# taz.de -- Die Wahrheit: Mein Lambo hat ’nen Platten
       
       > Ergüsse auf drei Split-Screens: Die Bayreuther Wagner-Festspiele 2026
       > stehen ganz im Zeichen der Jugend. Mit dem Babo-Rapper Haftbefehl.
       
       Bayreuth plant die totale Revolution. Bei den nächsten
       Richard-Wagner-Festspielen 2026 soll eine 30-minütige Kurzversion aller
       Opern des deutschen Nationalkomponisten für das jüngere Publikum inszeniert
       werden. Als knackige Gangster-Rap-Show. Schluss mit den ewigen
       Wiederholungen und dem nervigen Gedudel. Stattdessen Wagner to the Core.
       Und das heißt vor allem: Viel Sex, Gewalt, Drogen und viel Ehre, Bro.
       
       „Mein Uropa war ja spitz wie Nachbars Lumpi“, lacht Katharina Wagner, als
       sie den Reporter hinter die Kulissen des Opernhauses führt. Zum Glück seien
       aber alle unehelichen Kinder geheim gehalten worden. Doch in der Kurzoper
       würden die „Bankerte“ selbstverständlich allesamt als Schweinehälften
       allegorisch von der Decke hängen, „wenn Sie verstehen, was ich meine, also
       voll allegorisch und mehr“.
       
       Denn darum gehe es ja bei dieser bahnbrechenden Neuinterpretation, schwelgt
       Festspielleiterin Wagner. „Fleischeslust und Tugend, Schnackseln und
       Schicksal, eine Standortbestimmung des ewig gequälten Germanenschwengels“.
       Als Weiheort höchster nationaler Kunst und Kultur dürfe man sich davor
       nicht verschließen.
       
       „Richard Wagner konnte seine Potenz ja nicht so frei ausleben wie die
       heutige Generation“, führt der Wagner-Kenner und künstlerische Berater
       Ferdinand von Schurch aus. Die Verklemmtheit seiner Zeit habe ihn dazu
       gezwungen, wie ein Wahnsinniger zu sublimieren. Die Resultate seiner
       „Ergüsse“ kenne man ja: „Dreizehn Opern, Gesamtlänge fast sechzig Stunden.“
       
       ## TikTok-Schnipsel
       
       In den Werkstätten wird bereits eifrig gezimmert. Der Rohbau eines
       riesigen, etwa zehn Meter hohen Handydisplays ist schon zu erkennen.
       Wagners Kernthemen sollen darin auf drei Split-Screen-Stockwerken in
       maximal 45-sekündigen Tiktok-Schnipseln monumental-vertikal aufgeführt
       werden.
       
       „Zack-Zack muss das gehen, sonst schlafen mir die Jugendlichen ja gleich
       ein“, ereifert sich die Urenkelin. Doch trotz erheblich verkürzter
       Aufmerksamkeitsspanne, „das Blut, es walle, es brodele, es wüte, walla,
       walla, weiala, weia – als unversiegbarer mythischer Urstrom und in
       unverminderter Heftig- und Heiligkeit durch die deutschen Schwellkörper.“
       Katharina Wagner spricht’s und sinkt ohnmächtig zu Boden.
       
       Der Coup: Als männlichen Hauptdarsteller konnte man den Offenbacher
       Heldenrapper Haftbefehl gewinnen. „Er fand die Idee anfangs zwar total
       schwul“, giggelt die dank einer Cremant-Infusion wiederbelebte
       Wagner-Chefin, man habe ihn aber überzeugen können, dass die
       Bums-Wut-Problematik biodeutscher Cis-Dudes aus besserem Hause von vor über
       150 Jahren gerade auch mit der heutigen, migrantisch geprägten Popkultur
       erstaunliche Schnittmengen aufwiese.
       
