# taz.de -- Konflikt Thailand-Kambodscha: Gegenseitiger Beschuss samt gegenseitiger Vorwürfe
       
       > Der Grenzkonflikt zwischen den südostasiatischen Nachbarn eskaliert
       > wieder. Militärs bringen sich in Stellung, Zivilisten fliehen aus
       > Grenzgebiet.
       
 (IMG) Bild: Aus dem Grenzgebiet sind diese kambodschanischen Familien weiter ins Landesinnere der Provinz Banteay Meanchey evakuiert worden
       
       Im umstrittenen Grenzgebiet zwischen Thailand und Kambodscha wiederholt
       sich seit Sonntagabend eine militärische Eskalation. Zuletzt hatte es hier
       im Juli fünf Tage lang Scharmützel mit mindestens 40 Toten und 270.000
       Evakuierten gegeben. Jetzt sind wieder Zehntausende auf der Flucht, während
       sich die Militärs beider Seiten in Stellung bringen. Der gegenseitige
       Beschuss nimmt zu, begleitet von Vorwürfen, die jeweils andere Seite habe
       zuerst geschossen.
       
       Am Montag und Dienstag griffen thailändische Kampfjets sogar Stellungen in
       Kambodscha an, wie Bangkok selbst bestätigte. Laut Kambodschas
       Ex-Ministerpräsident Hun Sen, der seit Abgabe des Postens an seinen Sohn
       2023 aber die starke Macht im Lande blieb, hätte sich das kambodschanische
       Militär bis Montag zurückgehalten. Erst am Dienstag habe man sich aktiv
       verteidigt. Da schlugen in Thailand Artilleriegeschosse und Mörsergranaten
       ein.
       
       Bis Dienstagabend gab es insgesamt elf Tote. Ein Ende der Eskalation war
       nicht in Sicht. Aufrufe zur Mäßigung durch Malaysias Premier Anwar Ibrahim,
       derzeit Vorsitzender des südostasiatischen Asean-Staatenbundes, blieben
       wirkungslos.
       
       Jüngster Auslöser der Scharmützel waren am Sonntag laut Thailand Schüsse im
       umstrittenen Grenzgebiet, die einen thailändischen Soldat töteten und vier
       verletzten. Laut Kambodscha hätten dagegen Thai-Soldaten das Feuer
       eröffnet.
       
       ## Tödliche Schüsse und Minen
       
       Mitte November hatte die Explosion einer Landmine, die thailändische
       Soldaten tötete, zur Aussetzung des Friedensabkommen vom 26. Oktober durch
       Bangkok geführt. Thailand wirft Kambodscha vor, Minen neu zu verlegen und
       damit gegen Auflagen zu verstoßen.
       
       Die Regierung in Phnom Penh sagt, die Minen stammten vom früheren Konflikt
       mit den Roten Khmer. Diese maoistische Guerillatruppe hatte 1975 in
       Kambodscha die Macht erobert, sie nach ihrer Schreckensherrschaft 1979
       verloren und dann noch jahrelang gegen die Regierung gekämpft.
       
       Der Grenzkonflikt ist viel älter. 1907 hatte Frankreich als Kolonialmacht
       in Indochina, zu dem Kambodscha gehörte, die Grenze zum Königreich Thailand
       kartiert, womit Thailand Probleme hatte. Seitdem sind Teile der mehr als
       800 Kilometer langen Grenze umstritten. Weil es aber jetzt auch Schüsse an
       der südlichen Seegrenze im Golf von Siam gab, mobilisierte Thailand auch
       dort seine Marine.
       
       Von den Waffen und der Zahl der Streitkräfte her ist Thailand weit
       überlegen. Da sein putschfreudiges Militär immer wieder in die Politik
       eingreift und sich großzügig Mittel spendiert, hat es ein Interesse, sich
       als Garant der Souveränität des Landes zu inszenieren. Thailand hat sogar
       einen Flugzeugträger, der meist nur für repräsentative Zwecke benutzt
       wurde.
       
       Kambodschas Militär ist wegen des jahrzehntelangen Bürgerkriegs
       kampferfahrener, hat aber kaum moderne Waffen und so gut wie keine
       Luftwaffe. Der Nationalismus auf beiden Seiten erschwert Kompromisse.
       
       ## Innenpolitische Interessen
       
       Der Konflikt wird auch innenpolitisch instrumentalisiert. Hun Sen wurde
       schon im Sommer vorgeworfen, mit dem Konflikt von den eigenen
       autokratischen Tendenzen ablenken zu wollen.
       
       [1][In Thailand stürzte die damalige Premierministerin sogar über ein
       Telefonat mit Hun Sen]. Der neue [2][Ministerpräsident Anutin Charnvirakul]
       muss bald Neuwahlen ausrufen und könnte sich dabei von Härte gegenüber
       Kambodscha bessere Chancen versprechen.
       
       [3][Im Juli hatten Malaysias Anwar Ibrahim und US-Präsident Donald Trump
       beide Seiten zu einem Waffenstillstand gedrängt] und sie später ein
       Abkommen unterzeichnen lassen. Trump hatte den Konfliktparteien andernfalls
       mit hohen Zöllen gedroht. Das Abkommen ging aber die Konfliktursachen nicht
       an.
       
       Bereits im November verweigerte Thailand Folgetreffen. Danach befragt,
       sagte Premier Anutin jetzt, es sei zu spät: „Ich erinnere mich schon nicht
       mehr daran.“
       
       9 Dec 2025
       
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