# taz.de -- Paypal setzt US-Embargo durch: Bremer Sendesaal tilgt „Kuba“ aus Konzertankündigung
       
       > Wer Konzerte mit kubanischer Musik veranstaltet, muss mit Sperrung des
       > Paypal-Kontos rechnen. Der Konzern setzt rechtswidrig ein Handelsembargo
       > durch.
       
 (IMG) Bild: Mal eben Geld überweisen? Mit Paypal ein politisches Risiko
       
       Am Freitag tritt im Bremer Sendesaal die „mittelamerikanische Sängerin
       Olvido Ruiz Castellano“ auf. So heißt es auf der [1][Website des
       Konzerthauses]. Im gedruckten Programmheft hingegen steht, aus welchem Land
       sie stammt: aus Kuba. Kein Zufall. Vor vier Wochen ist genau dasselbe bei
       einem anderen kubanischen Musiker, der im Sendesaal auftrat, passiert.
       
       Der Grund: das seit 1960 in wechselnder Ausgestaltung bestehende
       [2][US-Handelsembargo gegen den sozialistischen Staat], das den Handel
       zwischen den beiden Ländern stark einschränkt und teilweise ganz verbietet.
       
       Durchgesetzt wird dieses in Europa über den Online-Bezahldienst Paypal, der
       zwar seinen Hauptsitz in den USA hat – die Geschäfte in Europa aber über
       ein Tochterunternehmen in Luxemburg abwickelt. Dennoch behauptet der
       Konzern, „in Deutschland keine Zahlungsdienstleistungen in Bezug auf
       kubanische Waren oder Dienstleistungen erbringen“ zu dürfen.
       
       So hatte Papayl 2016 vor dem Landgericht Dortmund argumentiert, als ein
       Ticketunternehmen erfolgreich auf eine einstweilige Verfügung geklagt
       hatte. Zuvor hatte Paypal diesem das Konto gesperrt, weil es Tickets für
       das Musical „Soy de Cuba“ sowie für Konzerte einer kubanischen Sängerin
       vertrieben hatte.
       
       ## 35 Millionen Paypal-Konten in Deutschland
       
       Die Kontosperrung war rechtswidrig, [3][entschied das Landgericht
       Dortmund]. Zur Begründung schreibt es: „Die [4][Anwendung US-amerikanischer
       Blockadegesetze] in Deutschland verletzt nicht nur geltende
       Handelsprinzipien, sie gefährdet auch die Existenz hiesiger
       Gewerbetreibender und benachteiligt Konsumenten.“
       
       Zudem habe die Europäische Union 1996 eigens eine Verordnung erlassen, um
       europäische Unternehmen und Verbraucher:innen vor „den Auswirkungen der
       extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte zu
       schützen“. Davon abgesehen sei nicht ersichtlich, dass überhaupt mit „Waren
       oder Dienstleistungen aus Kuba“ gehandelt wurde.
       
       Paypal ficht das nicht an. Egal ob es um Zigarren, Musik, [5][Schokolade]
       oder ein Futtermittel („kubanische Asseln“) geht: Bei Geldtransfers mit
       Kuba-Bezug sperrt der Konzern Konten oder verweigert Überweisungen.
       
       2020 hatte [6][netzpolitik.org], ein Online-„Medium für digitale
       Freiheitsrechte“, einen Fall geschildert, bei dem jemand Geld überwiesen
       hatte mit der Betreffzeile „Cuba Libre and more“. Es ging um einen
       Longdrink. Dem Dortmunder Tickethändler, heißt es auf netzpolitik.org,
       hatte Paypal nach dem Urteil das Konto gekündigt.
       
       Umgehen kann man das Problem, indem man kein Paypal nutzt. Für
       Konzertveranstalter ist das schwierig wegen des Quasi-Monopols. 35
       Millionen Paypal-Konten gibt es [7][laut Handelsblatt ] in Deutschland, 32
       Millionen sollen private Nutzer:innen sein.
       