       „Wenn das kein gelebter Diversity-Kitsch ist“, kreischt die Hügel-Bossin,
       „dann weiß ich auch nicht mehr.“ Schließlich habe „der Hafti“ dann
       eingelenkt, unter der Bedingung, dass er die Hoheit über die
       Textbearbeitung habe. Auf Anfrage der Wahrheit teilte Haftbefehl mit: „Ich
       habe das ganze Gelaber erst mal ins ChatGPT gefickt. Wofür ist die Scheiße
       denn erfunden worden?“
       
       Erste Proben des neuen Texts wurden schließlich der Wahrheit exklusiv
       zugespielt, inklusive Bruchstücke der Handlung. Als Zwitterwesen spielt
       Haftbefehl zunächst den hodenlosen Klingsor, der sich, um seine
       Ehrenhaftigkeit zur Aufnahme in den Brüderhüter-Clan zu beweisen, selbst
       entmannt hat. Gleichzeitig gibt Haftbefehl den von den übermäßigen
       Koksorgasmen mit der Liebesgöttin ausgelaugten Zuhälter Tannhäuser. Für die
       Nebenrolle der sexpositiven und menopausalen Puffbetreiberin Venus Krawulke
       wurde der offen homosexuelle kurdische Rapper Baran Kok verpflichtet.
       
       Um Klinghäusers fehlende Männlichkeit zu kaschieren, haben ihm die beiden
       bulgarischen Bauschweißer Fasoltov und Faffnov einen Eisenpenis mit
       magischen Kräften geschmiedet, den er aber mit einer Tarnkappe, die er am
       Berliner U-Bahnhof Boddinstraße einem Studenten abgerippt hat, unsichtbar
       machen kann.
       
       ## Schroffe Abfuhr
       
       Klingsor/Tannhäuser ist nun beides: Keusch und superhorny zugleich. Aber er
       strebt nach Höherem. Selbst die dämonisch-sinnliche Hexenfee Kundry
       (ebenfalls Baran Kok) bekommt eine schroffe Abfuhr: „Urteufelin,
       Höllenrose! End-Bitch. Tankstellen-Rose! Furchtbare Not! – Checkst du?
       Ungebändigten Sehnens Pein. / Mein Lambo hat ’nen Platten, schrecklichster
       Triebe Höllendrang, 700 PS und keinen Sprit, den ich zum Todesschweigen mir
       zwang / Mein Viagra ist Fake, lacht und höhnt er nun laut / Jetzt grinst du
       mich an durch dich, des Teufels Braut? / Devils Cunt.“
       
       Klinghäuser beschließt, Popstar zu werden: Dank seiner eunuchalen
       Fistelstimme gewinnt er einen Battle-Rap in Nürnberg. Doch die versprochene
       Sieger-Jungfrau wird ihm im letzten Moment entrissen. Venus Krawulke hatte
       gepetzt, dass der unschuldige „Bronnen“, aus dem Klinghäuser sich so
       lustvoll laben will, in ihrem Etablissement käuflich erworben werden kann.
       Aus Wut erschlägt Klinghäuser mit seinem Eisenpenis die gesamte deutsche
       Rapper-Elite. Anschließend wird der zerrissene Held auf seiner Büßerreise
       in einem vatikanischen Darkroom vom Papst (Florian Silbereisen)
       vergewaltigt.
       
       Man darf gespannt sein, wie dieses 30-Minuten-Drama ausgeht: Wird
       Haftbefehl als Fliegender Oligarch auf einer Geisteryacht für alle Zeiten
       durch die Weltmeere segeln? Oder den verdienten Liebestod durch eine
       Überdosis K.-o.-Tropfen sterben?
       
       „Ich darf noch nichts verraten“, flüstert die Festspielleiterin Katharina
       Wagner. Nur so viel: Es werde eine große Versöhnung geben. Die deutsche
       Männlichkeit werde wie eine Eins hinter Richard Wagner stehen.
       
       6 Dec 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Felix Schwadorf
       
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