# taz.de -- Politisches Attentat in der Ukraine: Parlamentarier Andrij Parubij von „Fahrradkurier“ erschossen
       
       > Der ehemalige ukrainische Parlamentspräsident war einer der Anführer der
       > Maidan-Revolution 2013-14. Jetzt fiel er in Lwiw einem Attentat zum
       > Opfer.
       
 (IMG) Bild: Die abgedeckte Leiche von Andrij Parubij auf einer Straße in Lwiw, Samstag
       
       Saporischschja taz | Geduldig ließ der Pizzakurier mit seinem Fahrrad den
       Mann passieren, der gerade aus einem Fitnessclub kam. Doch dann konnte es
       nicht schnell genug gehen. Schnellen Schrittes ging der vermeintliche
       Kurier dem Passanten nach, blieb kurz stehen, zielte mit einer Pistole auf
       ihn und gab mehrere Schüsse ab. Dann verschwand der Mörder wieder auf
       seinem Fahrrad. [1][Videokameras haben die Szene festgehalten]: Der Mord
       geschah in aller Öffentlichkeit.
       
       Der Mord in der westukrainischen Stadt Lwiw am Samstag traf einen Mann, der
       geradezu das Symbol ist für die Veränderungen, die die Ukraine seit Ende
       2013 erlebt hat: Andrij Parubij, Berufspolitiker und Berufsrevolutionär.
       „Wir haben einen Sohn der Ukraine, einen Patrioten, einen echten
       Nationalisten verloren“, klagt Ex-Präsident Petro Poroschenko [2][auf
       seiner Facebook-Seite] über die Ermordung des 54-Jährigen. „Sie sind stets
       ein Patriot der Ukraine geblieben und haben einen großen Beitrag zur
       Entwicklung unseres Staates geleistet (…) Das ist ein tiefer Verlust für
       das Land“, zitiert die Agentur Ukrinform die ukrainische Premierministerin
       Julia Swyrydenko.
       
       Der Einsatz für eine unabhängige Ukraine zieht sich wie ein roter Faden
       durch das Leben Parubijs. Schon 1988 als Jurastudent in der Sowjetunion
       gründete der 1971 außerhalb von Lwiw geborene Parubij die nationalistische
       Organisation „Spadschina“ (Erbe), die patriotische Kinderfreizeiten
       organisierte. Wenig später, so berichtet der ukrainische Dienst von BBC,
       gründete er die radikalnationalistische „Sozial-Nationale Partei der
       Ukraine“, die sich später in „Svoboda“ (Freiheit) umbenannte und mehrere
       Jahre als Fraktion im ukrainischen Parlament vertreten war.
       
       Mit dem Erstarken der [3][Maidan-Revolte] Ende 2013 wurde Parubij zu einem
       der wichtigsten Träger des Aufstands gegen die damalige prorussische
       Regierung. Am 1. Dezember 2013 leitete Parubij das erste Treffen der
       sogenannten „Hundertschaftsführer“ – diejenigen, die für die Verteidigung
       der neu errichteten Barrikaden zum Schutz der Dauerdemonstranten auf dem
       Unabhängigkeitsplatz in Kyjiw verantwortlich waren. Dieses Treffen
       markierte den Beginn der „Selbstverteidigung des Maidan“.
       
       Die paramilitärisch organisierte Maidan-Selbstverteidigung spielte eine
       zentrale Rolle im Verlauf der Proteste gegen das Regime von Präsident
       Wiktor Janukowytsch. Ihre Mitglieder übernahmen den Schutz der Proteste,
       waren Ordnungsdienst. Und sie waren es auch, die an vorderster Front den
       Polizisten gegenüberstanden, mit Baseballschlägern und Stahlhelmen. Nach
       wie vor ungeklärt ist, welche Rolle diese Einheiten bei der [4][Tötung von
       18 Polizisten] in dieser Zeit spielten.
       
       Nach dem Sturz Janukowytschs und dem Sieg der Maidan-Bewegung in der
       Ukraine wurde Parubij zunächst Sekretär des Nationalen Sicherheits- und
       Verteidigungsrates und wenig später Parlamentssprecher. 2019 wurde er auf
       der Liste der „Europäischen Solidarität“ ins Parlament gewählt. Auch dort
       blieb er seiner Haltung treu. Er lehnte die in Minsk geführten
       Verhandlungen der Ukraine mit Russland ab, trat für weitreichende
       Einschränkungen der russischen Sprache ein und rief, so berichtet der
       ukrainische Dienst von BBC, zur Vernichtung des russischen Imperiums auf.
       
       Jetzt wird sein Tod in Russland als „Eliminierung eines Nazis“ gefeiert. Am
       Sonntag war sein Mörder noch auf der Flucht.
       
       31 Aug 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://x.com/RFERL/status/1961807620173414405
 (DIR) [2] https://www.facebook.com/reel/1105412014905089
 (DIR) [3] /10-Jahre-Maidan-Proteste/!5970961
 (DIR) [4] /Gezielte-Schuesse-auf-den-Maidan/!390806/
       
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 (DIR) Bernhard Clasen
       
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