# taz.de -- Olympia – Reiten: Hinternwackeln verboten
       
       > Santana ist nicht im Rhythmus, Dablino viel zu aufgeregt und Grandioso
       > macht seinem Namen alle Ehre. Aber gegen Uthopia, den neuen Totilas, hat
       > keiner eine Chance.
       
 (IMG) Bild: Mensch mit Hut sitzt auf Pferd mit Dutt: Carl Hester auf Uthopia
       
       Die Startbedingungen: Im Reitstadion Greenwich Park hat jedes Sandkorn
       seinen Platz. Im Hintergrund erhebt sich die Skyline Londons,
       Blumengestecke stehen am Rande das Dressurvierecks und aus den Boxen
       plätschert ein klassisches Klavierkonzert.
       
       Die goldene Dressurmedaille ist eigentlich traditionell den Deutschen
       sicher. Mit zwei Ausnahmen hat das deutsche Team seit 1960 alle Olympischen
       Spiele gewonnen. Das wird in diesem Jahr nicht passieren: Die
       Spitzenreiterin Isabel Werth ist nicht dabei, weil ihr Pferd krank ist.
       [1][Spitzenpferd Totilas] ist nicht dabei, weil sein Reiter Matthias Rath
       krank ist. Die, die stattdessen antreten, sind fast alle Olympianeulinge.
       
       Die Entscheidung: Eigentlich warten alle auf den britischen Reiter [2][Carl
       Hester] und sein Pferd Uthopia. Der Hengst, ein bisschen kleiner, aber
       dafür genauso dunkel wie Totilas, trabt galant in das Dressurviereck.
       Frenetischer Applaus. Uthopia, er fliegt beinahe über den Sand. Tütü hier,
       Drehung da et voilà, hoch das Bein. Wo sind deine Flügel, du Elfe?
       
       Da kann keiner mithalten. Die Deutsche Dorothee Schneider auf Diva Royal
       überrascht mit ihrer ersten Olympiakür und wird Dritte. Auf Platz zwei
       trabt Mistral Hojris mit der Britin Laura Bechtolsheimer.
       
       Die Briten liegen damit in der Mannschaftswertung vorn, die restlichen
       deutschen Reiter der Teamwertung treten erst am Freitag an.
       
       Keine Treppchen-Platzierung, dafür aber anerkennenden Applaus bekommt
       Hiroshi Hoketsu. Der Japaner ist mit seinen 71 Jahren der älteste
       Olympiateilnehmer.
       
       Das Drama: Mitten im Turnier ergießt sich der britische Regenvorrat eines
       Jahres über dem Greenwich Park. Der Dänin Kasprzak auf Donnperinon macht
       das nichts aus, sie glänzt. Aber Capital, unter dem Kanadier David Marcus,
       dreht völlig durch: Springt im Viereck, steigt, schnaubt, scheut vor jeder
       Blume, jeder Kamera. Sein Programm wird abgebrochen, Marcus
       disqualifiziert.
       
       Die Schlussfolgerung: Dressurreiten, kurz gefasst, geht so: Mensch mit
       Zylinder und Frack sitzt auf Pferd mit geflochtener Mähne und Fell, das
       fast blendet beim Hinsehen – Glanzshampoo deluxe. Mensch treibt Pferd zu
       Pirouetten nach links und nach rechts, zu Rückwärtsschritten, 15 fliegenden
       Einerwechseln, 9 fliegenden Zweierwechseln. Hinternwackeln verboten, im
       Stand nicht breitbeinig, im Gang den Hals schön gebogen. Und das sollen
       natürliche Pferdebewegungen sein? Jemals ein Pferd gesehen, das auf der
       Wiese von allein und zum Rythmus von Vivaldis „Frühling“ eine Pirouette
       dreht?
       
       Und sonst? Gut, lassen wir die Frage nach der Tierquälerei mal außen vor.
       Dafür ist Reiten eine der wenigen Sportarten bei denen Männer und Frauen
       gemeinsam in einem Team antreten. Gendermäßig: Top!
       
       2 Aug 2012
       
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