# taz.de -- Der Staat und die Ehe: Nicht mehr zeitgemäß
       
       > Der Staat sollte sich aus intimem Lebensbereichen raushalten. Hunderte
       > Normen in unserem Bürgerlichen Gesetzbuch gehören ersatzlos gestrichen.
       
 (IMG) Bild: Sollten wir nicht intensiver darüber nachdenken, ob die Eheschließung insgesamt noch zeitgemäß ist?
       
       Achtung, jetzt wird es unromantisch, aber progressiv: Heiraten ist
       irgendwie „normal“. Tatsächlich haben aber die allermeisten [1][mehr oder
       weniger Verliebten] absolut keine Ahnung, was die Eheschließung als der
       meist wichtigste Vertrag im Leben für rechtliche Auswirkungen hat. Egal, es
       ist normal. Über die rechtlichen Folgen zu Zugewinngemeinschaft, ehelicher
       Wohnung, gesetzlicher Vertretungsmacht füreinander und vieles mehr weiß vor
       dem Standesamt kaum eine der Vertragsparteien Bescheid. Wer eingebürgert
       werden will, muss sich mit deutscher Kultur auskennen, aber wer heiratet,
       muss nicht erfassen, welcher Schritt dadurch gegangen wird.
       
       Sollten wir nicht intensiver darüber nachdenken, ob die Eheschließung
       insgesamt noch zeitgemäß ist? Das Konstrukt stammt aus einer Zeit, in der
       es um die [2][finanzielle Absicherung] oft im Austausch für Hingabe ging,
       aber in der modernen Gesellschaft ist das nicht mehr vorrangig. Als Zeichen
       lebenslanger [3][Liebe und Verbundenheit ist die Ehe auch kaum noch
       geeignet], angesichts von nahezu hälftiger Scheidungsquote.
       
       Vielleicht ist es gerade die rechtliche Bindung, die Druck ausübt. Warum
       überhaupt ein Rechtskonstrukt bestehen muss, ist ohnehin fraglich. Es ist
       doch eigentlich nicht die Aufgabe des Staates, mit einem Vertragstypus in
       intime Lebensbereiche einzuwirken, aber genau das geschieht. Niemand wird
       gezwungen zu heiraten, aber der gesellschaftliche Druck infolge
       gesetzlicher Vorgaben ist faktisch da. Ebenso muss hinterfragt werden,
       warum der Staat im Steuersystem Unverheiratete benachteiligt.
       
       Der Staat sollte sich aus diesem intimen Lebensbereich heraushalten.
       Ersatzlos sollten hunderte Normen in unserem Bürgerlichen Gesetzbuch
       gestrichen werden. Schockiert? Erst wenn in neuen Dimensionen gedacht wird,
       kann sich eine Gesellschaft entfalten, kann das reifen, was Menschen
       (möglicherweise) wirklich ersehnen und nicht nur abschauen, nämlich ein
       individuelles Leben ohne Zwänge, weder staatlich noch gesellschaftlich noch
       monetär.
       
       6 Jun 2023
       
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