# taz.de -- Ländlicher Tourismus in Spanien: Bei den Messerschmieden
       
       > Der Westen Asturiens ist grün, bergig, bodenständig – und hat eine lange
       > handwerkliche Tradition. Die lockt Schmiede aus aller Welt an.
       
 (IMG) Bild: Das Messer weist den Weg: Das Schmiedemuseum in Pardiñas von außen
       
       Dramatische graue Wolkengebirge türmen sich über Taramundi. Dunkle
       Steinhäuser, gedeckt mit Schieferschindeln, prägen den Ort [1][im
       nordspanischen Asturien]. Das Wetter ist typisch für die gebirgige Region,
       die von Flüssen, Bächen und grünen Wäldern geprägt ist. Es sind die vom
       nahe gelegenen Atlantik heraufziehenden Wolken, die sich entladen. Von den
       zahlreichen Pilgern, die entlang der zerklüfteten Küste [2][auf der
       Nordroute des Camino nach Santiago de Compostela] streben, verirrt sich
       hingegen kaum einer hoch in die Hügel nach Taramundi. Hierher kommen vor
       allem spanische Touristen – wegen der handgefertigten Messer, für die der
       Name des Ortes steht.
       
       Es ist eine Tradition, die bis in die Antike zurückreicht, dank der
       Eisenerzvorkommen in der Region und dem ausreichend vorhandenen Wasser,
       dass die Schmieden antreibt. Das handwerkliche Gespür für Metall hat sich
       in Taramundi bis heute erhalten. Wie bei der Familie Quintana, die seit dem
       17. Jahrhundert Messer herstellt. Ihre Werkstatt und das daran
       angeschlossene Museum befinden sich in einem traditionellen Steingebäude im
       Dorf Pardiñas, ganz in der Nähe von Taramundi.
       
       Elvira Rodríguez betreibt den Laden und führt den Besuchern im Museum die
       Funktion des Blaseblags vor. Blasebälge wurden schon im Mittelalter in
       Schmieden benutzt, um die Glut in der Feuerstelle auf die richtige
       Temperatur zu bringen. Dabei wurden sogar wasserradgetriebene Gebläse
       verwendet. Bei ihnen wird das obenliegende Brett des Blasebalgs mittels
       einer Nockenwelle und anliegenden Gewichten angehoben und wieder
       heruntergedrückt. Im Museum demonstriert Elvira Rodríguez den Blasebalg
       aber nicht mit Wasser-, sondern mit Muskelkraft, durch stetes Treten mit
       ihren Füßen. „Besser als Fitness“, sagt sie.
       
       Zu den weiteren erhaltenen Gegenständen zählen Schmiedeeisen,
       Schleifscheiben, Werkbänke sowie Beispiele für Messer und Griffe aus
       unterschiedlichen Materialien in den einzelnen Entstehungsstadien. Besucher
       können aber auch direkt den Handwerkern zuschauen, die in den kleinen
       Werkstatträumen nebenan arbeiten. Sie schnitzen Griffe aus edlen
       Materialien wie Buchsbaum, Ebenholz oder Palisander, schleifen Klingen aus
       hochwertigem Stahl. Die Klingen sind schmal und leicht gebogen.
       
       Auch der etwa 20 Kilometer weiter im Landesinnere gelegene Ort Santa
       Eulalia de Oscos ist ein großes Schaufenster, um traditionelles Handwerk
       live zu sehen. Etwa im Atelier des lokalen Messermachers Jorge Román
       Toquero und der japanischen Metallhandwerkerin Keiko Shimizu. Das Paar
       lernte sich bei einem Messerschmiedekurs in Taramundi lieben. „Wir haben
       seit 2013 die Werkstatt in Santa Eulalia de Oscos. Unsere handgefertigten
       Produkte aus der Schmiede verbinden die Techniken aus Ost und West“, sagt
       Keiko Shimizu und zeigt ihre schönen teuren Messer, hergestellt nach
       asturisch-japanischer Schmiedekunst.
       
       Nicht weit von hier, in Mazonovo, hat sich 2006 Friedrich Bramsteidl,
       „Fritz“ genannt, niedergelassen. Der Nachfahre einer langen Tradition
       österreichischer Schmiede kam eigentlich nur, um sich um die Wartung des
       seit dem 17. Jahrhundert in Betrieb befindlichen Schmiedehammers im
       ethnografischen Komplex von Mazonovo zu kümmern. Doch er blieb und führt
       die Werkstatt weiter, schmiedet dort heute dekorative Metalle und
       alltägliche Utensilien.
       
       Und er zeigt Besuchern das alte Handwerk, erklärt die Funktion der
       hydraulischen Geräte der Anlage, die die Kraft der Bäche und Flüsse nutzen,
       um mittels komplexer Mechanismen riesige und schwere Hämmer – teilweise
       über 500 Kilogramm – zu bewegen. Ihr Zweck besteht darin, Eisenbarren in
       Bleche umzuwandeln, was einst eine große Zeit- und Arbeitsersparnis
       bedeutete.
       
       Mazonovo ist ein hervorragendes Beispiel für die Schmiedeindustrie
       Asturiens und des angrenzenden Galiciens. Die Schmieden und Schlägel wurden
       fast überall aufgegeben, die Wissensvermittlung wurde unterbrochen. Immer
       weniger Menschen beherrschen eines der ältesten Gewerbe der Welt.
       
       Zurück nach Taramundi, das auch ein Urlaubsziel zum Wandern ist. Viele Wege
       führen durch die grüne, hügelige Landschaft im Westen von Asturien, die
       Teil des Biosphärenreservats Río Eo, Osco y Terras de Burón ist. In
       Taramundi selbst gibt es zahlreiche Pensionen, Bars und Geschäfte für die
       Produkte der Region: den Ziegenkäse Cabrales, Chorizo, [3][weiße Bohnen]
       und natürlich die Messer.
       
       Das ehemalige Pfarrhaus des Dorfes, oben am Berg, wurde in ein Landhotel
       namens La Rectoral umgewandelt. Nicht ganz geschmackssicher und überladen
       eingerichtet, hat es inzwischen reichlich Patina angesetzt – aber es bietet
       einen weiten Ausblick auf die Landschaft und das Dorf. Seine Eröffnung vor
       drei Jahrzehnten habe, so erzählt es der ewige Hotelchef Jesus Barrancchea,
       die Geburtsstunde des spanischen Landtourismus markiert: den Versuch,
       Urlauber ins strukturschwache Landesinnere zu bringen, denn das Urlaubsziel
       Spanien war bis dahin fast ausschließlich Sonne, Strand und Meer.
       
       Ruhe, Abgeschiedenheit, kleine Kulturschätze, unbekannte Landschaften und
       traditionelle Küche stehen in krassem Gegensatz zum noch immer boomenden
       Strand- und Sonnentourismus, in den rummeligen, lauten und ausverkauften
       Küstenregionen, wo Touristen bei Einheimischen [4][häufig in Ungnade
       gefallen sind]. Im spanischen Hinterland sind Besucher oftmals gern
       gesehen, stärken sie doch die lokale Wirtschaft durch Übernachtungen und
       den Kauf lokaler Produkte. Englisch, Deutsch oder Französisch spricht man
       allerdings nicht. Besucher brauchen Spanischkenntnisse – oder ein gutes
       Übersetzungsprogramm.
       
       Transparenzhinweis: Diese Recherche wurde unterstützt vom spanischen
       Fremdenverkehrsamt.
       
       12 Oct 2025
       
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