       Die andere Möglichkeit: so zu tun, als habe ein Konzert nichts mit Kuba zu
       tun, also in Ankündigungen jemand zum Beispiel als Mittelamerikanerin
       bezeichnen. Analog wäre etwa [8][Herbert Grönemeyer] ein europäischer
       Musiker. Dabei wäre das vermutlich sogar noch weniger problematisch, weil
       „kubanische Musik“ anders als „deutsche“ oder „dänische Musik“ eine Marke
       ist – und damit ein Verkaufsargument.
       
       Der neue Leiter des Bremer Sendesaals, Marc Niemann, möchte sich nicht zu
       seiner Entscheidung äußern, den Begriff „Kuba“ aus der Ankündigung zu
       tilgen. „Der Sendesaal arbeitet seit vielen Jahren gut und vertrauensvoll
       mit paypal zusammen“, schreibt er in einer Mail, und weiter: „Wir haben
       kein Interesse, mit Ihnen zu diesem Thema ins Gespräch zu kommen und können
       keinen Beitrag zu Ihren Recherchen leisten.“
       
       Die taz hat daraufhin die Elbphilharmonie in Hamburg gefragt, wo regelmäßig
       kubanische Musiker:innen auftreten. Der Pressesprecher des
       Konzerthauses schreibt, es habe bisher keine Probleme mit Paypal gegeben.
       Bewerten möchte er das Verhalten des Zahlungsdienstleisters nicht, weitere
       Fragen lässt er unbeantwortet.
       
       ## Paypal beantwortet keine Nachfragen
       
       Ganz anders reagiert hingegen Kampnagel in Hamburg. Die Pressesprecherin
       der Spielstätte schreibt der taz in einer Mail, auch sie hätten einen
       solchen Fall noch nicht gehabt. Sollte ihnen allerdings ähnliches
       widerfahren wie dem Bremer Sendesaal, würden sie dies „öffentlich
       kommunizieren – und damit versuchen, auf das Verhalten unserer Kund:innen
       Einfluss zu nehmen und sie nach Möglichkeit dazu zu bewegen, diesem
       Provider nicht mehr ihr Vertrauen zu schenken“.
       
       Unklar bleibt, wie es zu dieser Ungleichbehandlung kommt, ob das
       Unternehmen Ausnahmen macht für besonders umsatzstarke Kunden wie die
       Elbphilharmonie oder ob es technische Lösungen gibt. Paypal lässt die
       Fragen der taz von einer PR-Agentur beantworten.
       
       Die mailt: „PayPal nimmt seine regulatorischen und gesetzlichen
       Verpflichtungen sehr ernst und stellt sicher, dass Transaktionen auf
       unserer Plattform mit allen geltenden Gesetzen übereinstimmen.“ Nachfragen
       dazu, inwiefern Paypal die deutsche und europäische Gesetzgebung
       berücksichtigt, werden nicht beantwortet.
       
       30 Oct 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://sendesaal-bremen.de/produkt/marialy-pacheco-olvido-ruiz-alma/
 (DIR) [2] /Aerger-mit-PayPal/!5115197
 (DIR) [3] https://nrwe.justiz.nrw.de/lgs/dortmund/lg_dortmund/j2016/3_O_610_15_Urteil_20160115.html
 (DIR) [4] /Kubas-frustrierte-Jugend/!5917433
 (DIR) [5] https://www.blick.ch/wirtschaft/wegen-us-sanktionen-spruenglis-kuba-schoggi-unterliegt-paypal-verbot-id15674464.html
 (DIR) [6] https://netzpolitik.org/2020/paypal-setzt-us-embargo-gegen-kuba-weltweit-durch/
 (DIR) [7] https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/geld-diese-neuen-paypal-funktionen-kommen-jetzt-nach-deutschland/100126065.html
 (DIR) [8] /Groenemeyer-live/!6116351
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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