# taz.de -- Antisemitismus-Vorwürfe gegen Rapper: BMG stoppt Zusammenarbeit
       
       > Die Bertelsmann Music Group setzt die Kooperation mit Kollegah und Farid
       > Bang aus. Ein halbherziger Einsatz gegen Antisemitismus.
       
 (IMG) Bild: Beim Echo wurden sie nicht nur ausgezeichnet, sondern durften auch performen: Kollegah und Farid Bang
       
       Berlin taz | Vergangene Woche wurden die Rapper Kollegah und Farid Bang für
       ihr Album „Jung Brutal Gutaussehend 3“ in der Kategorie „Hip-Hop
       Urban/National“ mit einem Echo ausgezeichnet. Die Textzeile „Mein Körper
       definierter als von Auschwitzinsassen“ aus dem Song „0815“ löste heftige
       Kritik und eine Debatte über Antisemitismus im Deutschrap aus. Seit dem
       vergeht kein Tag ohne eine Reaktion oder Meldung. [1][Marius
       Müller-Westernhagen gibt seine sieben Echos] zurück! Voelkel zieht sich als
       Sponsor zurück!! Helene Fischer fordert bei Facebook, dass die
       Verantwortlichen die Umsetzung des Echos überdenken!!! Und jetzt das: Die
       Bertelsmann Music Group (BMG) kündigt an, die Zusammenarbeit mit Kollegah
       und Farid Bang vorerst beenden zu wollen.
       
       [2][Gegenüber der FAZ] begründet Vorstandschef Hartwig Masuch die
       Entscheidung des Plattenlabels: „Wir hatten den Vertrag über ein Album.
       Jetzt lassen wir die Aktivitäten ruhen, um die Haltung beider Parteien zu
       besprechen.“ Eine kleine Entschuldigung gab es auch noch hinterher.
       
       Wie ernst es ihnen mit ihrer Entschuldigung ist, zeigt BMG in ihrer
       Äußerung [3][gegenüber Zeit Online]: „Zweifellos haben einige Songtexte auf
       JBG3 viele Menschen zutiefst verletzt. Andererseits waren viele Menschen
       ganz klar nicht so sehr verletzt, insofern, dass es zu einem der
       meistverkauften Alben des vergangenen Jahres in Deutschland wurde.“
       Übersetzt also: Wenn du dich verletzt fühlst, sorry. Wenn nicht, geil, kauf
       das Album! Da bringt auch kein „wir distanzieren uns von jeder Form von
       Antisemitismus“ was.
       
       So halbherzig wie ihre Entschuldigung ist auch ihr Einsatz gegen
       Antisemitismus. Gemeinsam mit „sachverständigen Organisationen“ sollen
       Projekte gegen Antisemitismus umgesetzt werden. Dafür stellt BMG 100.000
       Euro zur Verfügung. 100.000 Euro. Allein in der ersten Woche nach der
       Veröffentlichung von „JBG 3“ wurden die Box-Sets 70.000 mal verkauft – das
       heißt ein Umsatz von 3,5 Millionen Euro in nur sieben Tagen. 2,86 Prozent
       ihres Gewinns aus einer Woche setzt das Tochterunternehmen des deutschen
       Medienkonzern Bertelsmann einmalig für Projekte gegen Antisemitismus ein.
       Wow! In der gleichen Zeit wurde das Album über 38 Millionen mal gestreamt.
       Diese finanziell erfolgreiche Verkaufswoche machte BMG zum umsatzstärksten
       Recordlabel Deutschlands. Und das nur dank Kollegah und Farid Bang.
       
       ## Auch der Vertreiber ist mitverantwortlich
       
       In den Text reingehört hatte damals wohl keiner von BMG. Oder sie dachten,
       solange wir Geld damit machen, sind auch antisemitische Textzeilen für uns
       in Ordnung. Ist ja alles künstlerische Freiheit. Doch wer Musik vertreibt,
       ist auch für die Inhalte mitverantwortlich. BMG als einzigen Sündenbock
       hinzustellen, ist nicht die Lösung. Doch wer ist verantwortlich? Die
       Echo-Jury? Die Hörer*innen? Es sind alle die, die seit Jahren wegsehen und
       erst durch den Echo begreifen, dass Antisemitismus in Deutschland, und zwar
       nicht nur im Rap, zum Alltag gehört.
       
       Das Gute an den täglichen Meldungen und Reaktionen ist dennoch, dass die
       [4][Debatte über Antisemitismus] in der Musik weitergeführt wird. Doch sie
       muss über eine kritische Textzeile hinausgehen und auch Kollegah und Farid
       Bang dürfen dabei nicht als Einzelfall behandelt werden. Denn auch
       erfolgreiche Rapper, wie Haftbefehl oder P.A. Sports, verbreiten in ihrer
       Musik und in Sozialen Medien munter antisemitische Verschwörungstheorien.
       Und auch die aktuellen Vorfälle an Schulen und auf offener Straße gegen
       Jüdin*innen in Berlin zeigen, wie weitreichend das Problem ist.
       
       Es bleibt zu hoffen, dass die aktuelle Debatte Menschen sensibilisiert,
       genauer hinzuhören und hinzusehen. Wie viel Echo-Zurückgaben,
       Plattenlabel-Kündigungen und [5][Entschuldigungen bewirken], muss sich erst
       noch zeigen.
       
       Wie viel ein Ausschluss von der Echo-Verleihung bewirken kann, wird durch
       die [6][umstrittene Rockgruppe Frei.Wild deutlich]. 2013 wurde ihr Nähe zu
       rechtem Gedankengut vorgeworfen und nach Protesten wurde die Nominierung
       für ihr Album zurückgezogen. 2016 wurden sie dann doch in der Kategorie
       „Rock/Alternative National“ ausgezeichnet und in dieser Woche steht sie mit
       ihrem neuen Album auf dem ersten Platz der deutschen MTV-Albumcharts.
       
       20 Apr 2018
       
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