# taz.de -- Gewalt in Syrien: In Aleppo schweigen die Waffen wieder
       
       > Nach einem Tag sind die Gefechte zwischen den kurdischen Kämpfern und
       > Regierungstruppen wieder beendet. Die Bevölkerung hofft auf die „Sprache
       > des Dialogs“.
       
 (IMG) Bild: Ein Mann im schwer beschädigten Aleppo, aufgenommen im Juni 2025
       
       Beirut taz | „Trotz relativer Ruhe hat die Bevölkerung weiter Angst“, sagt
       Mohamed Amin aus dem [1][Viertel Scheich Maqsoud im syrischen Aleppo] der
       taz am Telefon. In den mehrheitlich kurdischen Vierteln von Aleppo, Scheich
       Maqsoud und Aschrafieh, kämpften in der Nacht auf Dienstag die kurdische
       Kräfte gegen die Regierungstruppen, die dem syrischen Innenministerium
       unterstehen. Seit dem Morgen gibt es eine Waffenruhe.
       
       Die SDF soll laut staatlicher Nachrichtenagentur Sana Mörsergranaten
       eingesetzt haben, wodurch ein Mitglied der staatlichen Sicherheitskräfte
       getötet und drei weitere verletzt wurden, so Sana.
       
       Die SDF wiesen das als falsch zurück. Es seien keine SDF-Kämpfer in den
       Vierteln. Die inneren Sicherheitskräfte (Asayish) hätten sich gemeinsam mit
       der Bevölkerung gegen die Regierungstruppen verteidigt. Die Kämpfe seien
       „eine direkte Folge der Provokationen“ der Regierungstruppen und deren
       Versuche, mit Panzern vorzurücken.
       
       Die Geschichte des Konflikts: Am 1. April hatte ein Komitee der
       Übergangsregierung mit den Zivilräten der SDF [2][ein historisches Abkommen
       unterzeichnet]: Die kurdisch dominierten Milizen sollten in die syrische
       Armee eingegliedert werden, die Viertel durften ihre eigene Polizei
       behalten. Das Innenministerium sollte die bestehenden Checkpoints
       übernehmen. Seitdem kam es zu Spannungen.
       
       Die Sicherheitskräfte der Übergangsregierung entdeckten jüngst einen Tunnel
       von den kurdischen Vierteln zum Viertel al-Sabil – das unter der Kontrolle
       der zentralen Sicherheitskräfte ist. Diese zerstörten den Tunnel. Die Armee
       stellte sich dann entlang der Grenzen der Stadtviertel neu auf, die
       Truppenbewegung beunruhigte die Bewohner*innen.
       
       Am Montag riegelten die Truppen dann die Straßen zwischen den kurdischen
       Vierteln und dem Rest der Stadt weitestgehend ab. „Ein- und Ausgänge zu den
       zwei Vierteln wurden mit Barrieren geschlossen, den Bürgern war es
       verboten, sich im Viertel zu bewegen oder es zu betreten“, erklärt Amin. Er
       ist ehemaliger Bürgermeister des Viertels und Mitglied des politischen Arms
       der SDF, dem sogenannten Demokratischen Rat Syriens (SDC).
       
       Die Bewohner hätten friedlich gegen die Belagerung demonstriert, woraufhin
       die Regierungstruppen mit Tränengas und scharfer Munition reagierten,
       erzählt der ehemalige Bürgermeister. Einige Betroffene seien mit Atemnot
       ins Krankenhaus gebracht worden. Die Situation sei weiter eskaliert und es
       sei zu „direkten Zusammenstößen mit schweren Waffen“ gekommen. Die SDF soll
       Mörsergranaten eingesetzt haben.
       
       ## Wer hat wen angegriffen?
       
       Ein Mitglied der staatlichen Sicherheitskräfte wurde getötet, drei weitere
       verletzt, schreibt die staatliche Nachrichtenagentur Sana. Die
       Rettungsorganisation Weißhelme gab an, dass ein Zivilist getötet und fünf
       weitere verletzt wurden. Mohamed Amin spricht sogar von 50 Verletzten.
       
       Nach Darstellung der Übergangsregierung hätten SDF-Kämpfer Kontrollpunkte
       der Regierung angegriffen, daraufhin seien Truppen entsendet worden. Die
       SDF wiesen das als falsch zurück. Die Kämpfe seien „eine direkte Folge der
       Provokationen“ der Regierungstruppen und deren Versuche, mit Panzern
       vorzurücken.
       
       „Es ist unprofessionell, dass sich Teile der Armee wie Milizen verhalten
       und auf Spannungen mit Milizmethoden reagieren“, schreibt Cédric Labrousse,
       Doktorand mit Schwerpunkt auf Nordostsyrien. „In der Bevölkerung herrscht
       große Angst, [3][dass sich die Massaker an Aleviten und Drusen] auch in
       Aleppo wiederholen könnten – dieses Mal an den Kurden“, sagt Kamal Sido von
       der Gesellschaft für Bedrohte Völker der taz. „In den Stadtvierteln lebten
       mehrere hunderttausend Kurden. Darunter viele, die 2018 illegal durch die
       Türkei aus Afrin vertrieben wurden. „Auch viele Christen, insbesondere
       Armenier, haben in den kurdischen Stadtvierteln Schutz gesucht“, so Sido.
       Er appeliert an die deutsche Politik und Medien, „das islamistische Regime
       in Damaskus nicht zu verharmlosen.“
       
       Mohamed Amin hofft, dass die EU und die arabischen Länder [4][ihre
       Beziehungen zu Syriens Machthabern] nutzen, um die Bevölkerung in Syrien zu
       schützen. „Es besteht die Hoffnung, dass die Sprache des Dialogs die
       Oberhand behält“, so der ehemalige Bürgermeister.
       
       7 Oct 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julia Neumann
       
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