# taz.de -- „Lebenslänglich“ für Attentäter von Solingen
       
       > Vor rund einem Jahr ermordete der Islamist Issa Al Hasan beim Solinger
       > Stadtfest drei Menschen. Das Urteil gegen ihn ist hart. Nach Haftende
       > muss er in Sicherungsverwahrung
       
 (IMG) Bild: Laut Gericht weiterhin gefährlich: Issa Al Hasan, der Täter von Solingen
       
       Aus Düsseldorf Andreas Wyputta 
       
       Im Prozess zu dem Terroranschlag auf das Solinger Stadtfest 2024 hat das
       Oberlandesgericht Düsseldorf den Angeklagten Issa Al Hasan zu lebenslanger
       Haft mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt. Festgestellt
       wurde außerdem die besondere Schwere der Schuld, die der 27-Jährige auf
       sich geladen hat. Damit folgte das Gericht den Anträgen der
       Bundesanwaltschaft und drei Anwält:innen der Nebenklage, die von den
       Opfern des Anschlags beauftragt wurden. Sie hatten ebenfalls die
       Höchststrafe für den Attentäter gefordert.
       
       Issa Al Hasan hatte ausgerechnet beim „Festival der Vielfalt“ zum
       650-jährigen Jubiläum der Stadt Solingen bei Wuppertal am 23. August 2024
       wahllos Menschen angegriffen – offenbar vor allem von hinten durch
       Messerstiche in den Hals. Drei von ihnen starben, acht wurden schwer
       verletzt. Weitere entgingen dem Attentat nur knapp. Unter Vorsitz von
       Richter Winfried van der Grinten sprach der 5. Strafsenat Issa Al Hasan
       deshalb wegen dreifachen Mordes, zehnfachen Mordversuches und wegen seiner
       Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) schuldig.
       
       Dabei war die Beweislage, die Bundesanwalt Jochen Weingarten als Vertreter
       von Generalbundesanwalt Jens Rommel präsentieren konnte, von Anfang an
       erdrückend: Auf Al Hasans zerstörtem Mobiltelefon, dessen Daten
       Polizeibeamte wiederherstellen konnten, fand sich nicht nur ein selbst
       aufgenommenes Video, dass er einem Kontaktmann des IS schickte und in dem
       er einen Treueschwur auf den sogenannten Kalifen der Terrororganisation,
       Abū Hafs al-Hāshimī al-Qurashī, ablegte. DNA-Spuren Al Hasans fanden sich
       auch auf der Tatwaffe, die Bundesanwalt Weingarten als „Tranchiermesser mit
       einer 15 Zentimeter langen Klinge“ beschrieb, ebenso Blut der Angegriffenen
       auf seiner Kleidung.
       
       Der Täter hatte sich selbst schon zu Prozessbeginn schuldig bekannt. Er
       „erwarte und verdiene die lebenslange Freiheitsstrafe“ hatte Issa Al Hasan
       Ende Mai erklärt – und schien sich auf der Anklagebank bewusst klein zu
       machen: Den Blick durchgehend gesenkt, berührte sein Kopf fast die
       Tischplatte. Ganz anders trat der 2022 über die Balkanroute nach
       Deutschland eingereiste Syrer dagegen bei der Urteilsverkündung am Mittwoch
       auf: Issa Al Hasan weigerte sich zunächst nicht nur, dem Gericht durch
       Aufstehen seinen Respekt zu erweisen – fast schien es, als lächele, ja
       grinse er bei der Schilderung der Verletzungen, die er seinen ihm teilweise
       gegenüber sitzenden Opfern zugefügt hatte.
       
       Fraglich schien da nur noch, ob der Mann aus dem zentralsyrischen Deir
       al-Sor tatsächlich zu Sicherheitsverwahrung verurteilt wird, die seine
       Freilassung erst vorsieht, wenn er keine Gefahr mehr für die Öffentlichkeit
       darstellt. Sein Anwalt Daniel Sprafke hatte dies am Tag vor der
       Urteilsverkündung noch abgelehnt – dabei habe sich der Attentäter „über das
       Internet selbst seit 2019 massiv islamistisch radikalisiert“, so Richter
       van der Grinten. Zumindest heute hänge Al Hasan weiter einer
       „islamistisch-radikalen Ideologie“ an. Weitere Taten seien deshalb nicht
       auszuschließen. Aussagen des Angeklagten, er sei vom IS einer Art
       Gehirnwäsche unterzogen worden, wertete das Gericht dagegen als
       Schutzbehauptungen.
       
       Auch der Psychiater Johannes Fuß, der Al Hasan im Auftrag des Gerichts
       untersucht hat, hatte ihm ein hohes Rückfallrisiko bescheinigt, bedingt
       auch durch eine Faszination für Gewalt und einen Mangel an Empathie. Eine
       Einschränkung der Schuldfähigkeit konnte Fuß nicht feststellen – trotz
       eines von ihm attestierten geringen Intelligenzquotienten von nur 71.
       
       Unklar blieb bis Prozessende auch, ob Al Hasan überhaupt ermessen kann,
       welche Folgen seine Gewalt in Solingen auf die Migrationsdebatte in
       Deutschland hatte. Sowohl die Bundes- wie die NRW-Landesregierung hatten
       mit umfangreichen Sicherheitspaketen auf den ersten Anschlag reagiert, zu
       dem sich der IS seit dem Attentat auf den Weihnachtsmarkt am Berliner
       Breitscheidplatz 2016 bekannte. Die Bundesregierung verschärfte das
       Asylrecht deutlich, auch die öffentliche Flüchtlingsdebatte wurde schärfer.
       Im nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigt sich derzeit noch ein
       Untersuchungsausschuss mit dem Anschlag.
       
       11 Sep 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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