# taz.de -- Entführungen in Nigeria: Mehr als 300 Schulkinder in der Nacht gekidnappt
       
       > 300 Schulkinder wurden aus einem katholischen Internat in Nigeria
       > verschleppt, mutmaßlich von Islamisten. Die Regierung ordnet
       > Schulschließungen an.
       
 (IMG) Bild: Habseligkeiten der entführten Kinder liegen auf dem Boden, nachdem bewaffnete Männer Kinder und Angestellte entführt haben
       
       Es ist 2 Uhr in der Früh, als eine Gruppe bewaffneter Männer auf mehr als
       Motorrädern das katholische Internat St. Mary’s School in der
       nigerianischen Ortschaft Papiri im Bundesstaat Niger stürmt. Sie schießen
       auf den Wachmann, stürmen das Gelände und holen sich die schlafenden
       Kinder. 303 Schülerinnen und Schüler sowie zwölf Lehrkräfte, insgesamt 315
       Menschen, sind nach Angaben der Christlichen Vereinigung Nigeria (CAN) bei
       dem Angriff am Freitagmorgen entführt worden. Fast die Hälfte der gesamten
       Schülerschaft.
       
       Es ist eine der größten Massenentführungen, die Nigeria je gesehen hat.
       Erst am Montag waren bei einem ähnlichen Angriff 25 Mädchen aus einer
       Schule im benachbarten Bundesstaat Kebbi entführt worden. Im Bundesstaat
       Kwara wurde eine Kirche angegriffen, wobei zwei Menschen getötet und 38
       weitere entführt wurden.
       
       In Nigeria haben sich Entführungen gegen Lösegeld zu einer regelrechten
       Plage entwickelt. Seit Jahren nehmen vor allem in ländlichen Gebieten die
       Angriffe durch schwer bewaffnete kriminelle Banden und Dschihadisten zu.
       Diese nutzen Lösegeldentführungen als taktisches Mittel, um ihre
       Aktivitäten zu finanzieren.
       
       Mit 315 Verschleppten übersteigt die Zahl der aktuellen Entführungsopfer
       sogar die 276 Schülerinnen, die 2014 bei der berüchtigten Massenentführung
       von Chibok verschleppt wurden. Der Vorfall war traumatisch und prägt
       Nigeria bis heute. Noch immer werden einige der damals von Boko Haram
       entführten Mädchen vermisst. [1][Die „Chibok Girls“] stehen bis heute
       sinnbildlich für Nigerias prekäre Sicherheitslage und die fehlende
       staatliche Kontrolle in weiten Teilen des Nordens.
       
       ## Trump droht Nigerias Regierung erneut
       
       Die angespannte Sicherheitslage erlangte jüngst auch international
       Aufmerksamkeit, als US-Präsident Donald Trump Nigerias Regierung
       [2][vorwarf, einen Genozid an seiner christlichen Bevölkerung zuzulassen].
       Mit der Entführung in Papiri sieht sich Trump nun in seiner Behauptung
       bestätigt.
       
       „Nigeria ist eine Schande“, so der US-Präsident in einem Interview am
       Freitag: „Wir geben Nigeria eine Menge Subventionen. Wir werden damit
       aufhören“. [3][Anfang November drohte Trump gar mit einem Einmarsch in
       NIgeria], um den angeblichen Genozid zu stoppen.
       
       Entgegen der Behauptung, überwiegend Christen seien Opfer von Gewalt, sind
       sich Sicherheitsexperten einig, dass sich die Gewalt nicht gegen eine
       bestimmte Religion richtet. Sowohl Christen als auch Muslime sind von
       Entführungen, Angriffen auf Häuser, Schulen, Kliniken und Gotteshäuser
       betroffen.
       
       Besonders katastrophal ist die Lage im überwiegend muslimischen Norden, zu
       dem auch der Bundesstaat Niger gehört. Als treibende Faktoren hinter der
       Gewalt gelten Ressourcenknappheit, Klimawandel und vor allem Armut, die
       Banditen, aber auch dschihadistischen Gruppen wie Boko Haram und ISWAP
       (Islamischer Staat der Provinz Westafrika) Zulauf verschaffen. Die beiden
       Gruppen sind auch miteinander verfeindet und bekämpfen sich.
       
       ## Schulschließungen in fünf Bundesstaaten Nigerias
       
       Trotz vereinzelter Erfolge bleibt die Sicherheitslage angespannt. Am
       vergangenen Dienstag bestätigte Nigerias Regierung erstmals den Tod eines
       Generals bei Militäroperationen gegen ISWAP im nordostnigerianischen
       Bundesstaat Borno. General Musa Uba sei gekidnappt worden, als seine
       Einheit am 14. November in einen Hinterhalt geriet, und dann getötet
       worden. Zuvor hatte ISWAP dies selbst vermeldet.
       
       In Nigeria sorgt das für immer mehr Frust. Auch, weil eine Verbesserung der
       Sicherheitslage eines der zentralen Versprechen war, mit denen der
       nigerianische Präsident Bola Tinubu 2023 sein Amt antrat. Stattdessen hat
       die Massenentführung in Papiri neue Rekorde gebrochen. Wer dahinter steckt,
       ist bislang immer noch nicht bekannt.
       
       Als Reaktion auf die drei Massenentführungen innerhalb einer Woche sind in
       zehn der 36 Bundesstaaten Nigerias Schulen geschlossen oder mit
       zusätzlichem Sicherheitspersonal ausgestattet worden. Die anhaltenden
       Angriffe auf Schulen würden die Zukunft der Kinder des Landes und sein
       Bildungssystem ernsthaft gefährden, kritisierte die Nationale Nigerianische
       Schülervereinigung am Freitag.
       
       Auch ein im [4][September veröffentlichter UN-Bericht] hatte festgestellt,
       dass vor allem Nigeria von Schulschließungen betroffen sei. Besonders hart
       trifft dies heranwachsende Mädchen: Schulangriffe und langanhaltende
       Schließungen verschärfen demnach bestehende Ungleichheiten, fördern
       Kinderehen und frühe Schwangerschaften. Die Folgen reichen weit über
       verlorene Lernzeit hinaus.
       
       23 Nov 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Entfuehrung-von-Kindern-in-Nigeria/!6001582
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 (DIR) [3] /US-Praesident-droht-Nigeria/!6125962
 (DIR) [4] https://www.unicef.org/wca/press-releases/education-under-crisis-school-closures-nearly-double-five-years-west-and-central
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Helena Kreiensiek
       
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