# taz.de -- Favoriten-Duell bei der Fußball-EM: Wunderbar und schlau
       
       > Bei 2:1 gegen England zeigt das französische Team Kreativität und Biss.
       > Der Neuaufbau könnte schon bei diesem Turnier Früchte tragen.
       
 (IMG) Bild: Winke, winke! Frankreichs Marie-Antoinette Katoto nach ihrem Tor Foto: reuters
       
       Zürich taz | Wer im Züricher Letzigrund nach gut einer Stunde Spielzeit
       immer noch nicht verstanden hatte, wie gut dieses französische Team
       aufgestellt ist, der bekam es von Trainer Laurent Bonadei noch einmal unter
       die Nase gerieben. Er tauschte sein komplettes Sturmtrio, das mit
       zunehmender Dauer immer bezaubernder aufspielte, in der 62. Minute einfach
       aus. In einer Partie, die sich manche vorab schon als Endspielpaarung
       dieses Turniers hätten vorstellen können und die trotz einer verdienten
       2:0-Führung noch lange nicht entschieden war. In einer Partie gegen [1][die
       Titelverteidigerinnen aus England], deren Ausgang von großer Bedeutung war,
       weil in der Gruppe auch noch gegen die starken Niederländerinnen Punkte
       erstritten werden müssen.
       
       Die später zur Spielerin des Spiels gekürte Delphine Cascarino sowie die
       beiden Torschützinnen Marie Antoinette Katoto und Sandy Baltimore mussten
       raus. Aber es wäre wohl kaum jemand auf die Idee gekommen, Bonadei
       Leichtsinn zu unterstellen. Denn mit Clara Mateo betrat ja die beste
       Vollstreckerin der französischen Liga den Rasen. Und die pfeilschnelle
       Kadidiatou Diani hatten nicht wenige sowieso in der Startelf erwartet.
       
       Es grenzte fast schon ein wenig an Protzerei, wie Laurent Bonadei später
       über seine vielfältigen Möglichkeiten, ein Team aufzustellen, referierte.
       Seine Spielerinnen seien schnell, stark und sehr vielseitig. Eine jede
       könne das Spiel verändern. „Ich will gar keinen Stil haben“, erklärte er.
       „Im nächsten Spiel kann die Mannschaft anders aussehen.“
       
       Mit Verweis auf die nächste Weltmeisterinnenschaft hat Bonadei sein Team
       stark verjüngt, aber am Samstagabend drängte sich der Eindruck auf, dieses
       Team kann bereits bei diesem Turnier viel erreichen. Beeindruckend war etwa
       die Präsenz der erst 21-jährigen Alice Sombath im Abwehrzentrum, die nun
       den Job von [2][Wendie Renard, der kurz vor der EM ausgebooteten Ikone des
       Nationalteams], mit einer verblüffenden Selbstverständlichkeit und Klasse
       ausübt. „Sie hat wunderbar gespielt“, schwärmte Bonadei. „Sie ist sehr
       schlau und ermöglicht uns, unter Druck sauber zu spielen.“ Lobeshymnen
       hätte er aber ebenso auf Selma Bacha (24) und Baltimore (25) anstimmen
       können, die auf der linken Seite für viel Wirbel sorgten.
       
       ## Penetrantes Pressing
       
       Die 28-jährige Cascarino wiederum ist unversehens zu einer Sprecherin der
       Erfahrenen im Kader geworden. „Wir haben so junge Spielerinnen, aber die
       haben sehr gut reagiert“, erklärte sie mit Blick auf die etwas schwierige
       Anfangsphase, in der England das gefährlichere Team war und aus einer
       hauchdünnen Abseitsstellung gar den vermeintlichen Führungstreffer erzielt
       hatte. „Etwas Angst“ sei in der Anfangsphase dabei gewesen, räumte
       Cascarino ein.
       
       Doch gerade der größte Schreckmoment markierte eine Art Wendepunkt. Das
       französische Team übernahm die Spielkontrolle. Nicht durch viel Ballbesitz,
       sondern durch ein penetrantes Pressing, das England den Spielaufbau
       erschwerte.
       
       Cascarino und Baltimore ließen mit ihren Sprintqualitäten immer häufiger
       die englischen Außenverteidigerinnen extrem langsam aussehen. Gerade im
       Falle von Lucy Bronze mit ihren fraglosen großen Verdiensten für das
       Nationalteam wird sich eine verstärkte Debatte um deren Ablösung wohl kaum
       abwenden lassen. Bei dem wunderschönen Dribbling und Treffer von Baltimore
       zum 2:0 wurde sie unfreiwillig gar noch zur Vorlagengeberin.
       
       Der wilden Phase am Schluss nach dem englischen Anschlusstreffer von Keira
       Walsh (87. Minute), als plötzlich gar ein Remis wieder möglich war, konnte
       Trainer Laurent Bonadei im Angesicht des guten Ausgangs auch etwas
       abgewinnen. Die Spielerinnen hätten die Erfahrung gemacht, solch eine Phase
       ohne Gegentreffer überstehen zu können. Das stärke das Selbstbewusstsein.
       Und Bonadei hat ein paar Minuten Videomaterial dazubekommen, was noch
       besser werden muss. Es ist davon auszugehen, dass es von den Französinnen
       [3][bei dieser EM] noch einiges zu sehen gibt.
       
       6 Jul 2025
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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