# taz.de -- Wahlecho aus Ost und West: Wie gespalten ist Deutschland wirklich?
       
       > Cornelius Pollmer, Chef der Zeit im Osten in Leipzig, und Ulrike
       > Winkelmann, taz-Chefredakteurin, nehmen die Ergebnisse der Bundestagswahl
       > unter die Lupe.
       
       In der fünften Folge „Mauerecho“ analysiert Host Dennis Chiponda gemeinsam
       mit Cornelius Pollmer, Chef des Leipziger Büros bei Die Zeit im Osten, und
       Ulrike Winkelmann, Co-Chefredakteurin der taz, die Ergebnisse der
       Bundestagswahl – mit besonderem Fokus auf die politische Lage in Ost- und
       Westdeutschland. Doch was bedeutet das Wahlergebnis für Deutschland? Und
       welche Lehren lassen sich daraus ziehen?
       
       Ein zentraler Punkt des Gesprächs ist die mediale Darstellung der Wahl: Die
       AfD erzielte im Osten 32 Prozent, im Westen 18 Prozent – aber ist
       Deutschland dadurch wirklich so gespalten? Oder verstärken Medien diese
       Wahrnehmung durch eine selektive Berichterstattung? Denn auch im gesamten
       Südwesten der Republik erzielt die AfD Erfolge um die 20 Prozent. Das
       zeigt, dass es sich hierbei um ein strukturelles Problem handelt und die
       Wahlerfolge der AfD nicht lediglich ein Ausrutscher sind.
       
       „Eine schwarz-grüne Regierung mit einer grünen Wirtschaftsministerin hat
       nicht die geringste Lust, eine Stadt noch zu fördern, die traditionsgemäß
       entweder sozialdemokratisch oder in jüngerer Zeit AfD-dominiert war und
       ist. Also gilt hier das Prinzip, dass, wenn regierende Parteien
       beschließen, Regionen oder Städten, die andersfarbig regiert oder dominiert
       werden, nicht helfen zu wollen, dann werden auch keine Strukturförderungen,
       keine Investitionsmittel – all das nicht hingeschoben, was es aber
       bräuchte, um genau dieses Wahlverhalten zu ändern“, so Winkelmann.
       
       Pollmer behauptet: „Wir haben einen riesigen Investitionsbedarf bei
       Problemen, die nicht einzelne Regionen in Deutschland betreffen, sondern
       entweder das ganze Land oder sehr viele Regionen.“
       
       ## Ostdeutschland taucht im AfD-Programm nicht auf
       
       Ebenso stellen sie sich die Frage, warum die AfD im Osten so stark
       abgeschnitten hat, obwohl sie Ostdeutschland in ihrem Wahlprogramm gar
       nicht erwähnte.
       
       „Die AfD hat es längst geschafft, auch sonstige politische Nerven der Leute
       zu kitzeln. Für beide Teile der Republik hat ein Mechanismus der
       Normalisierung gegriffen. Es ist gelungen – dabei haben natürlich auch
       seriöse Medien ihren Anteil –, die öffentliche Diskussion so zu bestreiten,
       dass die Leute denken, es sei akzeptabel, AfD zu wählen“, sagt Winkelmann.
       
       Auch die Rolle des Ostbeauftragten der Bundesregierung gerät in den Blick:
       Carsten Schneider landete in seinem Wahlkreis mit nur 7,9 Prozent der
       Stimmen auf Platz vier. Was sagt das über die politische Bedeutung dieser
       Position aus?
       
       Der gebürtige Dresdner Pollmer äußert sich trocken: „Es wird ihn schon
       deswegen weitergeben, weil man an noch wichtigeren Stellen am Ende sonst
       feststellt, dass man wieder keine Ossis dabei hat. Da ist der
       Ossi-Beauftragte, der ein Ossi ist, immer ein gutes Mittel, ohne dass es zu
       viel Geld kostet.“
       
       Doch es geht nicht nur um Analyse, sondern auch um Lösungsansätze. Welche
       Chancen hätte eine Große Koalition unter Friedrich Merz, um
       gesellschaftliche Gräben zu überbrücken? Welche neuen Ideen brauchen Union
       und SPD, um verlorene Wähler zurückzugewinnen?
       
       „Man muss irgendwie das Gefühl haben, dass wir jetzt nicht so eine GroKo
       haben, wie wir sie noch in Erinnerung haben – so eine ‚Aussitzeritis‘-GroKo
       –, sondern dass wir jetzt eine GroKo haben, die Dinge spürbar verändert,
       idealerweise verbessert in diesem Land“, wünscht sich Pollmer. „Die nächste
       Regierung wird in meinen Wünschen begriffen haben, dass sie die Klimakrise
       ernst nehmen muss“, so Winkelmann.
       
       „Mauerecho – Ost trifft West“ ist ein Podcast der [1][taz Panter Stiftung]
       und erscheint jede Woche sonntags auf [2][taz.de/mauerecho] und überall
       [3][dort, wo es Podcasts gibt]. Besonderer Dank gilt Ann Toma-Toader von
       der Redaktion und unserem Tonmeister Daniel Fromm.
       
       2 Mar 2025
       
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