# taz.de -- Die Wahrheit: Langsam durch die Dunkelheit
       
       > Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung (229): Fünf
       > bemerkenswerte Haiarten, die meist harmlos ihre Meeresrunden ziehen.
       
 (IMG) Bild: Möchte man nicht im Hellen begegnen: Walhai
       
       Es gibt über 400 Haiarten, hier geht es nur um fünf bemerkenswerte. Das
       Museum für Naturkunde besitzt ein Gebiss des ausgestorbenen Hais „Otodus
       megalodon“. Mit einer geschätzten Maximallänge von 16 bis 20 Metern war er
       die größte Haiart. Er ernährte sich wahrscheinlich von Walen.
       
       Der heute noch lebende größte Hai und weltweit größte Fisch ist der Walhai,
       er wird bis zu 14 Meter lang und ernährt sich von Plankton. Ähnlich wie der
       Riesenhai, der bis zu 10 Meter lang und 4 Tonnen schwer werden kann. Diese
       beiden Haiarten sind ziemlich harmlos. Sie saugen das Wasser – bis zu 6.000
       Liter pro Stunde – an und pressen es durch ihre Kiemen wieder aus, die mit
       einem schwammartigen Filtrierapparat versehen sind, in dem Kleinstlebewesen
       hängen bleiben.
       
       Diese riesigen Fische sind laut Wikipedia „weltweit in fast allen warmen,
       tropischen und subtropischen Gewässern anzutreffen, meist in Gebieten mit
       saisonaler Planktonblüte, in denen planktonreiches kälteres Auftriebswasser
       zu beobachten ist.“ An bestimmten Stelle versammeln sich gelegentlich
       mehrere hundert Walhaie. Die Weibchen können bis zu 300 lebende Junge
       gebären.
       
       „Diese Jungen befinden sich jedoch nicht alle im selben
       Entwicklungsstadium. Vielmehr liegen verschiedene junge und ältere
       embryonale Entwicklungsformen parallel vor. Je weiter sie entwickelt sind,
       desto näher liegen die Jungtiere an der Geburtsöffnung. Wahrscheinlich kann
       das Weibchen die Entwicklung und damit die Geburt über viele Jahre hinweg
       steuern und gebiert nur dann, wenn sie die Überlebenschancen ihrer
       Jungtiere hoch einschätzt“, was vermutlich eng mit dem Nahrungsvorkommen,
       den Strömungen und den Temperaturen des Wassers zusammenhängt. Walhaie
       können bis zu 100 Jahre alt werden.
       
       Noch weitaus älter wird der im Nordatlantik lebende Grönlandhai. Ein
       kürzlich gefangenes Exemplar wurde auf 512 Jahre geschätzt. Es sind die am
       längsten lebenden Wirbeltiere. Grönlandhaie können fast 8 Meter lang werden
       und bis zu 2,5 Tonnen wiegen, sie tauchen in Tiefen bis zu 2.000 Meter. Die
       Tiere sind noch wenig erforscht.
       
       ## Sender
       
       Um Näheres über sie zu erfahren, hat man einige Exemplare mit einem Sender
       versehen, um ihre Wanderwege zu dokumentieren. Bis auf Weiteres nehmen die
       Haiforscher an, dass sie für gewöhnlich in mehreren hundert Metern Tiefe
       langsam herumschwimmen und den Meeresgrund nach herabsinkendem Aas
       absuchen. Sie jagen aber angeblich auch Fische und Robben. Da sie mit gut
       einem Stundenkilometer herumschwimmen und, wenn es darauf ankommt, auf 2,6
       km/h beschleunigen, sind sie mit dieser Höchstgeschwindigkeit allerdings
       nur halb so schnell wie eine Robbe. Ihr „von Langsamkeit geprägter
       Lebensstil scheint aber ein Patentrezept für ein hohes Alter zu sein“,
       vermuten die Forscher.
       
