# taz.de -- Neue Marketing-Chefin beim THW Kiel: Handball mit QR-Codes und VR-Brille
       
       > Die ehemalige Unternehmensberaterin Alisa Türck will den THW Kiel fit
       > machen für das Sportgeschäft: Es geht um Aufmerksamkeit, Kundenbindung
       > und Geld.
       
 (IMG) Bild: Hat nicht lange gezögert: Alisa Türck
       
       Hamburg taz | Mit einem Missverständnis räumt Alisa Türck gleich mal auf:
       „Die Wunderino-Arena ist nicht immer ausverkauft. Auch wenn das viele
       denken. Es geht selbst in Kiel nicht mehr von allein.“ Etwa 400 Karten
       blieben für jedes Bundesliga-Spiel des THW übrig. Gern sähe Türck hier ein
       junges Publikum. Deshalb wirbt sie im studentischen Umfeld mit
       Spielplakaten mit einem QR-Code, der auf die Website führt. Dazu ein
       Begrüßungsangebot: Ticket plus Freigetränk.
       
       Alisa Türck will leere Ränge nicht hinnehmen. Ihre Positionierung sorgte im
       vergangenen Sommer für Aufsehen, denn zum einen war der THW Kiel der erste
       Verein, der überhaupt eine Geschäftsführerin für die Felder Marketing,
       Vertrieb, Markenentwicklung und Digitalisierung einstellte. Zum anderen
       sind Frauen an der Spitze von Handball-Klubs rar – wobei Alisa Türck die
       Gleichberechtigung im Gespräch allenfalls streift; sie will dem nicht zu
       viel Bedeutung beimessen.
       
       Dabei strahlt sie aus, dass es gleichgültig sei, wer das weite Feld der
       [1][Digitalisierung] anpacke. Sie sagt: „Die gesamte Sportindustrie steht
       im Wettbewerb mit anderen Unterhaltungsbranchen. Ich möchte hier die
       Erfahrung von 25 Jahren Digitalisierung einbringen.“ Passend trägt sie
       einen THW-Anstecker am dunklen Business-Outfit.
       
       Eines ihrer Ziele: Sie will Ticketing, Fan-Shop und [2][Website]
       zusammenbringen, Stichwort: Customer-Experience. Es soll ein Angebot aus
       einer Hand werden. Mit nur einer Anmeldung sollen die Kundinnen und Kunden
       in die große, weite THW-Welt eintauchen – und einkaufen. Dazu könnte zur
       Kundenbindung eine online-Ansprache vom Trainer oder von Spielern zum
       Geburtstag kommen. Digitale Prozesse sollen kommerzialisiert werden.
       
       Aber erst mal muss der [3][THW Kiel] seine Kundinnen und Kunden
       identifizieren, denn es liegen keine zusammengefassten Daten vor. Immerhin
       gibt es seit Ende Februar einen Whatsapp-Kanal im kostenfreien Abo für
       Interessierte; von der Plattform X hat sich der THW verabschiedet. Dafür
       kommt das Format „Coaches Corner“ mit einer Ansprache Filip Jichas an die
       Fans auf Facebook gut an. Zuletzt sorgte Alisa Türck mit der Idee einer
       VR-Brille während der Spiele für Aufsehen – 360 Grad Handball. Die ersten
       Testpersonen waren begeistert.
       
       Gleicht man Türcks Ansätze und Ideen mit denen der Konkurrenz ab, wird
       deutlich, dass sich auch Klubs wie die Rhein-Neckar Löwen auf den Weg
       gemacht haben, während viele andere mit der Digitalisierung gerade erst
       anfangen. „Das Thema Digitalisierung ist nicht Frage der Woman- oder
       Manpower, sondern der eigenen Einstellung“, sagt Frank Bohmann, der
       Geschäftsführer der [4][Handball-Bundesliga] (HBL). „Es geht erst mal nicht
       um die Masse an Projekten, sondern darum, überhaupt anzufangen.“
       
       Der langjährige Liga-Chef sieht vieles ähnlich wie Türck. Im Wettkampf mit
       Eishockey, Basketball und der [5][in den deutschen Markt drängenden
       National Football League] der USA gehe es um „Wachsen oder Weichen“.
       
       Deshalb findet Bohmann, die Vereine der ersten Bundesliga müssten ihre
       Umsätze verdoppeln. Nicht durch die Eintrittskarten, denn die meisten
       Hallen sind schon sehr gut gefüllt, während die Medienrechte wenig Erlös
       bringen. Also gehe es um das Sponsoring, das aktuell nur etwa 20 Prozent
       der Gesamtetats ausmacht.
       
       ## Aus der Handballblase raus
       
       Neuen Sponsoren können die Vertriebler der Klubs dank des TV-Partners „Dyn“
       und seiner Formate ein größeres Publikum anbieten als zuvor, aber oft nicht
       genug: „Wir müssen aus der Handballblase raus und Leute erreichen, die
       bisher für Handball kein Geld ausgegeben haben“, sagt Bohmann.
       
       Durch ihren Mann, den Moderator Andreas Türck, der lange Handball spielte,
       kommt Alisa Türck selbst aus dieser Blase – auch der gemeinsame Sohn ist
       Handballer. Als sie die Anfrage des THW-Aufsichtsratschefs Marc Weinstock
       erreichte, zögerte sie nicht lange. Seit einem Jahr sitzt die vormalige
       Unternehmensberaterin in Sachen Digitalisierung nun in Altenholz und steckt
       mittendrin in der Modernisierung des Klubs mit seinen 20 Angestellten im
       Backoffice.
       
       Dabei geht es häufig um mehr Umsatz, also mehr als die 13 Millionen Euro,
       die der THW pro Geschäftsjahr erlöst. Das Versprechen, durch einen höheren
       Grad an Digitalisierung mehr umzusetzen, erleichtert ihr die Durchsetzung
       ihrer Argumente, die manchmal simpel sind: Wer mehr für
       Merchandising-Produkte wirbt, nimmt auch mehr ein.
       
       ## Spielerbesuche in den Logen
       
       Oft kommt es dabei zu Budgetkonkurrenz. Wenn die sportlichen Interessen mit
       den unternehmerischen wettstreiten – könnte man nicht lieber einen sechsten
       Rückraumspieler kaufen statt das Geld für Digitalisierung auszugeben? Alisa
       Türck stößt hier meist auf offene Ohren, wie auch auf einem anderen Feld.
       
       Frank Bohmann sagt, dass die Nahbarkeit der Profis das größte Pfund des
       Handballs sei. Dem stimmt Alisa Türck zu, hätte aber gern mehr „Zugriff“
       auf sie: Spielerbesuche in den Logen, Autogrammstunden, Talkformate,
       Webinare, das Bespielen eigener Kanäle mit exklusivem Inhalt.
       
       Wichtig ist ihr dabei, die ganze Mannschaft abzubilden, nicht nur die
       smarten Lieblinge wie Rune Dahmke. „Wenn am Sonntag ein Spieler in einer
       Loge war, redet am Montag der ganze Betrieb davon“, sagt Türck. Das ist
       wenig digital, vielmehr sehr handfest. Handball eben.
       
       16 Jun 2025
       
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       ## AUTOREN
       
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