# taz.de -- Bangladeschs Ex-Premier verurteilt: Dynastie der Unruhen
       
       > Das Todesurteil erreicht Bangladeschs Ex-Premierministerin Sheikh Hasina
       > im Exil. Es ist nicht das erste Mal, dass sie das Land verlassen musste.
       
 (IMG) Bild: Das Lächeln täuscht: Bangladeschs Ex-Premierministerin Sheikh Hasina
       
       Das Sondertribunal ICT in Dhaka hat am Montag Bangladeschs ehemalige
       Premierministerin Sheikh Hasina wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit
       [1][zum Tode verurteilt]. Es ging dabei um die gewaltsame Niederschlagung
       von Studentenprotesten durch ihre Regierung 2024, bei denen laut UN-Angaben
       insgesamt über 1400 Menschen ums Leben kamen. Seit ihrem gewaltsamen Sturz
       Anfang August 2024 hält sich die 78-Jährige allerdings im indischen Exil
       auf.
       
       „Die angeklagte Premierministerin Sheikh Hasina hat durch ihre Anstiftung
       und das Versäumnis, vorbeugende und strafende Maßnahmen zu ergreifen,
       Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen“, erklärte das Gericht in
       ihrer Abwesenheit. Sie habe bei den Protesten 2024 den Einsatz von Drohnen,
       Hubschraubern und scharfer Munition angeordnet. Ihre Verurteilung zum Tode
       löste Beifall im Gerichtssaal aus. Draußen forderten Demonstrierende
       bereits seit dem Morgen die „höchste Strafe“.
       
       Aus dem sicheren Exil bezeichnete sie das Verfahren als politisch motiviert
       und erklärte: „Ich habe keine Angst, meinen Anklägern in einem ordentlichen
       Gericht gegenüberzutreten.“ Laut Anklage war sie für Befehle
       verantwortlich, die zu Verweigerung medizinischer Hilfe, Verletzungen und
       Massentötungen führten – mit dem Ziel, die [2][von Studierenden getragenen
       Proteste] brutal niederzuschlagen.
       
       Das Urteil gegen sie fällt nun wenige Monate vor den vorgezogenen
       Parlamentswahlen im Februar, von denen ihre Awami-Liga ausgeschlossen ist.
       Bereits im Vorfeld wurde befürchtet, dass der Schuldspruch zu neuen Unruhen
       führen könnte. So wurden Sicherheitsvorkehrungen verstärkt, nachdem Hasinas
       Partei zum landesweiten Streik aufgerufen hatte. Bereits zuvor waren in
       Dhaka Sprengsätze detoniert und Fahrzeuge brennend aufgefunden worden.
       
       ## Die Wut sitzt tief
       
       Die Wut auf ihr Regime sitzt tief. Kritiker:innen sprechen von „16
       Jahren der Plünderung“, in denen Eliten Milliarden außer Landes geschafft
       hätten. Im Sondertribunal ging es jedoch in erster Linie um die
       Aufarbeitung der Gewalt. Mitangeklagt war ihr flüchtiger Parteikollege
       Asaduzzaman Khan Kamal, der ebenfalls die Todesstrafe erhielt. Der frühere
       Polizeichef Chowdhury Abdullah al-Mamun gestand als einziger und kam mit
       fünf Jahren Haft davon.
       
       Hasina und ihre Anhänger [3][attackieren das Verfahren als
       „Scheingericht“,] das von einer nicht gewählten Regierung eingerichtet
       worden sei – obwohl das Tribunal unter ihrer eigenen Regierung gegründet
       wurde. Man wolle sie zum „Sündenbock“ machen, um von den Versäumnissen der
       Übergangsregierung abzulenken.
       
       Trotz ihres immer autoritärer werdenden Kurses hatte Hasina vor 2024
       international zahlreiche Anerkennung erfahren. Das Time-Magazin aus den USA
       zählte sie zu den einflussreichsten Menschen der Welt und sie galt als eine
       der wenigen Frauen Asiens mit langjähriger Regierungserfahrung. Sie
       versprach, Bangladesch zu einem Land mit mittlerem Einkommen zu machen,
       förderte den Arbeitsmarktzugang von Frauen und duldete Hunderttausende
       [4][Rohingya-Flüchtlinge im Land].
       
       Ihr harter Führungsstil lässt sich auch aus ihrer Biografie erklären: Nach
       der Ermordung ihres Vaters 1975, des damaligen Präsidenten und
       Premierministers Sheikh Mujibur Rahman, lebte sie sechs Jahre im Exil,
       überstand Attentate und stand mehrfach unter Arrest. 1996 bis 2001 war sie
       das erste Mal Premierministerin, 2009 kehrte sie nach acht Jahren in der
       Opposition an die Macht zurück und blieb bis zu ihrem Sturz – stellte sich
       jedoch taub für die wachsende Unzufriedenheit über ihr repressives System,
       das zunehmend als „[5][Wahlautokratie]“ beschrieben wurde.
       
       Die Übergangsregierung unter Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus hat
       bereits vergeblich versucht, ihre Auslieferung aus dem indischen Exil zu
       erwirken. Zwar gibt es ein Auslieferungsabkommen zwischen den beiden
       Ländern, doch das ermöglicht eine Ablehnung, sofern das Verfahren einen
       politischen Charakter hat.
       
       17 Nov 2025
       
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