# taz.de -- Botanischer Garten in Berlin: Die Ruhe vor dem Stunk
       
       > Im Botanischen Garten steht ein Titanwurz. Öffnet er seine Blüten, riecht
       > es bestialisch. Noch stinkt nichts. Die Antizipation vor Ort ist aber
       > riesig.
       
 (IMG) Bild: Everbody's darling: Amorphophallus titanum im Botanischen Garten Berlin (noch nicht blühend und somit auch noch nicht stinkend)
       
       Berlin taz | „Noch drei Tage, dann stinkt es nach Aas“, brüllt ein etwa
       siebenjähriger Junge durch das große Tropenhaus des [1][Botanischen
       Gartens]. Kein Satz, der mit so gigantischer Vorfreude verkündet werden
       sollte, dass sich dabei die eigene Stimme überschlägt. Doch hat er damit
       wohl recht. In wenigen Tage wird hier der sogenannte Titanenwurz (Wortspiel
       mit Gestank bitte selber ausdenken) seine Blüten öffnen.
       
       Dabei entsteht ein bestialischer Aasgeruch, der in der Natur Fliegen
       anlocken soll, die ihre Eierlarven in den Kelch der Blüte legen. Meistens
       bevorzugen Fliegen dafür nämlich Tierkadaver. Doch der Gestank ist keine
       Todesfalle: Die Pflanze frisst die Fliegen nicht, sondern benutzt sie
       stattdessen als Pollentaxi zur Bestäubung anderer Pflanzen.
       
       Am Donnerstag trägt der Titanwurz noch vollständig geschlossene Blüten. Mit
       ihren aktuell 2,29 Metern Höhe und dem spitz zulaufenden grünen Blütenkelch
       ähnelt die Pflanze eher einem Einrichtungsgegenstand aus dem
       Designersegment der Ikea-für-Yuppies-Kette Manufactum, als einer
       Stinkbombe, die in naher Zukunft platzen wird.
       
       Wenige Tage vor dem möglichen Stinke-Start beherrscht viele
       Besucher:innen freudige Erwartung: „Look! It's gonna smell like shit!“,
       freut sich ein amerikanischer Tourist mit seiner Begleitung über die
       Infotafel neben dem Titanwurz.
       
       ## Attraktiver Blütenstart
       
       Die Tafel ist geheimnisvoll unpräzise: „Gärtner des Botanischen Gartens
       nehmen an, dass sich der attraktive Blütenstart vielleicht in der ersten
       Juliwoche öffnen wird – oder früher oder später“, steht da. In diesem Jahr
       sei schon Anfang kommender Woche damit zu rechnen, teilt der Botanische
       Garten der taz mit.
       
       Weiterhin lässt sich dem Begleittext entnehmen, dass das Leben der
       Titanwurz-Blume fast ausschließlich aus Stinken und Pausemachen besteht:
       „Nachdem das große Laubblatt wieder eingezogen wird, macht die Knolle des
       Titanwurz eine Ruhepause“.
       
       Auch die Teilnehmerinnen eines botanischen Zeichenkurses umringen den
       riesigen Blumentopf und pinseln eifrig den Blütenverlauf ab. Normalerweise
       hätten sie immer jemanden „pflanzenkundigen“ dabei, sagt eine der
       Hobbyzeichnerinnen. Heute aber nicht.
       
       Dennoch quittieren sie die Frage, ob die Pflanze sich mit ihrem Aasgeruch
       nicht auch zur Zielscheibe für Geier mache, selbstbewusst mit: „Das ist
       totaler Quatsch!“ Für besseren Bildungsinput sorgt da eine weitere
       Besucherin, die lautstark den Wikipedia-Artikel des Titanwurz vorliest. „In
       Essen soll es ja letzte Woche schon gestunken haben“, verkündet sie.
       
       Anm. der Red.: In einer früheren Version konnte der Eindruck erweckt
       werden, Mitarbeiter:innen des Botanischen Gartens wollten sich nicht
       äußern. Das beruhte auf einem Missverständnis. Wir haben die Passage
       korrigiert.
       
       27 Jun 2025
       
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       ## AUTOREN
       
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