# taz.de -- Nach 50 Jahren Laufzeit: Belgien schaltet das AKW Tihange ab
       
       > Mit der Abschaltung des Kernreaktors schließt Belgien ein weiteres
       > Kapitel des Atomausstiegs ab. Die Betreiber setzten sich gegen die
       > Regierung durch.
       
 (IMG) Bild: Neben den Wohnhäusern in Tihange (Belgien): einer der Kühltürme des Kernkraftwerks, das jetzt abgestellt wird
       
       AMSTERDAM taz | Der belgische Kernreaktor Tihange 1 ist mit dem 1. Oktober
       Geschichte. Am späten Dienstagabend wird er nach 50 Jahren vom Netz geholt.
       Nach Aufräumarbeiten wie dem Kühlen des Spaltstoffs und chemischer
       Reinigung soll der Rückbau des Reaktors 2028 beginnen und könnte bis 2040
       dauern, berichtet der öffentlich-rechtliche TV-Sender VRT.
       
       Nach der Schließung des Reaktors Tihange 2 Anfang 2023 behält das an der
       Maas nahe Liège gelegene AKW, knapp 100 Kilometer von Aachen entfernt,
       damit noch einen Reaktor. Tihange 3 hat eine Restlaufzeit bis 2035.
       
       Neben dem [1][AKW in Tihange] verfügt Belgien noch über eine zweite Anlage
       in Doel am Rand des Antwerpener Hafens. Zwei der dortigen vier Reaktoren
       sind bereits abgeschaltet, Ende November soll der dritte folgen. Die
       Abschaltung von Tihange 1 beschließt nun ein weiteres Kapitel in der
       überaus komplexen Geschichte des belgischen Atomausstiegs – zumindest
       vorläufig. Dieser wurde 2003 beschlossen, im Mai dieses Jahres jedoch
       zurückgenommen. Im Zuge der europäischen Energiekrise setzt auch Belgien
       wieder verstärkt auf Atomkraftwerke.
       
       Die zu Jahresbeginn angetretene Fünf-Parteien-Koalition unter dem
       flämisch-nationalistischen Premier Bart De Wever ist eine ausgesprochene
       Befürworterin von Atomenergie und plant neue Kraftwerke. Nicht nur das –
       [2][sie will auch die Restlaufzeiten der beiden verbliebenen Reaktoren
       verlängern] und selbst die abgeschalteten – wie Tihange 1 – wieder in
       Betrieb nehmen. Energieminister Mathieu Bihet vom liberalen Mouvement
       Réformateur (MR) führte noch im September entsprechende Gespräche mit den
       Betreibern Engie und EDF – ohne Erfolg.
       
       ## Weiterbetrieb „wirtschaftlich nicht machbar“
       
       Eine Sprecherin von Engie bestätigte der taz einen Tag vor der Abschaltung,
       man werde Tihange 1 „definitiv vom Netz nehmen“, auch wenn der
       Energieminister „soviel AKWs wie möglich offenhalten“ wolle. Sie betonte
       auch, der Reaktor habe bereits eine zehnjährige Laufzeitverlängerung
       bekommen. Auch die Laufzeit von den Reaktoren in Doel wurde in den
       2010er-Jahren um zehn Jahre verlängert, um Energieknappheit zu verhindern.
       
       Rikkert Wyckmans, Betriebsdirektor in Tihange, sagte der Tageszeitung Het
       Nieuwsblad, Tihange 1 weiterzubetreiben sei wirtschaftlich nicht machbar,
       weil die nötigen Investitionen zu hoch seien. Wegen zwei neuer
       Gaskraftwerke in der Umgebung habe das Hochspannungsnetz zudem keine
       Kapazitäten mehr.
       
       Das langjährige Hin und Her um den belgischen Atomausstieg spiegelt einen
       Diskurs wider, in dem sich erhebliche Bedenken um die Sicherheit der
       veralteten Meiler und die Angst vor einem Blackout gegenüberstanden.
       
       Neben tausenden von Haarrissen in den inzwischen abgeschalteten Reaktoren
       Tihange 2 und Doel 3 sorgten auch die wiederholten Störfälle, weswegen
       immer wieder Reaktoren heruntergefahren wurden, an beiden Standorten für
       große Sorgen bei Bevölkerung und Umweltorganisationen in der gesamten
       Grenzregion. Für den „letzten Atemzug“ von Tihange 1 riefen
       Anti-AKW-Aktivist*innen aus Aachen zu einem Grillabend am
       gegenüberliegenden Maas-Ufer auf.
       
       30 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Tobias Müller
       
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