       Im Magen eines Grönlandhais fand man Knochen von einem Eisbär, in einem
       anderen Teile von einem Menschen. Umgekehrt werden sie wohl von Pottwalen
       und Orcas gejagt, heißt es auf Wikipedia. Es sind keine Angriffe von
       Grönlandhaien auf Menschen bekannt, dafür sind sie einfach zu träge, worauf
       schon der lateinische Name Somniosus hindeutet: „der Schlaftrunkene“. Dies
       kann jedoch irreführend sein, weil die wissenschaftlichen Erstbeschreiber
       M. E. Bloch und J. G. Schneider sie in ihrem „Fisch-System“ in die Gattung
       der „Schlafhaie“ einordneten, die neben den Grönlandhaien noch fünf weitere
       Arten beinhaltet. Die Inuit berichten dagegen, dass Grönlandhaie durchaus
       in der Lage sind, ein Kajak anzugreifen – während die Jäger darin
       versuchen, das Tier zu erlegen.
       
       Sein Fleisch ist giftig, man kann laut Wikipedia nur seine große Leber, die
       Haut und die Flossen verwerten. In Grönland und Island wird sein
       getrocknetes Fleisch als Hundefutter verwendet, daneben gilt aber „das
       fermentierte Fleisch unter isländischen Feinschmeckern als besondere,
       streng schmeckende Delikatesse.“ In den Zehnerjahren des 20. Jahrhunderts
       wurden allein in Grönland etwa 32.000 Haie pro Jahr gefangen. Gegenwärtig
       wird der Grönlandhai als Beifang in der Schleppnetz-, Kiemennetz- und
       Reusenfischerei sowie in der privaten Fischerei in der Arktis gefangen.
       Obwohl man noch wenig über ihre Populationsgrößen weiß, stehen Grönlandhaie
       inzwischen auf der Liste gefährdeter Arten. Sie sind lebendgebärend, man
       schätzt, dass sie im Alter von etwa 150 Jahren geschlechtsreif werden.
       
       Grönlandhaie haben eine Besonderheit: Auf ihren Augen sitzen oft kleine
       biolumineszente Ruderfußkrebse Ommatokoita elongata. Man weiß noch nicht,
       ob diese ihnen schaden oder nützen: Paralysieren sie die Augen, sodass die
       Haie erblinden, oder erregen die leuchtenden Krebschen die Aufmerksamkeit
       anderer Tiere und dienen so ihrem Wirtstier als Köder? Möglich wäre sogar
       beides, denn in der dunklen Tiefe, in der die Grönlandhaie sich für
       gewöhnlich aufhalten, nützen ihnen die Augen zur Orientierung und Jagd nur
       wenig, da sind Beutetiere, die ihnen vom Licht angelockt neugierig
       entgegenkommen, durchaus hilfreich. Der Kern der Augenlinsen dient den
       Forschern auch zur Altersbestimmung der Tiere. Von 28 untersuchten
       Grönlandhaien fanden sich bei 2 Exemplaren Spuren der atmosphärischen
       Nukleartests aus den Fünfzigerjahren.
       
       ## Radioaktivität
       
       Bei den nur etwa 2 Meter lang werdenden und mäßig angriffslustigen
       Riffhaien bewirkte die damals bei Nukleartests freigesetzte Radioaktivität
       eine erhöhte Fortpflanzungsrate. Die Unterwasserfilmerin Julia Whitty
       berichtet in ihrem Buch „Riff – Begegnungen mit verborgenen Welten zwischen
       Land und Meer“ (2009) über diese radioaktiven Haie, die am Bikini-Atoll
       leben, wo die Amerikaner ihre ersten Atombomben zündeten und das deswegen
       jahrzehntelang unter Quarantäne stand. Erst 2008 wurde es wieder für
       Tauchtouren geöffnet. „Die größte Attraktion war dabei zunächst die enorme
       Population grauer Riffhaie. Sie waren an Menschen nicht gewöhnt und deshalb
       weniger ängstlich und aggressiver als die Haie vor anderen Südseeinseln.“
       
       Sporttaucher schätzen aggressive Haie, und schon bald konnten die Bewohner
       der Marshallinseln recht gut am Tauchtourismus auf Bikini verdienen. „Dann
       aber trafen Fangflotten aus Taiwan und Hongkong ein, die auf illegale Weise
       die Haie mit Langleinen abfischten, bis nur noch eine Handvoll übrig
       blieb.“ Sie waren bloß an den Flossen interessiert, die bei wohlhabenden
       Chinesen als Delikatesse gelten, der Rest der Tiere wird ins Meer geworfen.
       „Heute bietet Bikini schöne Riffe und eine Nervenkitzel verursachende
       Radioaktivität, womit die Ultramachos angeben können, aber es gibt dort nur
       noch wenige Haie.“
       
       10 Nov 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Helmut Höge
       
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