# taz.de -- Übergriffiger Fußballfunktionär Rubiales: Irritationen nach Urteil
       
       > Die Reaktionen auf die milde Geldstrafe für Luis Rubiales fallen gemischt
       > aus. Er wurde wegen sexueller Aggression gegenüber Jenni Hermoso
       > verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Große Aufregung in Madrid um Luis Rubiales
       
       Am Wochenende hat sich erstmals die Betroffene zu einem viel diskutierten
       Gerichtsurteil geäußert. „Unter dem Strich wird ein wichtiger Präzedenzfall
       geschaffen in einem gesellschaftlichen Bereich, in dem noch viel zu tun
       ist“, kommentierte Fußballweltmeisterin Jenni Hermoso die Geldstrafe für
       ihren [1][Ex-Verbandschef Luis Rubiales] wegen seines Kusses auf ihren Mund
       bei der Siegerehrung 2023 in Sydney. „Im Herzen trage ich die Menschen, die
       mich auf diesem Kampf begleiteten, begleiten und begleiten werden“, so
       Hermoso weiter: „Und ja, jetzt ist es vorbei.“
       
       „Es ist vorbei“ – „Se acabó“: Hermoso nahm damit noch einmal Bezug auf das
       Motto, das aus ihrem Fall im August 2023 eine globale Bewegung gemacht
       hatte. Hermosos Mitspielerin Alexia Putellas, die zweifachen
       Weltfußballerin, hatte es fünf Tage nach dem Kuss geprägt, als Rubiales auf
       einer Verbandstagung der Spielerin die Initiative zu dem Vorfall und einem
       „falschen Feminismus“ die Verantwortung an dem Aufruhr zuzuschieben
       versuchte.
       
       Es waren die Tage der Drohungen und Stigmatisierungen, die Hermoso noch
       mehr leiden ließen als der Kuss an sich. Anstatt sich aufrichtig zu
       entschuldigen, stilisierte Rubiales sein Fehlverhalten zu einem Gefecht des
       Geschlechterkampfs und fuhr mit einem gefügigen Verband im Rücken das
       klassische Arsenal des Chauvinismus auf: War doch nur ein Küsschen, sie
       wollte es doch auch – so lautete selbst im Prozess noch seine
       Verteidigungsstrategie.
       
       Dass der Richter ihr nicht folgte und Hermoso „volle Glaubwürdigkeit“
       zugestand, ist der Teil des Urteils, der die Spielerin ermutigt. So
       läppisch die verhängte Geldstrafe von 10.800 Euro und der Schadenersatz
       von 3.000 Euro für diese traumatisierende übergriffige Verhalten
       daherkommen mögen – am häufigsten fiel auch in den Reaktionen von Politik
       und Medien der Satz, dass das vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen
       wäre. Die Frau bekam recht, ihr wurde geglaubt, und auch für einen Kuss
       braucht es Zustimmung – darin soll die Signalwirkung für das Alltagsleben
       bestehen, wo vergleichbare Fälle ungleich anonymer ablaufen.
       
       ## Freispruch vom Vorwurf der Nötigung
       
       Rubiales ist nun mit einem Sexualdelikt vorbestraft. Seine Karriere hat er
       sich sowieso zerstört, am Freitag wies der Internationale Sportgerichtshof
       seine Berufung gegen eine dreijährige Ämtersperre ab, mit der ihn die Fifa
       nach jener Verbandsrede im August 2023 aus dem Verkehr zog. Wie jeder hat
       er Anspruch auf Resozialisierung, aber zumindest für öffentliche
       Funktionen dürfte er unvermittelbar bleiben.
       
       Dennoch bleiben nach dem Urteil auch Irritationen zurück. Sie betreffen zum
       einen das geringe Strafmaß. Dieses erklärt sich nicht zuletzt daraus, dass
       der Richter keinen Missbrauch einer Vorgesetztenposition erkannte – schwer
       verständlich allein schon deshalb, weil Sportler in Spanien per Gesetz
       einem Aufruf zur Nationalauswahl folgen müssen und ansonsten mit
       Berufsverbot bedacht werden können.
       
       Für Debatten sorgt außerdem der Freispruch von Rubiales und den drei
       [2][Mitangeklagten Jorge Vilda,] damals Frauennationaltrainer, Albert
       Luque, Männersportdirektor, und Rubén Rivera, Maketingchef, vom Vorwurf
       der Nötigung. Im Prozess wurde anhand der Zeugenaussagen ein klares Bild
       davon gezeichnet, wie konzertiert Hermoso in den Tagen nach dem Kuss zu
       entlastenden Statements bewegt werden sollte. Dabei wurden ihr für den Fall
       der Kooperation künftige Jobs versprochen und im Falle des Gegenteils
       dunkle Andeutungen über Konsequenzen gemacht. Tatsächlich wurde Hermoso,
       Spaniens Rekordtorschützin und eine der besten [3][Spielerinnen der WM
       2023,] nicht in den ersten Kader nach jener Endrunde berufen. Nach einer
       zwischenzeitlichen Rückkehr ist sie auch bei den aktuellen Länderspielen
       außen vor.
       
       Irene Paredes, Spaniens Kapitänin, nannte den Freispruch vom
       Nötigungsverwurf „auffällig und seltsam“. Vor allem hier könnten mögliche
       Berufungen von Staatsanwaltschaft und Nebenklägerin Hermoso ansetzen. Auch
       das Lager von Rubiales hat durchsickern lassen, er werde das Urteil
       anfechten.
       
       23 Feb 2025
       
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