# taz.de -- Neues Album Shabazz Palaces "Black Up": Mehr Raum für den Spaceout
       
       > Das Debut-Album des Duos Shabazz Palaces ist so relaxed und elegant wie
       > der Sound der Native Tongues der späten Achtziger - ist aber soundmäßig
       > up to date.
       
 (IMG) Bild: Mehr Beinfreiheit für die Party: Der psychedelische HipHopsound von Shabazz Palaces.
       
       Das Plattencover aus schwarzem Samt. Ein kaum erkennbarer Schriftzug links
       oben, mehr nicht. "Shabazz Palaces Black Up" hat eine ungewöhnlich karge
       Ästhetik für ein HipHop-Album. Noch verstärkt durch mysteriöse
       Bandwurm-Songtitel: "An Echo from the Hosts that profess Infinitum" (Echo
       von den Gastgebern, die die Unendlichkeit erklären) heißt einer. Die Musik
       kommt ohne Umschweife zum Punkt. Sie erinnert daran, dass HipHop weniger
       vom Zutexten handelt und mehr von der Verve am Mikrofon auf der Bühne und
       vom Tanzen davor. HipHop rückt so wieder näher an andere Dancefloor-Stile.
       
       "Clear some space out / so we can spaceout" rappt Palaceer Lazaro, die
       Stimme von Shabazz Palaces. Zusammen mit dem Perkussionisten Tendai Maraire
       kehrt Lazaro den Ballast von HipHop weg, um mehr Beinfreiheit für die Party
       zu erhalten. Shabazz Palaces' Version von HipHop transportiert Haltung,
       Stil und Groove, wie sie schon nicht mehr möglich schienen. "If you talk
       about it, it's a show / If you move about it, it's a go", rappt Lazaro und
       weist auf die Dialektik zwischen Worten und Taten hin.
       
       Mühelos schraubt sich seine nasal schnurrende Stimme durch die Windungen
       der Songs, bleibt zur Not auch mal stumm, bis die Schnarrseiten einer
       Snaredrum rasseln. Die Raps sind weitgehend metaphernlos, auch das braggin'
       and boastin', die machistischen Vorstellungswelten, die HipHop so
       ausrechenbar haben werden lassen, fehlen. Stattdessen finden sich
       elektronische Loops und, wie im schönsten Song "Are You … Can You … Were
       You? (Felt)", echokammernartige Wiederholungen des Satzes "It's a feeling".
       
       "Black Up" ist beim US-Label Sub Pop veröffentlicht. Sub Pop machten einst
       Kurt Cobain und die rockistischen Grungebands bekannt. Die Zeiten ändern
       sich, und mit ihnen die Möglichkeiten, Musik im großen Stil zu verbreiten.
       Sub Pop ist heute wieder ein Indielabel wie am Anfang. Was HipHop bei den
       Multis anbelangt, ist er schon lange zur eintönigen Spielwiese für opulente
       Unterhaltung zementiert, Mainstream-Rapstars wie Kanye West und Jay-Z etwa
       inszenieren sich auf ihrem neuen Album wie Ruhrbarone: sackkraulend,
       siegessicher, aber musikalisch substanzlos, sterbenslangweilig. Bleibt also
       Sub Pop (Subterranean Pop).
       
       ## Umzug in den Popkeller
       
       Wenn man Shabazz Palaces hört, dann hat der Umzug in den Popkeller gut
       getan. Selbst für die milde Verachtung, die sie für den Mainstream übrig
       haben, finden sie Worte: "I can't believe we drove this far / And this is
       who you really are / it cut but it won't leave a scar". Shabazz Palaces
       begreifen HipHop als Bergwerk. Und die elf Songs ihres Debütalbums "Black
       Up" graben sich durch den Schutt der Musikgeschichte, um Drumsamples aus
       dem modalen Jazz ans Tageslicht zu fördern, gleißende Glitch-Elektronik
       Hallfahnen, submarine Bässe, Klangfetzen von Bläsersätzen.
       
       Alle Rohstoffe auseinandergenommen und neu zusammengesetzt und zwar immer
       so, dass die Strophe-Refrain-Strophe-Struktur von HipHop unterminiert wird
       und die Beats durch ihr Zerhacktsein zu kohärenten Rhythmen werden. Die
       Hooklines sind abgespeckt und sie zünden doch. Ein Shabazz-Palaces-Song
       endet immer anders, als er begonnen hat, gerade dadurch klingt er
       unverwechselbar. Den Rest erledigt die elegante Stimme von Rapper Palaceer
       Lazaro.
       
       Zur Lösung des Rätsels gehört, dass es sich bei Lazaro in Wirklichkeit um
       Ishmael "Butterfly" Butler handelt. Manche werden ihn noch von seinem
       ersten Projekt Digable Planets kennen, mit dem er in den neunziger Jahren
       in New York im Fahrwasser der Native Tongues HipHop stärker mit der Boheme
       zusammenbrachte. Die Reinkarnation als HipHop-Forscher ist eine der
       Überraschungen dieses Popsommers und der fett tönende Beweis, dass HipHop
       auch jenseits von kommerziellen Erwägungen eine Daseinsberechtigung hat.
       
       12 Aug 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Julian Weber
       
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