# taz.de -- Aufstieg in die erste Fußball-Bundesliga: Der HSV hat bessere Chancen denn je
       
       > Mit dem jungen Trainerteam um Merlin Polzin erscheint ein Aufstieg
       > realistisch. Zudem hat sich die wirtschaftliche Situation des Vereins
       > verbessert.
       
 (IMG) Bild: Läuft beim HSV: Fabio Balde und Davie Selke bejubeln das 3:0 gegen Kaiserslautern während Co-Trainer Loïc Favé Anweisungen gibt
       
       Merlin Polzin heißt der Mann, der dem HSV den Frühjahrs-Blues austreiben
       soll. Es sind noch ein paar Wochen, ehe der Winter sich verabschiedet –
       doch nach dem 3:0-Heimsieg gegen den 1. FC Kaiserslautern am Freitag fühlt
       sich der HSV bereit, der üblichen Krise zu trotzen. Neun Spiele nicht
       verloren, dazu ein starker Vortrag gegen den Rivalen um den Aufstieg aus
       der Pfalz: Polzin, 34 Jahre alt, hat einen ganzen Verein hinter sich
       gebracht. Wie das?
       
       Durchsetzungskraft hat Polzin in neun Spielen als Chef schon nachgewiesen.
       Er hat namhafte Spieler herausgenommen, Kritik sachlich-fachlich platziert
       und ist in seiner Art zu führen von seinen Vorgängern abgerückt – die Rede
       vom „Team“ wirkt bei ihm nicht vorgeschoben, denn die Assistenten Loïc Favé
       (32) und Richard Krohn (29) sind gleichgewichtete Partner.
       
       Polzin schwärmt von der Verbindung zu seiner relativ jungen Mannschaft:
       „Wir können nur etwas verändern und erreichen, wenn wir eine gute und
       belastbare Beziehung zueinander haben“, sagt der Trainer. „Das entsteht
       über Austausch, dass wir wissen, welche Menschen hinter den Spielern
       stecken. Deswegen haben wir aber keine Wohlfühloase. Wir wollen Menschen
       dazu bringen, Höchstleistungen zu erbringen.“
       
       Auf der Vorstandsebene schätzt man vor allem diese Entwicklung, denn der
       finanzielle Rahmen ist besser denn je. Dafür steht Finanzvorstand Eric
       Huwer. Zum guten Trend gehört, die noch verbleibenden 58 Millionen Euro
       Verbindlichkeiten abzubezahlen.
       
       Schon zwei Jahre vor der Zeit ist das Stadion abbezahlt. Es gehört nun dem
       HSV, woraus auch Verantwortung wächst, ist die Arena doch emotionales
       Zuhause des ganzen Vereins. Durch sinkende Kapitallast erhöhen sich die
       Mittel, die in den Kader fließen können – wiewohl Huwer auch sagt, dass ab
       sofort jedes Jahr ins mittlerweile 25 Jahre alte Stadion investiert werden
       muss. So steht eine Modernisierung des Caterings an, um die Speisenauswahl
       zu verbessern und vergrößern. Mehr und modernere Toiletten müssen her.
       
       Huwer hat einen Plan für die nächsten drei bis fünf Jahre. Natürlich sieht
       er den schnellstmöglichen Aufstieg vor. Huwer sagt: „In der ersten Liga
       kommen wir in andere Wachstumsgefilde. Gerade bei den Hauptpartnern, den
       Sponsoren, hätten wir erhebliche Steigerungen der Engagements, weil wir
       ganz andere Reichweiten erzielen.“
       
       Mit 50 Millionen Euro Lizenzspieler-Etat würde der HSV in der ersten Liga
       planen, vorerst, um sich im Mittelfeld zu halten. 70 bis 80 Millionen
       hielte Huwer bei einem Umsatzwachstum auf 160 bis 170 Millionen für
       realistisch – und den Blick nach oben. „Der Weg der wirtschaftlichen
       Seriosität wird von positivem Feedback begleitet. Das freut uns“, sagt
       Huwer. „Derzeit begeistern wir aber vor allem über die Marke HSV. Wir
       wollen auch wieder über Leistung auf dem Rasen, mit Vorbildern und Erfolgen
       begeistern.“
       
       Die Qualität im Training sei erheblich gestiegen, berichten Beobachter, was
       auch daran liegt, dass Polzin anders als seine Vorgänger in Hamburg lebt
       und arbeitet. Hier will jemand [1][eine große Chance nutzen], ist Polzin
       doch HSV-Fan seit seiner Jugend, trainierte den Nachwuchs, verließ den
       Stadtteil Bramfeld nur für sein Lehramtsstudium in Osnabrück, kam 2020 mit
       dem damals als Cheftrainer verpflichteten Daniel Thioune zurück und war
       dann „Ko“ beim HSV unter [2][Horst Hrubesch], Tim Walter, Steffen Baumgart.
       
       Als es im November 2024 darum ging, wer es im siebten Zweitligajahr als
       Nächster probieren sollte, sprachen sich viele Spieler für Polzin aus. Vor
       allem ein Sieg in Karlsruhe und das 5:0 gegen Fürth schufen Argumente. Doch
       der Weg zum nächsten Chef war kein schnurgerader, sondern typisch HSV:
       Bruno Labbadia wähnte sich schon zum dritten Mal auf der Bank, Lukas
       Kwasniok und Danny Röhl wurden kontaktiert. Auf Schlingerkurs näherte man
       sich dann Polzin an.
       
       Nun sind alle zufrieden mit ihrer Entscheidung, denn die Ausbeute mit sechs
       Siegen und vier Unentschieden ist ansehnlich und führte bei Beibehaltung in
       Richtung Aufstieg. Und doch erinnerten zuletzt die Auftritte bei den
       „kleinen“ Teams in Ulm, Münster und Regensburg in ihrer Lethargie und
       Fehlerhaftigkeit an die [3][bleiernen Monate unter Vorgänger Steffen
       Baumgart] – ohne jedoch verloren zu gehen, Torjäger Davie Selke sei Dank.
       Ein Fingerzeig, dass der HSV den Frühling diesmal unbeschadet überstehen
       könnte?
       
       Bis zur Länderspielpause Mitte März geht es gegen die Teams, die aktuell
       hinter dem HSV stehen. Eine Chance, sich abzusetzen, spielen die Hamburger
       gegen die „Guten“ doch meist besser. So wie gegen Kaiserslautern. Ob das
       auch am Sonntag in Paderborn gelingt, ist ungewiss. Denn dass auf starke
       Auftritte rätselhafte folgen, war [4][in den letzten Jahren ein Hamburger
       Naturgesetz.]
       
       24 Feb 2025
       
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