jugendschutzstelle
       in den kommenden Wochen ebenfalls dazu aufgefordert werden, den
       Jugendschutz effektiv durchzusetzen, oder ihre Plattform abzuschalten.
       
       Falls die Plattformen dieser Aufforderung nicht nachkommen, und auch der
       Host, also der Serverbetreiber die Seiten nicht für deutsche Kunden
       unzugänglich machen will, kündigt Tobias Schmid an, sich direkt an
       Internetanbieter wie Telekom oder Vodafone zu wenden, um eine Sperrung
       durchzusetzen. Ein drastischer Schritt für die Durchsetzung von
       Jugendschutzgesetzen. In der Regel wehren sich Internetanbieter massiv
       gegen solche Zensurvorhaben. Bisher gelang eine solche Sperrung einer
       ganzen Plattform nur in wenigen Fällen. Zum Beispiel bei der
       Streamingplattform Kinox.to oder Boerse.to, einem Forum, auf dem Mitglieder
       illegal beschaffte Software tauschen konnten.
       
       ## Ausweis, Post-Ident, Schufa?
       
       Um das zu verhindern, müssen Webseiten sicherstellen, dass kein:e
       Minderjährige:r Zugriff auf die Inhalte hat. Ein einfaches Klicken auf „Ich
       bin 18!“ reicht als Altersverifikation in Deutschland schon jetzt nicht
       aus. Die Überprüfung der Volljährigkeit der User:innen muss „über
       persönlichen oder vorgelagerten Kontakt erfolgen“, heißt es auf der
       Webseite der Kommission für Jugendmedienschutz.
       
       Das könnte bedeuten: Ausweiskontrolle. Damit man nicht bei jedem
       Pornhub-Besuch seinen Ausweis in die Kamera halten muss, gibt es
       Drittanbieter, die eine solche Verifizierung durchführen können.
       Beispielsweise die Schufa. Liegen bei der Schufa Personaldaten, die
       beispielsweise bei einer Kontoeröffnung gemacht wurden, ist klar: Die
       Person ist volljährig und musste bei der Kontoeröffnung ihren Ausweis
       vorzeigen. Liegen solche Daten nicht vor, bleiben Lösungen wie das
       [2][Post-Ident-Verfahren] der Deutschen Post, bei dem ein:e Mitarbeiter:in
       der deutschen Post persönlich den Ausweis des Kunden oder der Kundin
       kontrolliert und dem Verifikationsanbieter bestätigt, dass die Person
       volljährig ist.
       
       Gleichzeitig muss ein solches Verfahren gewährleisten, dass der Zugang
       nicht an andere Personen weitergegeben werden kann. Entweder durch eine
       Hardwarelösung, etwa einen personalisierten USB-Stick oder dem Anmelden des
       Endgeräts oder indem die Altersverifikation mit einem Zahlungsmittel
       verknüpft wird, um die Weitergabe der Zugangsdaten mit einem Risiko zu
       verbinden.
       
       Sollten derartige Altersverifikationen tatsächlich kommen, dann wären
       [3][VPN-Clients] ein möglicher Weg, sie zu umgehen. Damit kann man einer
       Website vorgaukeln, man greife aus einem Land mit weniger strengen
       Jugendschutzgesetzen auf den Service zu.
       
       ## Nur deutsche Pornos sind ein Problem
       
       Aber auch für die Betreiber:innen könnte es ein Schlupfloch geben. Wenn
       eine Seite nicht mehr in deutscher Übersetzung existiert und nicht mehr
       über eine „.de“-Adresse erreichbar ist, dann ist sie nicht mehr auf den
       deutschen Markt ausgerichtet. Damit wird sie für die Landesmedienanstalten
       uninteressant.
       
       Trotzdem könnte die stringente Durchsetzung des Jugendschutzes im Internet
       weitreichende Folgen haben. Denn die vier Unternehmen, gegen die
       Landesmedienanstalt NRW derzeit vorgeht, sind möglicherweise erst der
       Anfang.
       
       Es sieht so aus, als erprobe die Behörde gerade das Regulierungsverfahren,
       um es danach möglicherweise auf noch mehr Unternehmen anzuwenden. Schmid
       gibt sich entschlossen. „Ob ein Unternehmen groß oder klein ist, in Irland
       oder Deutschland sitzt, ist mir egal“, sagt er. „Solange meine
       Schutzbefohlenen betroffen sind, werden wir tätig. Und wenn es da etwas bei
       Twitter gibt, dann werden wir auch das in den Griff kriegen. Das kann ein,
       zwei Tage dauern, aber das machen wir schon.“
       
       14 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kritik-an-Messengerdienst-WhatsApp/!5501244
 (DIR) [2] /Kommentar-Politik-und-Digitales/!5597167
 (DIR) [3] /Apple-loescht-VPN-Apps-in-China/!5430408
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Patrick Wagner
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jugendschutz
 (DIR) Pornografie
 (DIR) Landesmedienanstalt
 (DIR) Pornhub
 (DIR) Pornografie
 (DIR) Sexualisierte Gewalt
 (DIR) Fernsehen
 (DIR) Porno
 (DIR) Pornofilm
 (DIR) Rezo
 (DIR) WhatsApp
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Erotikmesse Venus in Berlin: Starrende Männer
       
       Die Venus, Deutschlands größte Erotikmesse, ist zurück. Nach zwei Jahren,
       in denen sich die Welt verändert hat. Die Pornoindustrie auch?
       
 (DIR) Sexualisierte Gewalt im Netz: Dutzende Frauen verklagen Pornhub
       
       Viele Menschen sind von digitaler sexualisierter Gewalt betroffen. 34
       Frauen wehren sich nun in den USA – und verklagen dafür eine
       Pornoplattform.
       
 (DIR) Bürgerportal „programmbeschwerde.de“: Kummerkasten für die Flimmerkiste
       
       In Deutschland ärgert man sich gerne übers Fernsehen. Das Portal
       „programmbeschwerde.de“ verzeichnet jährlich mehr Eingänge. Und wo gehen
       die hin?
       
 (DIR) Unfreiwillig intime Fotos im Netz: Wenn die Bilderlawine rollt
       
       Eine Frau entdeckt Nacktfotos von sich auf der Pornoplattform xHamster. Sie
       ist eine von vielen Betroffenen digitaler sexualisierter Gewalt.
       
 (DIR) Pornfilmfestival Berlin: Politischer Porno
       
       Das Pornfilmfestival Berlin ermöglicht schon zum 14. Mal queerfeministische
       Perspektiven auf Fragen von Identität, Moral und Körpernormen.
       
 (DIR) Kommentar Politik und Digitales: Mehr Kompetenz wagen
       
       Vergurkte Social-Media-Strategien sind nicht das Problem. In der Politik
       wären an anderer Stelle Kenntnisse der IT-Technologie aber wichtig.
       
 (DIR) Kritik an Messengerdienst „WhatsApp“: Kinder und Kontrollverlust
       
       WhatsApp erhöht das Mindestalter für die Nutzung auf 16 Jahre. Eltern
       werden trotzdem mit der Verantwortung für ihre Kinder alleingelassen.