# taz.de -- Hybrider Krieg: Greenpeace warnt vor Schattenflotte
       
       > Putin treibt mit russischer Schattenflotte sein Unwesen auch im
       > Mittelmeer. Italiens Behörden zeigen wenig Aufklärungseifer.
       
 (IMG) Bild: Nach zweimonatiger Untersuchung durfte der Öltanker Eagle S am Sonntag finnisches Gewässer verlassen
       
       Rom taz | Zerstörte Unterwasserkabel für Strom und Telekommunikation,
       havarierte und manövrierunfähige Tanker wie im Januar vor Rügen: [1][Die
       „Schattenflotte“ Russlands] hat in den letzten Monaten traurige Berühmtheit
       erlangt. Fleißig exportieren Dutzende Tanker an den Sanktionen vorbei
       russisches Öl, fleißig sorgen die oft maroden Kähne nicht bloß für Umwelt-,
       sondern offenkundig auch für [2][Sabotagerisiken], wenn ihre Anker über den
       Meeresgrund schleifen und dabei immer wieder Kabel zerstören. Nun warten
       Greenpeace und die für ihren Investigativjournalismus berühmte Sendung
       „Report“ der staatlichen TV-Anstalt RAI mit neuen detaillierten
       Enthüllungen auch im Mittelmeer auf.
       
       Über Monate hinweg wertete das Greenpeace-Team Bewegungsdaten Dutzender
       Tanker aus, überprüfte Schiffs- und Versicherungsregister ebenso wie
       Entladungsoperationen in Häfen wie auch auf offener See, mit einigermaßen
       eindeutigem Befund: Vor Italiens Küste kann die russische Schattenflotte,
       von Behörden nicht groß behelligt, weitgehend ungestört operieren.
       
       Das gilt vorneweg für das Seegebiet vor dem an der ostsizilianischen Küste
       gelegenen Augusta. Dort gehören Öltanker zum Alltag. Augusta ist mit seinen
       Raffinerien ein wichtiger Petrochemie-Standort. Nicht zum Alltag gehören
       jedoch die Dutzenden Tanker, die dort, unmittelbar außerhalb der
       12-Meilen-Zone der italienischen Hoheitsgewässer, sogenannte STS-Transfers
       durchführen, „Ship to Ship“-Öl-Umladungen von einem Tanker auf den anderen,
       deren Ziel es ist, die russische Herkunft des Öls zu verwischen.
       
       Richtig in Schwung kamen diese Transfers im letzten Jahr aus einem
       einfachen Grund. Vorher hatten sie vor allem im Lakonischen Golf vor der
       Südküste des Peloponnes stattgefunden. Doch dann setzte die griechische
       Marine dem Treiben ein Ende. Die STS-Transfers dienen nur einem Zweck, der
       Umgehung der Sanktionen gegen Russland per Verschleierung der Herkunft des
       Öls. Gleich 33 solcher STS-Operationen allein vor Augusta mit 52
       identifizierten Schiffen hat Greenpeace für den Zeitraum Januar bis
       November 2024 festgestellt. Die Umweltorganisation kalkuliert, dass über 5
       Millionen Tonnen Öl umgeladen wurden.
       
       ## Umweltkatastrophen blieben an Italien hängen
       
       Und Greenpeace hat auch die Daten der Schiffe akribisch erhoben. 40 Prozent
       von ihnen fahren unter Flaggen, die sich auf der schwarzen und der grauen
       Liste der Flaggenstaaten befinden, auf jenen Listen also, die auf mangelnde
       Prüf- und Sicherheitsstandards hinweisen. Mehr noch: Auch die vor Italien
       aktiven Fliegenden Holländer sind in der Regel überaltert und
       unterversichert – Umweltkatastrophen blieben dort im Zweifelsfall an den
       italienischen Steuerzahlern hängen.
       
       Hinzu kommen die Sicherheitsrisiken. Der Tanker „Eagle S“ etwa war im
       Februar 2024 beteiligt an einem STS-Transfer vor Augusta. Im Sommer 2024
       wurde an Bord des Schiffs Spionageausrüstung gefunden, „offensichtlich
       russischen und türkischen Ursprungs“, wie Greenpeace festhält. Im Dezember
       wurde die „Eagle S“ von den finnischen Behörden beschlagnahmt, weil sie
       unter dem Verdacht steht, an der Sabotage des Hochspannungskabels EstLink2
       beteiligt gewesen zu sein. Am Sonntag durfte der verdächtige Tanker dann
       Finnland wieder verlassen, nachdem die technischen Untersuchungen
       abgeschlossen waren.
       
       ## Behörden schauen bloß weg
       
       Greenpeace weist darauf hin, dass dieser Tanker vom 14. Januar bis zum 13.
       Februar 2024 ohne Ladung an Bord auch vor Augusta kreuzte, einem auch für
       Spionage interessanten Ort. Dort befindet sich ein Marinearsenal, während
       auf dem Meeresgrund sechs Telekommunikationskabel verlaufen.
       
       Die italienischen Behörden schauen bloß weg – zum Beispiel auch bei
       mindestens viermal erfolgten Entladeaktionen im Hafen von Ravenna, an denen
       von den Sanktionen betroffene Tanker beteiligt waren. Nach geltendem Recht
       hätten diese Entladungen unterbunden werden müssen. Die Behörden lassen
       daneben auch italienische Unternehmen gewähren, die mit Dienstleistungen
       für die Schattenflotte aktiv sind.
       
       ## Kein Versicherungsschutz
       
       Vorneweg: die Schiffsregistrierungsgesellschaft Rina, ein privates
       Unternehmen, in dessen Verwaltungsrat jedoch auch Vertreter des
       italienischen Verkehrsministeriums sitzen. Bei Rina zertifiziert ist zum
       Beispiel der Tanker „MARTA 1“, ein 18 Jahre altes Schiff, das ohne
       hinreichenden Versicherungsschutz unter panamaischer Flagge fährt. Das
       Schiff fuhr im letzten Jahr nie einen Hafen an, sondern lag vor Malta und
       nahm dort regelmäßig Umladeaktionen der russischen Schattenflotte vor,
       unter anderem auch 26 solcher Aktionen vor Augusta.
       
       Italiens Behörden zeigen keinerlei Aufklärungseifer, wenn es um
       Erdölschmuggel mit Libyen geht, der wiederum dazu dient, russisches Öl über
       den südlichen Umweg nach Europa zu importieren.
       
       3 Mar 2025
       
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