# taz.de -- Influencen gegen rechts: Von den Schlechtesten lernen
       
       > Der Influencer Marcant geht hin, wo es wehtut, um Jugendliche aus
       > rechtsextremen Kreisen herauszuholen. Damit hat er Erfolg auf Social
       > Media.
       
 (IMG) Bild: Marcant voll aktiv für Aufklärung
       
       Bei einer Demo von Rechtsextremen in Berlin steht [1][der Influencer
       Marcant] neben einem Polizeiwagen und spricht mit einem selbsternannten
       Rechtsextremisten.
       
       Der Demoteilnehmer ist in dem kurzen 40-Sekunden-Video verpixelt, er soll
       anonym bleiben, da er noch sehr jung ist und Marcant immer darauf hofft,
       diese [2][Jugendlichen wieder zurückholen zu können]. Der Influencer
       spricht den Jungen auf den Holocaust an, auf die Millionen Toten. „Es gibt
       so Schwarz-Weiß-Beweise“, sagt der junge Rechtsextremist, „dass nur 275.000
       gestorben sind.“
       
       Marcant gibt ihm daraufhin in ruhigem Ton Nachhilfeunterricht. Das Video
       endet mit einem verwirrten Demoteilnehmer, der nur noch sagt: „Mann, weiß
       ich doch nicht.“ Mit solchen Videos erreicht Marcant, der in echt Marc
       heißt, mehrere hunderttausend Zuschauer. Seinen Nachnamen möchte er nicht
       in der Zeitung lesen, zu viele Drohungen von Rechten gibt es schon jetzt.
       Er macht Livestreams auf Twitch, in denen er rechtsextreme Influencer
       widerlegt, und macht lange Youtube-Videos, in denen er auf rechte Demos
       geht oder einen Tisch mitten in Dresden aufstellt, um über ein
       Verbotsverfahren gegen die AfD zu diskutieren.
       
       In nur sechs Monaten ist Marcant damit sehr schnell sehr erfolgreich
       geworden. Auf Youtube hat er 136.000 Follower, auf Tiktok über 50.000, und
       viele seiner Videos dort erreichen immer wieder über 300.000 Aufrufe. Er
       richtet sich spezifisch auch an junge Menschen, die ins rechte Lager
       abgerutscht sind, und möchte „Denkanstöße da lassen“, damit sich Nutzer und
       Gesprächspartner „überdenken“, sagt er in einem Gespräch mit der taz.
       
       ## Aus dem Sumpf rauskommen
       
       Dass er damit Erfolg hat, zeigt das Beispiel zu Beginn dieses Textes.
       Wenige Wochen nachdem das Video veröffentlicht wurde, habe sich der
       Demoteilnehmer bei Marc gemeldet. Seine Freunde und die Schulleitung haben
       von dem Video erfahren und der junge Mann wurde zur Schulpsychologin
       geschickt. Laut Marc habe das dazu geführt, „dass er es gecheckt hat. Er
       ist tatsächlich da aus dem Sumpf rausgekommen und hat sich dann bei mir
       bedankt.“
       
       Das sei, was den Influencer motiviere. Wenn er rechte Jugendliche dazu
       bringen könne, zu zweifeln. Um diese Menschen zu erreichen, hat Marcant
       seine rechten Gegenspieler auf Social Media analysiert. Über einen
       bekannten rechtsextremen Influencer sagt Marc der taz: „Der hat mich
       inspiriert, weil der extrem gut ist. Nicht in seinem Inhalt, sondern in
       seiner Machart: seine Cuts, seine Kameraführung, der Aufbau, Titel.“ Das
       müsse auch von progressiver, demokratischer Seite funktionieren, dachte
       sich Marc und stellt seitdem rechter, sehr gut produzierter Hetze eine
       linke, sehr gut produzierte Sichtweise gegenüber. Paula Nitschke
       [3][forscht seit einigen Jahren an der Universität Augsburg] zu politischen
       Influencern und erkennt in den Videos von Marcant, „dass er sich ganz gut
       mit den Plattformlogiken auskennt“. In seiner Strategie sieht sie „ein
       Einstehen für demokratische Grundwerte“. Und das ist auch bitter nötig,
       sagt die Forscherin, denn die „Demokratie im Netz steht unter Druck“.
       
       Auf rechter Seite gibt es täglich neue Accounts, die rechte Ideologie, Hass
       und Hetze verbreiten, „auf linker Seite ist das wirklich ein Witz dagegen“,
       sagt Marc. Er und Paula Nitschke sehen deshalb die Notwendigkeit von mehr
       demokratiefördernden Inhalten im Internet. Nitschke nimmt dabei die
       etablierten Medien in die Verantwortung, aber ebenso demokratische
       Influencer müssten mehr Raum einnehmen.
       
       Auch dazu hat sich Marcant Gedanken gemacht und nutzt eine Strategie, die
       Frauenhasser Andrew Tate berühmt gemacht hat: Er erlaubt seinen Zuschauern,
       seine gesamten Inhalte von Youtube und Twitch auf Plattformen wie Tiktok
       oder Instagram eigenständig weiterzuverbreiten. Sie machen also eigene
       Accounts, posten Videos von Marcant und nehmen damit den Rechten den
       digitalen Raum weg. Allein diese Videos hatten „in den letzten vier Monaten
       25 Millionen Aufrufe auf Tiktok“.
       
       24 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/channel/UCMbiTMFu2Sm06aiKbxQ3ibg
 (DIR) [2] /Social-Media-im-Wahlkampf/!6088733
 (DIR) [3] https://www.uni-augsburg.de/de/fakultaet/philsoz/fakultat/mediareality/team/dr-paula-nitschke/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marc Tawadrous
       
       ## TAGS
       
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