# taz.de -- Die Wahrheit: Malle für alle
       
       > Wenn schon nicht auf das dörfliche Schützenfest, dann geht es wenigstens
       > auf die Spaßinsel im Mittelmeer, wo alles erstaunlicherweise ganz anders
       > ist.
       
       Alles begann beim Schützenfest, als „Hölle-Hölle-Hölle“ abgelöst wurde von
       „Shalala und scheißegal! Malle ist nur einmal im Jahr!“ Meine Mitdörfler
       schienen also einmal im Jahr Leben und Spaß zu haben, im Mittelmeer.
       Vielleicht haben sie sogar zweimal Vergnügen, wenn man das Schützenfest
       dazurechnet, wo ich nie bin, aber die Musik hört man trotzdem. Urlaub
       nehmen sie sich jedenfalls zu beiden Gelegenheiten.
       
       Das alles ging bisher an mir beinahe komplett vorbei. Ja, ich war vor 30
       Jahren auch mal auf Mallorca, mit Hotelanimation und Schlacht am
       Frühstücksbuffet sowie ausreichenden Mengen an Alkohol und Sand. Lustige
       kleine wahnsinnig alte Britinnen purzelten auf der Tanzfläche durcheinander
       und tanzten „Macarena“, was ich zuvor noch nie gesehen und immer für eine
       Eissorte gehalten hatte. Oder einen Fußballspieler, ist ja auch egal. Sie
       tanzten also wie Fußballer, die eine Eissorte darstellen, und wirkten
       entspannt und glücklich.
       
       Inzwischen bin ich selbst alt, allerdings immer noch nicht klein oder
       britisch. Trotzdem entere ich inzwischen jede Tanzfläche, getreu meinem
       Motto „Wer Spaß haben will, muss sich blamieren können“ – das hatten mir
       damals die Britinnen verraten. Und also ging es wieder nach Mallorca; ab
       und zu muss man mal seine Boykottlisten überarbeiten.
       
       Die Saufbomber starten aus meiner Provinz nur mitten in der Nacht, während
       ich grundsätzlich drei Stunden zu früh am Flughafen bin, seit es mal
       Probleme mit einem Pass gab. Ja, schon gut, ich hatte ihn vergessen. Wenn
       ich um zwei Uhr 30 stundenlang zwischen lauter Zombies vor einem Gate
       warten soll, mit Gepäck, Pass und Flugangst, brauche ich eine Woche, um
       mich davon zu erholen. Da geht dann aber schon der Rückflug. Finde den
       Fehler.
       
       Aber immerhin würde es warm sein, versicherte man sich in unserer kleinen
       Reisegesellschaft gegenseitig. Lieblingssätze der Malle-Touristen: „Es ist
       warm.“ – „Na gut, es wird warm.“ – „Also morgen wird es bestimmt warm.“ –
       „Die Insel ist in Wirklichkeit ganz anders.“
       
       Ja, das war sie dann auch, bei Peter Maffays Eselfarm, vor der Villa von
       Raffi Nadal und an den mit toten kleinen Quallen übersäten
       Geheimtipp-Badestränden. Die Straßen waren viel enger, als ich sie in
       Erinnerung hatte. Suizidale Fahrradfahrer rasten Berge hinauf und hinunter.
       Dass wir mit dem Mietwagen nicht zwischen schönen Mauern steckenblieben,
       verdankt sich allein dem Umstand, dass der Liebste sich weigerte, noch
       einen Meter weiter in die romantische Altstadt zu fahren.
       
       „Das schaffen wir locker zu Fuß!“, ächzten wir anderen. „Zu Fuß sieht man
       auch viel mehr!“ Zum Beispiel die kleine Plaza im Abendlicht mit der noch
       kleineren Kneipe, in der wir alle ab dem ersten Schluck verzaubert waren
       und die Tapas so köstlich wie – nein, ich verrate nicht, wo das ist. Zurück
       tanzte ich durch die Gassen, oder vielleicht sitze ich auch immer noch an
       der Plaza. Beim Schützenfestboykott bleibt es aber trotzdem.
       
       11 Jun 2025
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Fischer
       
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